Paris. Die 108. Ausgabe der Tour war eine der verrückteren. Zumal die deutschen Profis die größten Schlagzeilen nicht mit Etappensiegen produzierten. Für eine echte Größe wird im Winter Schluss sein.
Ein furioser Etappensieg von Nils Politt, ein skurriler Pappschild-Crash von Tony Martin und das emotionale Schlusswort von André Greipel:
Die 108. Tour de France war für die deutschen Radprofis nicht gerade von zahlreichen Erfolgen gekrönt, doch in Erinnerung wird sie durch diverse Nebengeräusche allemal bleiben. Zumal kurz vor der Ankunft in Paris in Greipel auch noch einer der erfolgreichsten deutschen Sprinter der Geschichte Adieu sagte.
"Ich bin 39 Jahre alt, habe das 18 Jahre lang gemacht und fahre jetzt gegen 20-Jährige. Ich habe verstanden, dass jetzt Schluss ist. Ich wollte auf einem gewissen Niveau aufhören", sagte Greipel. Eigentlich wäre sein Vertrag beim Team Israel Start-Up Nation noch bis Ende 2022 gelaufen, doch man habe sich schon am Anfang der Saison auf ein vorzeitiges Karriereende verständigt. Das letzte Rennen des gebürtigen Rostockers steht noch nicht fest, als nächstes zeigt er sich bei zwei Höhepunkten in der Heimat: den Hamburg Cyclassics und der Deutschland Tour.
Greipel will im Radsport bleiben, zunächst ist eine einjährige Auszeit jedoch nicht ausgeschlossen. Auf seine letzte Tour blickte der elfmalige Teilnehmer zufrieden zurück. "Es gibt immer Höhen und Tiefen, die man während der drei Wochen hat. Bei mir überwiegt auf jeden Fall sehr viel Positives", sagte Greipel. Nun freue er sich auf die Zeit, in der er erst einmal "keinen Stress" habe.
Deutlich stressiger war die Tour für Tony Martin. Der viermalige Zeitfahrweltmeister war auf der ersten Etappe mit einem Pappschild kollidiert, das eine Zuschauerin auf die Straße gehalten hatte. Die Szene mit dem folgenden Crash ging viral, selbst in amerikanischen Late Night Shows wurde die Aktion gezeigt. Martin hielt noch bis zur elften Etappe durch, gab dann nach einem erneuten Sturz auf. Die Zuschauerin hatte sich zwischenzeitlich der Polizei gestellt, am 14. Oktober muss sie sich vor einem Richter verantworten. Martin hofft auf "ein abschreckendes Urteil".
Eine deutlich bessere Zeit erlebte der Paris-Roubaix-Zweite Politt. Der Kölner fasste sich auf der zwölften Etappe ein Herz, attackierte aus einer Ausreißergruppe heraus und feierte als Solist in Nimes den größten Erfolg seiner Karriere. "Da ist der Knoten geplatzt", sagte der 27-Jährige. Den Preis des Erfolges zahlte Politt auf der drittletzten Etappe, als in einer Ausreißergruppe alle Fahrer auf ihn achteten. "Durch meinen Etappensieg haben die anderen von ihren Sportlichen Leitern sicher gesagt bekommen, mich auf keinen Fall wegfahren zu lassen."
Gescheitert ist hingegen der Plan des Teams Bora-hansgrohe, Emanuel Buchmann als Joker für Etappensiege in den Bergen mitzunehmen. "Ich bin überhaupt nicht zufrieden mit der Tour", sagte Buchmann. Kurz bevor es erstmals in die Berge ging, wurde er durch einen Infekt geschwächt und erholte sich erst in der letzten Phase des Rennens. Der Sportliche Leiter Enrico Poitschke sah die Tour für Bora dennoch als Erfolg: "Wir sind aggressiv gefahren und haben zwei Etappensiege geholt." Zudem steht der niederländische Kapitän Wilco Kelderman am Ende auf Platz fünf des Gesamtklassements.
Rückblickend hätte man bei Bora statt Buchmann vielleicht doch besser Sprinter Pascal Ackermann mitgenommen. Die Chancen auf einen Etappensieg wären durch die Ausfälle von diversen Top-Sprintern sicher gut gewesen.
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