Wilstorf. Eigentlich soll gesperrte Jägerstraße weiträumig umfahren werden. Das bleibt wohl Wunschdenken der Planer. Wo das Chaos am größten ist.
Seit etwas über zwei Wochen ist die Jägerstraße von der Winsener Straße bis zur Roseggerstraße gesperrt. 8000 Autos pro Tag müssen sich neue Wege suchen, und das bis zum kommenden Jahr. Die Theorie der Planer: Sie fahren weite Umwege.
Die Praxis der Autofahrer sieht anders aus: Sie nehmen mehrheitlich die direkten Parallelstraßen der Jägerstraße. Dort wird es bisweilen sehr eng. Kein Wunder, denn viel Platz für fließenden Verkehr boten Reeseberg und Rönneburger Straße zuvor auch schon nicht. Die Anwohner sind genervt.
Vollsperrung Jägerstraße: Wie ein ganzes Viertel unter dem Verkehrschaos leidet
Die Sperrung bis zur Roseggerstraße dauert voraussichtlich bis Ende September. Danach wandert die Baustelle in zwei weiteren Schritten bergauf bis kurz hinter der Kreuzung Mensingstraße. Dahinter ist die Jägerstraße bereits verkehrsberuhigt. Mit der aktuellen Sperrung soll die bislang provisorische Verkehrsberuhigung in der verbleibenden Hälfte permanent gebaut werden.
Im zweiten Bauabschnitt erfolgt die Sperrung von der Roseggerstraße bis zur Mensingstraße inklusive ihres Kreuzungsbereichs. Bauzeit: voraussichtlich von Oktober bis Dezember. Im dritten Bauabschnitt, voraussichtlich von Januar bis Frühjahr 2025, folgt die Sperrung von der Mensingstraße bis Jägerstraße 78.
Die Ausweichverkehre bleiben den Anwohnern erhalten
Auch auf diesen beiden Abschnitten wird die Jägerstraße für die jeweilige Zeit voll gesperrt. Die Ausweichverkehre bleiben den Anwohnern also erhalten. „Tagsüber geht es manchmal noch“, sagt Jörn Lohmann. Der Bezirksabgeordnete (Die Linke) wohnt etwas abseits des Reeseberg. „Aber morgens und am frühen Abend herrscht hier das Chaos!“
Der Reeseberg ist bereits verkehrsberuhigt. Zahlreiche künstliche Einengungen beschränken die Fahrbahn auf eine Spur, und wer das Hindernis auf seiner Seite hat, hat zu warten. Manchmal lange, gerade jetzt, wo deutlich mehr Autofahrer den Reeseberg nutzen. Da die Straße aber in beide Richtungen mehr genutzt wird, bildet sich hinter dem ersten wartenden Wagen schnell eine Schlange, die bald auch bis zur nächsten Engstelle zurückreicht.
Ab und zu versucht auch ein leerer HVV-Bus, sich am Reeseberg durchzuschlängeln
Die nächste Engstelle ist nämlich oft nicht weit, was daran liegt, dass nicht nur die eingebauten Schikanen die Fahrbahn einengen, sondern auch parkende Autos, in der „eineinhalbten Reihe“ etwa vor einem Straßenbaum. „Das Kreativparken am Reeseberg hat definitiv zugenommen, seit hier im Quartier Parkplätze abgebaut werden“, sagt Lohmann. „Das war zwar schon vor der Sperrung der Jägerstraße so, aber jetzt verschärft es das Problem.“
Ab und zu, so Lohmann, versucht auch ein HVV-Bus, sich am Reeseberg durchzuschlängeln. Der hat hier zwar keinen Linienweg, aber der Fahrer hofft anscheinend, dass der Weg von der Endstation in Rönneburg oder Meckelfeld zum Betriebshof hier immer noch kürzer ist als über die Rönneburger Straße oder den Meckelfelder Weg.
Die Profis auf dem Fahrersitz der Hochbahn-Busse haben die Ruhe weg
Der offizielle Linienweg der Buslinien 141 und 241, die die Jägerstraße sonst befahren, ist auf die Rönneburger Straße verlegt worden, inklusive zweier Ersatzhaltestellen an der Winsener Straße und an der Mensingstraße. Hier gibt es noch keine Verkehrsberuhigung, wie am Reeseberg.
Die kommt erst in einigen Jahren, wenn die Buslinie 143 hierhin verlegt werden soll. Mit einem hohen Anwohnerparkdruck, drei Supermärkten, einer Schulzufahrt und zahlreichen Rechts-Vor-Links-Vorfahrten in kurzer Abfolge ist die sonst meist ruhige Straße bei hohem Verkehrsaufkommen eher anspruchsvoll und offensichtlich nicht für jeden Automobilisten gleichermaßen geeignet.
Die Profis auf dem Fahrersitz der Hochbahn-Busse haben die Ruhe weg. „Unsere Busse kommen im Normalfall auf dem Umleitungsweg gut durch“, sagt Saskia Huhsfeld von der Pressestelle der Hamburger Hochbahn AG.
Besonders schlimm ist es morgens, wenn die Elterntaxis hinzukommen
So mancher PKW-Fahrer verliert hier aber schon mal die Nerven, überholt den Bus an der Ersatzhaltestelle, zwingt den Gegenverkehr zum Bremsen, sieht das andere Auto, das vor dem Bus aus der Stichstraße von rechts kommt, erst im letzten Moment – und das Chaos aus drei Limousinen und einem Bus muss sich erst einmal minutenlang unter Pöbeln und Hupen sortieren.
„Solche Situationen gibt es hier mehr als einmal pro Stunde“, sagt eine Anwohnerin. „Besonders schlimm ist es morgens, wenn auch noch die Elterntaxis hier mitten auf der Straße halten.“
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Zwar ist das anliegende Alexander-von-Humboldt-Gymnasium derzeit wegen einer Baustelle auf dem Schulgelände über die Rönneburger Straße gar nicht zugänglich, „aber viele Eltern ignorieren das und lassen ihre Kinder Schleichwege suchen“, sagt die Anwohnerin. „Weil man vor der Schule nicht mehr wie gewohnt wenden kann, versuchen sie Wendemanöver auf der Straße.“
Ihr eigenes Auto lässt die Anwohnerin jetzt übrigens öfter stehen. „Diesen Stress in meiner Straße muss ich mir nicht antun, wenn es nicht gerade nötig ist“, sagt sie. „Und wer weiß, ob ich wieder einen Parkplatz finden würde, wenn ich zurückkomme. Da ist es ganz praktisch, jetzt die Bushaltestelle vor der Tür zu haben.“
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