Harburg. Mit 19 fing Heike Plätke im „Blabla“ an. Zwei Jahre später war sie Besitzerin des Lokals, das vor allem bei HSV-Fans beliebt war. Nun ist Schluss.
Das letzte Pils hat sie schon vor ein paar Tagen gezapft: Am Montag war das Fass leer. Ein neues hat Heike Plätke nicht mehr bestellt: Sonnabend schließt sie das „BlaBla“, ihre Kneipe in der Seevepassage, zum letzten Mal ab. Dann wird es Zeit für etwas anderes und das „Blabla“ ist Geschichte. Bis dahin gibt es Flaschenbier und Schnaps.
40 Jahre lang gab es das „Blabla“ Seit 37 Jahren ist Heike Plätke dort hinter dem Tresen. 35 Jahre lang war sie die Chefin. Jetzt wird es Zeit, einmal auszuspannen – und zurückzublicken.
Obwohl ihr letzter Wirt die Gaststätte heruntergewirtschaftet hatte, kostete sie immer noch viel
Sie war jung und brauchte das Geld: Die 19-jährige Heike Eddelbüttel befand sich in der wahrhaft nicht fürstlich vergüteten Ausbildung zur Arzthelferin, als sie im Nebenjob anfing, zu kellnern. Der Ort, an dem sie an Stelle von Pillen mit Pils hantierte: die Gaststätte „Blabla“ in der Seevepassage. Zwei Jahre später war sie im Hauptberuf mit der Ausbildung fertig und in ihrem Nebenjob Chefin. Sie hatte das Lokal übernommen.
Heike Eddelbüttel war immer noch jung und brauchte nun umso mehr Geld: Was sie an Erspartem hatte zusammenkratzen können, reichte natürlich nicht aus, um die Kneipe kaufen zu können, in die sie sich mittlerweile verliebt hatte. Und obwohl ihr letzter Wirt die Gaststätte heruntergewirtschaftet hatte, kostete sie immer noch viel. „Ich fand das ‚Blabla‘ aber viel zu nett, um es aufzugeben“, erinnert sich die Chefin. „Ich habe mir gedacht: Irgendwann wird es sich rentieren.“ Sie behielt recht.
Torsten: Vom Gast zum Gatten und Geschäftspartner
Dabei musste die junge Wirtin zunächst gegen den Ruf anarbeiten, den der Vorpächter der Gaststätte verpasst hatte. Unter seiner Regie hatte das „Blabla“ 24 Stunden am Tag geöffnet, was zwischen Mitternacht und Morgengrauen Gäste anzog, die bei Tageslicht andere Gäste vergraulten.
Die neue Chefin schaffte es, dass sich die Gäste im „Blabla“ wieder wohlfühlten. Einer ganz besonders: Torsten Plätke. Der fesche Maurer arbeitete sich bei Heike vom Gast zum Gelegenheitsspüler und schließlich zum Gatten hoch. Seit 1999 teilen die beiden Nachnamen und Berufung. Auch Torsten war zwischenzeitlich Vollzeit-Wirt und steht heute immer noch dann und wann hinter dem Tresen. Gemeinsam haben die beiden zwei Söhne.
Die gesamte Gastronomie hat in den letzten dreieinhalb Jahrzehnten Veränderungen durchgemacht, die auch das „Blabla“ nicht unberührt ließen. Rauchverbotsdebatte, Ausnahmeregelungen und damit verbundene Auflagen sind nur ein Beispiel, immer leerere Geldbeutel vieler Harburger ein anderes und die Corona-Jahre sind ein ganz eigenes Thema. Heike und Torsten Plätke umschifften die Klippen immer wieder. Viele Gäste blieben treu. Geradezu symbolisch dafür steht der Sparclub im „Blabla“, der fast alle Jahre überstanden hat und erst vor kurzem aufgelöst wurde.
Eine weitere Konstante war ein Sportverein: Das „Blabla“ war stets eine HSV-Hochburg und für so manchen Harburger Rothosen-Fan war ein kurzer Stopp im „Blabla“ auf dem Weg zur S-Bahn ein ebenso festes Heimspieltag-Ritual, wie der nicht ganz so kurze letzte Zwischenhalt auf dem Weg zurück. Viele Jahre lang, konnten die, die keine Karte mehr bekommen hatten, die Spiele des Vereins auch im „Blabla“ auf Großbildleinwand genießen.
Nichts ist so konstant, wie die Veränderung: von Fußball, Frikadellen und Fans der Live-Musik
Nichts ist so konstant, wie die Veränderung: Nach langen Jahren als Sports-Bar klappten die Plätkes vor zehn Jahren den Flachbildschirm im „Blabla“ ein und bauten eine kleine Live-Musik-Bühne aufgebaut. Der Riesen-Durchbruch war das nicht, aber Spaß hatten Wirte und Gäste bei den gelegentlichen Konzerten bis heute. Auch ein mittlerweile in Harburg gefeierter Dennis Adamus probierte hier einst seine ersten Solo-Auftritte. „Die tollen Konzertabende gehören zu meinen schönsten Erinnerungen“, sagt die scheidende Wirtin.
Ein anderes Experiment war die Hausmannskost: Vor einigen Jahren beschloss Wirtin Heike, einfache, aber leckere Gerichte ins Angebot des „Blabla“ aufzunehmen. Allerdings musste sie dafür auf die Ausnahme vom Rauchverbot verzichten, die ihr als kleiner Eckkneipe gewährt wurde. Schnell stellte sich heraus, dass den meisten ihre Gäste die regelmäßige Fluppe doch lieber war, als die gelegentliche Frikadelle. Da wurden die Teller wieder gegen die Aschenbecher eingetauscht.
Zukunftspläne werden wohl im Wohnmobil geschmiedet
In den Ruhestand geht Heike Plätke noch nicht. „Dafür fühle ich mich zu jung“, sagt sie. „Außerdem habe ich noch etwas damit zu tun, den Betrieb abzuwickeln. Dann ist wohl auch ein Urlaub fällig. Torsten und ich haben in diesem Jahr noch nicht ein einziges Mal das Wohnmobil bewegt, denn es gab immer zu viel im Blabla zu tun. Ich bin noch nicht einmal dazu gekommen, nachzudenken, was ich machen will, statt Wirtin zu sein. Auch das ist ein Zeichen, dass es Zeit ist.“
Die Gastroszene im Wandel
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Obwohl sie sich auch auf die Zeit nach dem „Blabla“ freut, geht Heike nicht völlig leichten Herzens: „Die schönen Abende mit den Gästen werde ich schon vermissen“, sagt sie.
Einen Nachmieter gibt es bereits, aber keinen Nachfolger, denn das Lokal wird keine Kneipe mehr sein. Ein bekannter und beliebter Harburger Gastronom möchte hier ganz neue Formen des Bewirtens ausprobieren.