Sie sind im doppelten Sinne Partner: Im Beruf wie im Privaten. Die Serie über „Harburgs erfolgreiche Paare“ . Teil 2: Heike und Torsten Plätke von der Kneipe „Bla Bla“ in Harburg.
Sie hätte niemals ja gesagt, wenn alles Null-acht-fünfzehn gelaufen wäre. Wenn er auf die Knie gefallen wäre und ihr einen Antrag gemacht hätte. Mit Rosen und dem ganzen Schnickschnack. Also musste Torsten sich was einfallen lassen. Weil sie doch die Frau seiner Träume war. Und er sie haben wollte. Um jeden Preis.
Er hat sich was einfallen lassen. Denn schließlich sind Heike und Torsten Plätke seit 16 Jahren ein Paar. Ein verheiratetes. Denn geschäftlich sind die beiden schon ein wenig länger liiert. Gemeinsam betreiben die beiden die Szenekneipe „Bla Bla“ in der Seevepassage gleich neben dem Marktkaufcenter.
Wenn Heike sich morgens noch einmal tief in ihr Kissen kuschelt, ist Torsten schon längst auf den Beinen. Hat die Jungs geweckt, das Frühstück gemacht, den Hund vor die Tür gelassen. Er hat sich rasiert, den Tisch abgeräumt, Kaffee getrunken. Gegen zehn ist er aus dem Haus. Erst um elf steht Heike auf.
Wenn Torsten sich abends vor den Fernseher setzt, steht Heike längst hinterm Tresen. Hat den Haushalt gemacht, eingekauft, die Kinder versorgt. Sie ist mit dem Hund gegangen, hat Wäsche gemacht und mit den Jungs zu Abend gegessen. Gegen 20 Uhr hat sie sich ins Auto gesetzt. Eine halbe Stunde später ihren Mann abgelöst. Er hat Feierabend, sie Dienstbeginn.
So ist das, wenn ein Paar gemeinsam eine Gastwirtschaft betreibt. „Man sieht sich eigentlich nur am Sonntag“, sagt sie. „Vielleicht klappt es deshalb so gut mit uns.“ Darüber muss sie selbst lachen. Weil sie weiß, dass die Wahrheit eine andere ist. Nämlich die, dass sich Herr und Frau Plätke ziemlich gut verstehen, gemeinsam lachen können, sich unterstützen, aber auch in Ruhe lassen. Sie ist die Chefin, er lässt sie Chefin sein. Es gibt eine klare Aufteilung. Zeitlich, aber auch in der Rolle. Sie ist die Nachteule, er der Earlybird. Sie ist die Anführerin, er lässt sich führen. Der Laden gehört ihr, er ist der Angestellte. Sie ist die Starke, er lehnt sich gern an.
Das funktioniert seit 17 Jahren. Ziemlich gut sogar. Dabei will Heike, die einmal Eddelbüttel mit Nachnamen hieß, zunächst gar nichts von Torsten. Er ist ihr Gast. Einer, den sie nett findet. Mehr nicht. Er hingegen hat sie von der ersten Begegnung an im Visier. Das ist 1990. Ein Jahr zuvor hat sie die Kneipe übernommen. Sie ist 21 Jahre alt, seit einem Jahr als Arzthelferin fest angestellt. Doch als der damalige Inhaber des „Bla Bla“ verkaufen will, greift sie zu, ohne lange zu überlegen. „Es war eine reine Bauchentscheidung“, sagt sie. „Trotz der Schulden, die ich machen musste, habe ich nicht einen Moment gezögert.“ Sie kündigt ihren Job, nimmt einen Kredit auf. Im Oktober 1989 gehört der Laden ihr.
Zehn Jahre knüppelt sie, bis die Schulden abbezahlt sind. Sie hat Stammkunden, Freunde, die bei ihr feiern, einen Sparclub, mit dem sie sogar auf Reisen geht. „Das war damals anders als heute“, sagt sie. „Alles irgendwie persönlicher.“ Doch eine Beziehung zu einem der Gäste kommt für sie nicht in Frage. „Ich mochte Torsten, aber ich hatte ja einen Freund“, sagt sie. Als ihre besten Freundin Karen 1998 heiratet, will er sie nicht auf die Feier begleiten. Spontan bitte sie Torsten, mitzukommen. Das ist der Anfang.
„Ich habe damals noch als Maurer auf dem Bau gearbeitet“, sagt er. „Nach der Schicht bin ich dann zu Heike ins ,Bla Bla’ gefahren und habe ihr hinterm Tresen geholfen.“ Geduldig spült er Gläser, begnügt sich mit den wenigen Stunden, die Heike frei hat. Um Mitternacht macht sie Feierabend. Um 11.30 schließt sie wieder auf.
