Wilstorf. Parkdruck, enge Fahrbahnen und Wege, kein Bus: Koalition fordert Abhilfe. Es gibt viele Ideen, wie Situation bessern werden könnte

Dass es rund um den Reeseberg für alle Verkehrsteilnehmer eng ist, ist ein altbekanntes Problem. Auch in der Analyse, die dem RISE-Stadtteilentwicklungsprogramm für das zentrale und östliche Wilstorf zugrunde liegt, wird das Problem erwähnt. Das Abpollern der Gehwegparkplätze in der Zimmermannstraße (das Abendblatt berichtete) hat auch nichts zu seiner Lösung beigetragen, sondern die parkenden Autos lediglich in andere Straßen verdrängt, in denen es dadurch – noch enger wird.

Die rot-grüne Koalition in der Harburger Bezirksversammlung fordert nun ein umfassendes Verkehrskonzept für das Quartier. Langfristig sollen verbesserte Alternativen die Anwohner dazu bringen, sich nicht immer wieder neue Autos anzuschaffen, sondern auf andere Verkehrsträger umzusteigen. Kurzfristig soll aber noch auf die Autofahrer Rücksicht genommen werden.

Parkplätze in der Zimmermannstraße sollen wieder hergestellt werden

Der Vorschlag ist ein typischer Koalitionskompromiss. Bei den Beratungen dazu soll es heftig im rot-grünen Gebälk geknirscht haben. Die Antagonisten: Wilstorfer SPD-Politiker und verkehrspolitische Hardliner der Grünen aus Neugraben-Fischbek. Ursprünglich hatte es bereits zur vergangenen Sitzung der Bezirksversammlung einen Antrag der SPD geben sollen, in dem gefordert wird, die Parkplätze in der Zimmermannstraße wieder herzustellen. Dieser Antrag scheiterte am Veto der Koalitionspartner von den Grünen. Stattdessen stellte die Linkspartei einen solchen Antrag, den die Bezirksversammlung zwar nicht annahm, aber immerhin in den Fachausschuss für Mobilität und Inneres überwies. Die Koalition erarbeitete dann zur kommenden Sitzung ihren eigenen Antrag.

„Mobilitätswende in Wilstorf voranbringen“ lautet der Titel des Antrages. „Schon seit vielen Jahren zählen der Reeseberg und seine angrenzenden Straßen zu den Harburger Quartieren mit besonders hohem Parkdruck, weil für die vielen Anwohnenden nicht so viele Stellplätze in den Wohnanlagen verfügbar sind, wie Pkw abgestellt werden sollen“, steht in der einleitenden Begründung. Die Folge sind das Parken in zweiter Reihe, zugeparkte Gehwege, fehlende Haltemöglichkeiten für Lieferverkehr, Handwerkerfahrzeuge und Pflegedienste, sowie unübersichtliche und unkomfortable Bedingungen für den Fuß- und Radverkehr im Quartier.“

ÖPNV-Ausbau soll für Reduzierung der Fahrzeuge langfristig sorgen

Langfristig soll ein Verkehrskonzept darauf setzen, dass private Fahrzeuge reduziert werden, vor allem durch den Ausbau des ÖPNV und das Angebot alternativer Verkehrsmittel, wie flächendeckendes Carsharing und Ride-Sharing. „Leider fährt gegenwärtig die S-Bahn nicht verlässlich und die Zustände in den Bahnhöfen sind noch nicht attraktiv; auch die Umleitungsmaßnahmen während des ZOB-Umbaus sind eine Belastung“, heißt es weiter im Begründungstext. „Die Entwicklung eines Parkraumkonzeptes für die Straße Reeseberg und das gesamte Gebiet Wilstorf-Reeseberg ist deshalb erforderlich, möglichst unter Beteiligung der Anwohnenden.“

An der Zimmermannstraße verhindern neue Poller das Parken – zum Leidwesen der Anwohner.
An der Zimmermannstraße verhindern neue Poller das Parken – zum Leidwesen der Anwohner. © NIELS KRELLER - DER HARBURG-FOTO

Auch die Lösungsvorschläge für die Situation in der Zimmermannstraße, die bei einem Anwohnerprotest im Februar diskutiert wurden, sollen in das Konzept mit einfließen.

Genau da hatte der Koalitionsstreit aber eingesetzt: Die Vorschläge zielten alle darauf ab, wie man die Parkplätze wieder herstellen könnte. Einige Grüne wollten da nicht mitmachen: Einmal vernichtete Parkplätze sollten ihrem Selbstverständnis nach auf keinen Fall wiederbelebt werden.

Kleinbuslinie könnte das Quartier bedienen

Im Einzelnen fordern SPD und Grüne eine Quartier-Kleinbuslinie, die, von der Winsener Straße aus, das Reeseberg-Quartier kleinräumig bedient, sowie stationäre Car-Sharing-Angebote und die Aufnahme des Quartiers in das Bediengebiet so genannter „Floating“-Anbieter. Außerdem sollen gesicherte Fahrradabstellplätze geschaffen werden. Das ist ein lang verfolgtes Projekt der Grünen: In engen Quartieren sollen Fahrradhäuschen auf Straßenparkplätzen errichtet werden. Dazu sollen weitere StadtRad-Stationen ins Quartier kommen. Handwerksbetriebe und Pflegedienste sollen einfach an Park-Ausnahmegenehmigungen kommen, auf privaten Flächen sollen mehr Stellplätze angeboten werden, damit der Parkdruck auf den Straßen sinkt. Das Geld, das für diese Maßnahmen in die Hand genommen werden muss, soll aus dem Rahmenprogramm integrierte Stadtteilentwicklung (RISE) bezahlt werden. Wilstorf ist RISE-Fördergebiet. Auch die Feinabstimmung des Konzepts mit den Betroffenen soll über das RISE-System laufen. Die Mitarbeiter des RISE-Stadtteilbüros, die diese Arbeit zu leisten hätten, wurden jedoch noch nicht gefragt. Grundsätzlich gehören solche Konzepte zu ihren Aufgaben.

„In diesem Quartier wohnen viele Menschen mit festen Schichtzeiten, die es sich nicht leisten können, sich auf die Unwägbarkeiten der S-Bahn einzulassen“, sagt der SPD-Abgeordnete Torsten Fuß, der selbst am Reeseberg wohnt. „Die kann man erst vom Auto weglocken, wenn der Nahverkehr deutlich besser ist und es ermöglicht, Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten bequem zu erreichen.“