130 Künstler verhandeln weiter über ein Ausweichquartier. Der Möbelkonzern will auf eine Räumung aber verzichten.
Hamburg. Freie Bahn für Ikea in Altona: Der Hamburger Senat hat gestern das Genehmigungsverfahren für die Innenstadtfiliale des schwedischen Möbelhauses an sich gezogen (evoziert). Grundlage dafür war ein Bürgerentscheid in der vergangenen Woche, bei dem drei Viertel der Wähler für den Bau des Möbelhauses gestimmt hatten. "Es ist gut, dass sich die Altonaer bei einer beeindruckenden Wahlbeteiligung mit einer so deutlichen Mehrheit entschieden haben. Mit der heutigen Senatsentscheidung kann dieser deutliche Wille der Altonaer nun auch tatsächlich umgesetzt werden", sagte Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (GAL). Sie kündigte an, dass noch am Dienstag eine spezielle Arbeitsgruppe in ihrer Behörde die Arbeit aufgenommen habe, um die Baugenehmigung voranzubringen.
Den Ikea-Gegnern ist damit der Wind aus den Segeln genommen worden. Sie können zwar noch immer einen Bürgerentscheid durchsetzen, dieser wäre aber unabhängig des Ergebnisses wirkungslos, weil nicht mehr der Bezirk, sondern der Senat das Sagen hat.
Jens Kerstan, Vorsitzender der GAL-Bürgerschaftsfraktion, begrüßte den Schritt des Senats. "Die Menschen in Altona haben sich eindeutig festgelegt: Sie wollen Ikea an der Großen Bergstraße. Ein weiteres Bürgerbegehren ist überflüssig und würde das Projekt gefährden." Kerstan nannte die Senatsentscheidung folgerichtig. Sie verhindere "weitere verfahrenstechnische Tricksereien."
Die Fraktion Die Linke in der Bürgerschaft sieht hingegen "einmal mehr" eine Einmischung des Senats "in die demokratischen Meinungsbildungsprozesse auf Bezirksebene".Der schwedische Möbelkonzern Ikea rechnet unterdessen nach der Senatsentscheidung mit einem positiven Bauvorbescheid in den nächsten Wochen. Im Mai oder Juni könne dann das alte Frappant-Gebäude für den Neubau abgerissen werden, im Herbst 2012 könnte schon Eröffnung sein, so die Sprecherin von Ikea Deutschland, Simone Settergren.
Noch allerdings haben rund 130 Künstler Galerien in dem Ex-Karstadt-Haus. Mit ihnen verhandelt die Kulturbehörde über eine Ausweichlösung. Für zwölf Monate sollen sie zunächst in die Viktoria-Kaserne in Altona umziehen. "Noch können wir den Vertrag aber nicht unterschreiben, weil viele Dinge unklar sind", sagt Künstlersprecherin Gianna Schade. So gebe es auch Ausweichvorschläge nahe dem Hafen. Gianna Schade: "Der Vorteil vom Frappant ist aber der direkte Kontakt zu den Anwohnern - woanders in Randlagen können wir dann nur wieder unsere eigene Suppe kochen."
Vor einer Räumung durch Ikea müssen sich die derzeitigen Frappant-Künstler aber wohl nicht fürchten. "Wir wollen keine Räumung und sind mit den Künstlern im Gespräch", sagte Ikea-Sprecherin Settergren.
Die Bezirkspolitik bereitet unterdessen einen interfraktionellen Antrag von CDU, GAL und SPD vor, um die Ikea-Ansiedelung zu begleiten. So erhofft sich die Bezirkspolitik durch den Möbelkonzern zwar eine Belebung der Großen Bergstraße. Das dürfe aber nicht zu einer allgemeinen Mietsteigerung und Verdrängung führen. Der Bezirk solle daher eine soziale Erhaltungsverordnung für das Areal anstreben, um Luxussanierungen und Umwandelung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen zu kontrollieren.