Harburg. Die sonnabendliche Suppenküche an der Bremer Straße benötigt Spenden. Ein Benefizkonzert im „Stellwerk“ soll Mäzene motivieren.
Um 12 Uhr gehen die Türen auf. Draußen stehen schon ein Dutzend Gäste. Gisela heißt sie Willkommen. Die Tische sind schon gedeckt, das Essen duftet noch aus der Küche. Die Gäste nehmen Platz. Einige sind nicht ganz so schnell, einzelne rollen auch zum Tisch, denn nicht jeder kann laufen. Hektik muss auch nicht aufkommen: Bei der Südsuppe sitzt der Gast am Tisch, das Essen wird gebracht. Schlange stehen ist verpönt, anders, als in anderen Suppenküchen. „Das sind unsere Gäste und sie werden bedient“, sagt Sabine Rudolph, eine der Gründerinnen der Initiative Südsuppe.
Jeden Sonnabend bekochen Freiwillige in Harburg alle Menschen, die kommen
In der Küche herrscht Betriebsamkeit: Der Salat ist schon mal fertig, die Suppe braucht noch den letzten Schliff, der Bulgur muss noch ein wenig abdampfen. Incigül hat heute das Sagen, es ist ihr Rezept. Sie kombiniert die türkische Küche, mit der sie aufgewachsen ist, mit ihrer persönlichen Leidenschaft für Gerichte aus dem Fernen Osten. Im Topf köchelt eine Fusion aus Kohlsuppe und Gemüsecurry. Kichererbsen sorgen heute für die Kraft und der Bulgur für die solide Grundlage. Es duftet betörend nach Kokos und Koriander.
Mit an den Töpfen sind Regine und Hussein, sie aus Lettland, er aus Syrien. Gleich nach seiner Ankunft in Hamburg hat Hussein sich ein Ehrenamt gesucht. Er will der Gesellschaft, die ihm Zuflucht gewährt, etwas zurückgeben. Der positive Nebeneffekt: Er lernt auch außerhalb der Erstaufnahme-Unterkunft Menschen kennen und sein Deutsch verbessert sich immer schneller.
Jeden Sonnabend bekochen gut zwei Dutzend Freiwillige in der Sankt-Johannis-Kirche an der Bremer Straße alle Menschen, die kommen. „Bei uns gibt es keine Bedürftigkeitsprüfung“, sagt Sabine Rudolph. „Dass Menschen sich kein Essen leisten können, ist nur ein Grund, zu uns zu kommen. Nicht wenige suchen hier auch Gesellschaft, weil sie zu Hause vereinsamen.“
Gerhard – die Namen der Gäste sind geändert – zum Beispiel, kommt nur selten mal aus seiner Wohnung. Seit einem Schlaganfall ist er auf einen Gehwagen angewiesen. Zwar hat das Hochhaus, in dem er wohnt, einen Fahrstuhl, aber zwischen dem und den Wohnungstüren liegen noch einmal drei Treppenstufen. „Das ist anstrengend“, sagt er. „Ich gehe deshalb selten aus und vorbeikommt auch kaum noch jemand. Aber hier habe ich schon viele Menschen kennengelernt, die ich auch immer wieder treffe. Das ist der schönste Tag in der Woche.“
Initiatoren ist die zunehmende Vereinsamung und Verarmung in Harburg aufgefallen
Andere besuchen an anderen Tagen auch andere Suppenküchen. Lene ist seit einiger Zeit obdachlos. Manchmal kann sie bei Freunden schlafen, manchmal „macht sie Platte“, manchmal hat sie einen Platz im Harburg-Huus. Im Winter ist es natürlich doppelt so schön, etwas Warmes zu Essen zu haben“, sagt sie. Aber auch im Sommer ist es schön, außer zu Essen auch ein paar Stunden entspannen zu können und nicht die ganze Zeit aufpassen zu müssen.“
Von Montag bis Freitag sitzt Sabine Rudolph an einem Schreibtisch in Hamburg. Sonnabends ist sie das Gesicht der Suedsuppe. „Mir ist die zunehmende Vereinsamung und Verarmung in Harburg aufgefallen“, sagt sie. „Corona und Inflation folgten aufeinander und das wirkt sich aus. Ich kann so etwas immer besser aushalten, wenn ich aktiv werde.“
60 Gäste kommen sonnabends im Schnitt – Tendenz steigend
Aktiv war sie eigentlich schon, nämlich engagiert im Flüchtlingsprojekt „Café Refugio“, ebenfalls in der Johanniskirche. Und dort war sie auch nicht die einzige, die den Gedanken einer Suppenküche bewegte, aber sie wurde die treibende Kraft.
60 Gäste kommen sonnabends im Schnitt. Die Tendenz ist steigend. Das heißt, es werden auch immer wieder Freiwillige gesucht, die helfen, „Am besten welche, die sich auch trauen, am Kochtopf die Verantwortung zu übernehmen“, sagt Sabine Rudolph, „denn davon haben wir nicht viele und die, die wir haben, müssen dann öfter kommen. Aber auch alle anderen Helfer sind willkommen!“
Drei Bands und zwei Solokünstler verzichten auf Gage, um das Projekt zu unterstützen
Die Kirchengemeinde Harburg Mitte stellt Gemeindesaal und Küche zur Verfügung. Die Tafel Harburg überlässt der Südsuppe Lebensmittel, die das Wochenende sonst nicht überleben würden. Die Lebensmittel, die zugekauft werden müssen, der Kaffee und alle weiteren Kosten müssen über Spenden finanziert werden. Spenden aber müssen ständig neu eingeworben werden.
Spenden kann man natürlich jederzeit. Mit besonderem Spaß dabei aber am kommenden Sonnabend: Ab 19 Uhr gibt es im Club „Stellwerk“ ein Benefizkonzert für die Südsuppe. Drei Bands und zwei Solokünstler verzichten auf ihre Gage, um damit das Projekt zu unterstützen. Mit dabei sind Harburgs Bluesjuristen, die „Working Advocates“; die Gothic-Steampunkband „Drachenflug“, die Indie-Rocker „Menace of Tyrany“, der norwegisch-Neugrabener Liedermacher Cedric Saga, und der Reinhard Mey der Punkrock, Qkser. Weil der Eintritt frei ist, ist eine Spende Ehrensache. Also lieber ein bisschen mehr Geld mitnehmen und da lassen!
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Wer lieber ohne Musik spenden möchte, kann das auch bequem von zu Hause aus tun, ber Überweisung an: Ev.-Luth. Kirchengemeinde Harburg-Mitte, IBAN: DE 06 5206 0410 7806 4460 19, Verwendungszweck: Spende Südsuppe. Nur verpasst man dann etwas.