Buchholz/Hamburg. Armin Raible ärgert sich über Bronzemedaille. Auch Radsport-Legenden André Greipel und Klaus-Peter Thaler starten bei Cyclocross-WM.
Fast jeder würde sich über eine Bronzemedaille bei Weltmeisterschaften freuen. Armin Raible nicht. „Nein, ich bin nicht zufrieden. Ich bin sogar super unzufrieden“, sagte der Radsportler von der RSG Nordheide nach den Masters-Weltmeisterschaften im Cyclocross in Hamburg. „Ich habe einen taktischen Fehler gemacht, der mich den Titel gekostet hat“, erzählt Raible. „Das war etwa so, als wenn ein Formel-1-Fahrer die Regenreifen zu früh aufziehen lässt.“
Mit André Greipel und Klaus-Peter Thaler kämpften sich auch große Namen des internationalen Radsports über die Stecke in der Nähe des Volksparkstadions. Der Rostocker Sprint-Spezialist Greipel – mehrfacher Etappensieger bei Tour de France, Giro d’Italia und Vuelta de la Espana – belegte den fünften Platz in der Konkurrenz der 40- bis 44-Jährigen.
Klaus-Peter Thaler: 50 Jahre nach dem ersten der fünfte Querfeldein-WM-Titel
In der M75-79 wurde Radsportlegende Klaus-Peter Thaler aus Gevelsberg genau 50 Jahre nach seinem ersten WM-Triumph jetzt zum fünften Mal Weltmeister im Querfeldeinfahren (heutzutage Cyclocross). Der 74-jährige Thaler startete erstmals in einem Altersklassenrennen und erstmals im Trikot des Harvestehuder Radsport-Vereins.
Zurück zu Armin Raible, der im vergangenen Winter zunächst Europameister und einige Wochen später auch Weltmeister in der Altersklasse der 60- bis 64-Jährigen geworden war. Klar, dass der Handeloher bei der Heim-WM in Hamburg das Regenbogentrikot erfolgreich verteidigen wollte. Trotz der räumlichen Nähe änderte er seinen üblichen Ablauf nicht und reiste zwei Tage vor dem Rennen mit dem Wohnmobil an. „Da musste ich erstmal beim Gitter schleppen helfen“, schmunzelte er.
Im vergangenen Winter war Armin Raible Welt- und Europameister
Die Rennstrecke war zweigeteilt: einmal gab es einen flachen und schnellen Teil mit vielen Kurven und einigen Wellen, andererseits einen technisch anspruchsvollen Steilhang. Raible gilt als einer der technischen besten Fahrer, trainiert in diesem Bereich andere Cyclocrosser und hatte seine Taktik vor allem auf Attacke im Steilhang abgestimmt.
„Nach der Streckenbesichtigung am Morgen hab ich die Strategie festgelegt“, so Raible. Was er nicht bedacht hatte: bis zum eigentlichen Rennen einige Stunden später in der Mittagszeit stiegen die Temperaturen bis knapp über den Gefrierpunkt, der Untergrund veränderte sich. „Die oberste Schicht war total matschig, darunter kam Eis“, berichtet Raible, der schon in der ersten von fünf Runden merkte, dass er die falsche Bereifung gewählt hatte. „Ich hätte nicht damit gerechnet, dass sich die Bedingungen so massiv verändern.“
Steigende Temperaturen, aufgeweichte Strecke, falsche Reifenwahl
Zu allem Überfluss hatte er auch seine beiden Ersatzräder im Depot mit vergleichbarer Bereifung ausgestattet – eine Verbesserung der Situation durch Radwechsel war also nicht möglich. „Ich weiß auch nicht, was mich da geritten hat“, ärgerte sich der gestürzte Titelverteidiger über sich selbst.
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Ein echter Sturz auf der Strecke blieb ihm ebenfalls nicht erspart. Im Steilhang rutschte Armin Raible auf dem seifigen Boden weg und samt Rad unter eine Absperrung. „Der Sturz war nicht so schlimm.“ Schmerzhafter: Im Auslauf knallte der 60-Jährige mit dem Oberschenkel gegen einen Holzpfosten. Bis er sich wieder aufgerappelt und im Depot die Rennmaschine gewechselt hatte, waren einige Konkurrenten am Titelverteidiger vorbeigezogen.
Nach Sturz startet Raible eine Aufholjagd, am Ende fehlen ihm zwei Sekunden
Geschlagen gab sich der Mann aus der Nordheide aber nicht: Er startete eine Aufholjagd auf den führenden Briten John McGrath. Immer an Raibles Hinterrad: Ron Veeke aus den Niederlanden. Nach knapp 40 Minuten Fahrzeit krönte sich der Brite schließlich mit zwei Sekunden Vorsprung zum Weltmeister.
Der Niederländer zog im Schlussspurt an Armin Raible vorbei, der zeitgleich erstmals WM-Bronze gewann. Damit gab es im Vergleich zum Vorjahr auf den Medaillenrängen die umgekehrte Reihenfolge: Im Dezember 2022 hatte Raible vor Veeke und McGarth gewonnen.
Masters-WM im Cyclocross im Dezember 2024 ein zweites Mal in Hamburg
„Dass auch Du mal einen Fehler machst, macht Dich menschlicher“, war eine Reaktion gewesen, die Armin Raible zu hören bekam. „Ich hatte in dieser Saison noch kein Rennen verloren“, sagte der Cyclocrosser, der sich weiter über seinen Fehler ärgert. „Man wird nicht jünger, aber ich werde es im nächsten Jahr nochmal versuchen.“
Da der Radsport-Weltverband UCI die Masters-Weltmeisterschaften immer für zwei Jahre an einen Ausrichter vergibt, wird auch Anfang Dezember 2024 erneut in Hamburg um Gold, Silber und Bronze gefahren werden.
Weitere Fahrer aus Buchholz und Harburg zeigen starke WM-Leistungen
Starke Leistungen zeigten auch weitere Akteure aus dem Hamburger Süden. Nils Müller und Marcell Wendland (beide RSG Nordheide) beeindruckten bei ihrer WM-Premiere. Im 59-köpfigen Fahrerfeld der Altersklasse 40-44 erreichten sie die Plätze 22 (Müller) und 43 (Wendland). Im Rennen der Jüngsten (M35-39) landete Mohsen Ramezani (Blau-Weiss Buchholz) in den Top 20.
Der Querfeldeinfahrer aus dem Iran sprintete als 16. ins Ziel. Stephan Warda von der Harburger Radsport-Gemeinschaft (HRG) kam in der gleichen Altersklasse wie Armin Raible (M60-64) auf den guten 22. Platz unter 75 Startern.