Als sie im April 1999 schwanger wird, ist klar, dass Heike das Lokal nicht mehr allein betreiben kann. Sie braucht Unterstützung – und stellt Torsten ein. Im November macht er ihr einen Antrag, den sie nicht ablehnen kann. Am 28. Dezember heiraten sie.
Aus Frau Eddelbüttel wird Frau Plätke. Aus der Wirtin eine Mutter. Aus dem „Ein-Frau-Betrieb“ ein gemeinsames Unternehmen. Plötzlich sind die beiden Partner im doppelten Sinne. Sie teilen nicht nur das Bett und die Sternstunden am Wochenende, sondern auch die Arbeit in der Kneipe, die Sorgen und Probleme, die die Selbstständigkeit bisweilen mit sich bringt. Es gibt für sie nicht den eigenen Beruf, die Firma, in die sie morgens fahren, die eigenen Kollegen. Es gibt nur das Gemeinsame. In allen Lebensbereichen geteilte Verantwortung. „Das ist gut“, finden die beiden.
Gemeinsam haben sie auch schwierige Zeiten geschafft, in denen es in der Kneipe nicht so gut lief. Und sie haben neue Ideen umgesetzt. Zum Beispiel eine kleine Bühne gebaut, auf der regelmäßig Livemusik gemacht wird. An den verkaufsoffenen Sonntagen steht sogar die ganze Familie in der Kneipe. Die Jungs backen Waffeln, die Eltern zapfen Bier.
Ihre beiden Söhne, inzwischen elf und 16 Jahre alt, haben früh gelernt, auch mal ein paar Stunden allein zurecht zu kommen. Und sie finden es gut, dass ihre Eltern zusammen einen Betrieb führen. Auch, wenn sie auf gemeinsam verbrachte Zeit häufig verzichten müssen, sie mit ihrer Mutter alleine zu Abend essen und am Frühstücksstich nur der Papa sitzt. „Dafür bin ich ja den ganzen Tag für die Jungs da“, sagt sie. „Mein Job ist zu Hause. Die Kneipe ist mein Ausgleich zum Alltag.“ „Und ich erhole mich, wenn ich zu Hause bin“, sagt er. „Hinterm Tresen zu stehen, das ist für mich Arbeit.“
Nur sonntags, da schalten alle Plätkes ab. „Das ist unser Familientag“, sagt Heike Plätke. „Da frühstücken wir alle zusammen, fahren ins Museumsdorf am Kiekeberg oder in die Messehallen, machen abends zusammen Extrem-Couching und schauen gemeinsam einen Film an. Und alle zwei Monate gehen wir essen.“
Urlaub? Den gibt es so gut wie gar nicht. „Wir können den Laden ja nicht einfach für zwei Wochen dicht machen“, da sind sich die beiden einig. Nur Ostern fahren sie weg. Und an anderen Feiertagen. Das muss reichen.
Überhaupt geht das alles nur, weil sich beide zu Hundertprozent mit dem Unternehmen identifizieren. „Torsten steht sogar hinterm Tresen, wenn er eine Grippe hat“, sagt seine Frau.
Er tut das, weil ihm die Kneipe am Herzen liegt. Aber vor allem, weil er seine Frau über alles liebt. Und es für ihn nicht selbstverständlich ist, dass er sie, die „Unerreichbare“ für sich gewinnen konnte. „Sie fand mich damals als Gast nett, ich habe sie angehimmelt“, sagt er. Kein Wunder also, dass er sich für den Heiratsantrag etwas ganz besonderes hatte einfallen lassen.
Er sprach Hauke Brost, vielen Hamburgern vor allem als „Bild“-Kolumnist und den Boulevard liebenden „Stadtspaziergänger“ bekannt, und bat ihn, den Lesern ein Rätsel aufzugeben. Es sollte um seine Zukünftige gehen, die Frau, die er heiraten wollte. Und so formulierte der Journalist einen Text, in dem er Heike beschrieb. Ihr Aussehen, ihre Arbeit, ihre Hobbies und Vorlieben. Jeden Tag kam ein kleiner Hinweis hinzu. Doch Heike war schlauer. „Ich wusste schon am zweiten Tag, dass ich gemeint war.“
Also setzte sie zum Gegenschlag an, ging zum Radio und forderte den unbekannten Antragsteller auf, doch umgehend an den Außenmühlenteich zu kommen, um dort seine Angebetete in Empfang zu nehmen. Sie wartete dort mit Sekt und Luftballons. Er brachte den Verlobungsring mit.
Sie sagte ja. Nicht, weil er sich daran gehalten hatte, ihr keinen konventionellen Heiratsantrag zu machen. Sondern weil ihr in diesem Moment klar war, wie sehr sie auf einer Wellenlänge funken. Und dass sie den gleichen Humor haben. Das trägt bis heute. Privat, wie im Geschäft. Warum sie sich so eng verbunden haben? „Weil man sich an alles gewöhnt“, sagt er. Und sie: „Oder weil es nichts Besseres gab!“