Neugraben. In der Roundnet-Community dreht sich sportlich alles um ein kleines Trampolin. Was DM-Teilnehmern auf dem Jägerhof noch wichtiger ist.
Der Ausstieg an der S-Bahn-Station Neuwiedenthal könnte idyllischer kaum sein: vereinzelte Menschen gehen ihren nachmittäglichen Beschäftigungen nach, die Sonne scheint mild und träge auf die grüne Umgebung, Vögel fliegen fröhlich zwitschernd umher. Nur wenige hundert Meter weiter entlang der Bundesstraße B73 und durch ein kleines Wäldchen gestapft, ist aus Richtung der Sportanlage Jägerhof plötzlich vielstimmiger Beifall zu hören. Denn hier findet an zwei Wettkampftagen die von den Roundnet Seals Hamburg ausgerichteten und von Roundnet Germany veranstalteten deutschen Meisterschaften der beliebten Trendsportart Roundnet statt.
Anstrengende und lohnende Organisation für die Roundnet Seals
„Hier werden aktuell die Halbfinals ausgespielt“, erklärt mir Jasmin Henning, Mitglied bei den in Harburg ansässigen Seals und Mitorganisatorin des Events. „Leute aus ganz Deutschland sind zusammengekommen, um die deutsche Meisterschaft der Frauen und Herren auszutragen.“ Die Mixed-Meisterschaft wurde bereits im Juli in Heidelberg durchgeführt.
„Wir haben uns einfach beworben.“ Nach dem Zuschlag hieß es: einen Platz finden, Spielpläne erstellen und Sponsoren finden. „Die Organisation ist eine heftige Challenge, aber die Leute sind super dankbar und cool. Außerdem haben wir von allen Seiten Hilfe bekommen.“
Zwei Teams mit jeweils zwei Akteuren um ein kleines Trampolin
In einer großen Runde haben sich etwa 150 bis 200 Sportlerinnen und Sportler um das Spielfeld versammelt: In einem kleinen Kreis steht ein unscheinbares Trampolin, zwei Teams aus jeweils zwei jungen Männern versuchen in Volleyball-Manier, abwechselnd einen faustgroßen Ball zuerst in der Luft zu halten und ihn dann möglichst präzise auf das Trampolin zu hämmern. Nach jedem Punkt wird abgeklatscht, besonders gute Spielzüge werden mit Kommentaren wie „Schöner Touch!“ oder „Super Set!“ aus der Zuschauermenge kommentiert.
Die positive Unterstützung untereinander ist ein entscheidender Faktor in der Roundnet-Community. „Wir sind immer Low-Budget unterwegs – jeder unterstützt jeden“, erklärt Henning, die zum ersten Mal ein Turnier dieser Größenordnung ausrichtet. „Das funktioniert nur, weil wir einen guten Zusammenhalt und ein zwangloses Miteinander haben.“ Um die Kosten niedrig zu halten, wurde die Versorgung der Teilnehmer größtenteils selbst dirigiert.
Den Teilnehmern wird trotz geringen Budgets jede Menge geboten
Während Lebensmittel und Getränke von Sponsoren wie dem örtlichen Kaufland übernommen wurden, haben Henning, ihre Helferinnen und Helfer die Zubereitung selbst in die Hand genommen: „Freitagnacht habe ich 35 Kilo Nudeln gekocht, das hat die ganze Nacht gedauert. Als ich damit fertig war, bin ich morgens direkt zum Platz. Das heutige Mittagessen hat dann dankenswerterweise Harburgs Buddha Kitchen übernommen.“
Die Roundnet-Enthusiasten sind aus ganz Deutschland nach Neugraben angereist, viele von ihnen gehen am Montag wieder ihren Berufen nach. „Viele haben innerhalb der Community problemlos einen Schlafplatz gefunden“, berichtet Jasmin Henning. Auch auf der Sportanlage Jägerhof haben einige im wahrsten Wortsinn ihre Zelte aufgeschlagen. Auf den grünen Hängen, die den Platz säumen, stehen am Sonntag noch vereinzelt Zelte, hier und da wird hastig ein Schlafsack in die dazugehörige Hülle gestopft.
Der grüne Charakter passt sehr gut zu dem Event für junge Leute
Daneben stehen zwei mobile, ökologische Toiletten von Ökoje – sie kommen ohne Chemie aus, stattdessen wird einfach Streu obendrauf gekippt. Dieser grüne Charakter passt zum Event: es sind hauptsächlich junge Leute versammelt, viele sind laut Henning auch Studierende. Dementsprechend gab es am Abend des ersten Spieltags auch Live-Musik und DJ, um das Community-Treffen zu zelebrieren.
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Dann ist es endlich soweit, die Finalisten treten an das Trampolin. Dass es hier um etwas geht, wird schnell klar: über die Vergabe einzelner Punkte wird diskutiert, die Observer (Schiedsrichter) werden hinzugezogen und generell nimmt das Spieltempo merklich zu. Trotzdem bleibt der freundschaftliche Charakter wichtiger als der Ehrgeiz.
Bei besonders gut gespielten Bällen wird weiterhin abgeklatscht und komplimentiert, während in der eigens aufgebauten Stream-Station von zwei Kommentatoren ein Livestream geführt wird. „Letztes Jahr hatten wir sogar 4000 Views“, erklärt Henning stolz. Auf den Zuschauerrängen werden vegane Würste vertilgt und Spielzüge analysiert.
Roundnet ist und bleibt eine schöne Freizeitbeschäftigung am Strand
Letztlich können Nora Hass und Sabine Steidel den ersten Platz der Frauenmeisterschaft für sich erkämpfen. Bei den Männern siegen Lukas Eisenträger und Paul Siemer – der schon bei den Mixed-Meisterschaften in Heidelberg das Siegertreppchen erklimmen durfte. Organisatorin Henning ist froh, dass das Meiste geschafft ist und alles glatt lief.
Sie hat aber noch eine Botschaft an Interessierte: „Bei einem organisierten Turnier vergisst man schnell, dass Roundnet eine schöne Freizeitbeschäftigung am Strand ist.“ Außer einem entsprechenden Trampolin brauche es nur einige Freunde. Dementsprechend ist Roundnet eine sehr niedrigschwellige und anfängerfreundliche Sportart. Allein in Hamburg gibt es drei Vereine. Wer neugierig geworden ist, kann mit den Roundnet Seals Hamburg auf Instagram Kontakt aufnehmen.