Nach Informationen des Abendblatts hat Röder im Gegensatz zu seiner Aussage wegen eines Termins auf Räumung seiner Straße gedrängt.
Hamburg. Die Glatteis-Affäre wird für den angezählten Bürgerschaftspräsidenten rutschiger, auch nachdem die CDU-Fraktion sich solidarisch mit ihm erklärt hat. Nach Abendblatt-Informationen hat Berndt Röder noch mehr brisante Details über seinen Einsatz für eine Eisräumung seiner Wohnstraße verschwiegen. Röder erzählte von vier festgefahrenen Autos - war womöglich sein eigenes dabei? In einem Telefonat mit dem Bezirksamt Nord sei demnach auch der Satz gefallen: "Ich habe nachmittags einen Termin, ich will hier weg!" Die Beteuerung des CDU-Politikers, er habe "keinen persönlichen Vorteil" durch eine eisfreie Straße vor seiner Haustür erreichen wollen, scheint dadurch endgültig als Unwahrheit entlarvt. Zumindest dementierte Röder diese Äußerung auf Anfrage nicht: "Der Präsident erklärt, dass er seine Fehler eingeräumt und sich dafür entschuldigt hat. Weiter möchte er sich nicht äußern", teilte die Bürgerschaftskanzlei lapidar mit. Zuvor hatte Röder noch erklärt, vom Glatteis nicht direkt betroffen zu sein, weil ein Dienstwagen ihn von zu Hause abhole. Wie sich der Fall nun darstellt, setzte Röder seine eigene Mobilität jedoch als Druckmittel ein - mit einem Hinweis auf seinen Terminkalender. Bisher stritt Röder vehement ab, sich mehr für die Räumung seiner eigenen Straße eingesetzt zu haben als grundsätzlich für "eisfreie Straßen in ganz Hamburg".
Wie nun bekannt wurde, rief Röder mindestens dreimal im Bezirksamt Nord an, um Druck auszuüben. Polternd und ungeduldig sei er im Ton gewesen, hieß es. Röder selbst sprach von nur einem Anruf an diesem Freitag: Ihm sei der "Kragen geplatzt", als er am Nachmittag nach Hause kam und ein Krankenwagen vor seinem Haus ins "Schlingern geriet". Auch das entspricht offenbar nur teilweise der Wahrheit: Am besagten Tag habe Röder zuvor mehrfach im Bezirksamt angerufen, das für seine Straße zuständig ist, hieß es. Zudem sei von einem Krankenwagen zumindest in den Telefonaten keine Rede gewesen.
Röder sagte noch, der Sondereinsatz des Winterdienstes in seiner Nebenstraße habe ihn "selbst etwas überrascht". Die Folgen seiner Anrufe habe er vollkommen unterschätzt. "Ich hätte meine eigene Straße nicht auch nur erwähnen dürfen", sagte er.
Auch argumentierte Röder mit der schlechten Erreichbarkeit eines Kulturzentrums in seiner Nachbarschaft, das von älteren Menschen besucht wird. Wie der FDP-Bezirksabgeordnete Robert Bläsing erfragte, hält jedoch ein privater Räumdienst die öffentlichen Wege eisfrei.
Unterdessen wurden weitere Details des Falls bekannt: Dreimal rückte die Stadtreinigung nach Röders Intervention innerhalb von zwölf Stunden in der Frustbergstraße an, wie aus einer Anfrage der SPD hervorgeht. Am Freitagabend um 19.20 Uhr, in derselben Nacht noch einmal um 1.30 Uhr - und schließlich morgens von 5.30 bis 6.30 Uhr: Dann brachte ein Klein-Lkw vier Mitarbeiter, die von Hand die Eisplatten weghackten.
Bekannt ist längst, dass Röder nicht nur im Bezirksamt auf das Eis in seiner Straße aufmerksam machte, sondern auch in der Innen- und der Umweltbehörde. Dort sitzt Staatsrat Christian Maaß (GAL), der auch Aufsichtsratschef der Stadtreinigung ist. Weil Röders Straße in Groß Borstel auffällig gründlich geräumt wurde, stellt sich die Frage, ob der Staatsrat selbst den Einsatz angewiesen hat, was Maaß jedoch verneint. "In einem kurzen Telefonat habe ich darum gebeten, dass die Stadtreinigung mit ihrer Sachkenntnis entscheidet, ob in der Straße eine Gefährdung vorliegt, die einen Einsatz erforderlich macht", sagte Maaß.
CDU-Fraktionschef Frank Schira hatte das Verhalten des Bürgerschaftspräsidenten als "groben Fehler" bezeichnet. Weil Röder jedoch in "Demut" vor die Fraktion getreten sei, erkläre man sich solidarisch, er stehe aber unter "genauer Beobachtung". Zu diesem Zeitpunkt waren Röders Äußerungen zu seinem Terminkalender noch nicht bekannt - zumindest nicht offiziell. Seitdem wird von einem "Präsidenten auf Bewährung" gesprochen: Streng genommen ist Berndt Röder das aber schon, seit er im Jahr 2004 den Notruf in einem Ausschussbüro betätigte, um zu testen, wie schnell die Polizei vor Ort sein werde. Damals zahlte er ein Bußgeld und sprach von "einem Fehler".