Harburg. Die Roundnet Seals Hamburg trainieren immer sonnabends am kleinen, runden Netz. Für Neueinsteiger ist die junge Sportart leicht zu erlernen.

An einem kühlen November-Sonnabend stehen Fußballfans rund um den Kunstrasenplatz der Sportanlage Baererstraße/Maretstraße und schauen sich die Spiele ihrer favorisierten Harburger Mannschaft an. Sie bemerken nicht, dass sich nebenan in der Sporthalle ein ganz eigener sportlicher Kosmos gebildet hat: Wer die schweren Eisentüren des Seiteneingangs zur Halle erst einmal aufgestoßen hat, dem zeigt sich ein klarer Kontrast zum klassischen Fußball draußen.

Während unter freiem Himmel gejubelt, gestöhnt und angefeuert wird, läuft in der Halle klassische Rockmusik über einen Bluetooth-Speaker. Zwei Spieler der Roundnet Seals Hamburg sitzen auf einer Bank und unterhalten sich locker über Alltägliches, während vier andere sich um eine Art kleines Trampolin positioniert haben. Abwechselnd katapultieren sie einen faustgroßen Ball mit graziösen und reaktionsschnellen Schlägen auf das Netz und in die Luft.

Roundnet wird synonym auch Spikeball oder Roundball genannt

Hier muss das Runde nicht ins Eckige, vielmehr das Runde aufs Runde. In den vergangenen Jahren hat sich unter experimentierfreudigen Sportlern und Sportlerinnen der Stadt nämlich eine neue Trendsportart verbreitet: Roundnet – von Kennern auch Spikeball oder Roundball genannt – erinnert entfernt an Volleyball. Mit maximal drei abwechselnden Ballberührungen innerhalb eines Zweierteams muss die Kugel allerdings nicht über, sondern auf das Netz geschlagen werden; danach ist das gegnerische Zweierteam mit seinen drei Berührungen am Zug.

Nach jedem gewonnenen Punkt klatschen die Spieler ab und gratulieren sich für besonders akrobatisch oder gewagt gespielte Bälle. Beim Training merkt man sofort, dass es freundschaftlich zugeht. Während die Fußball-Geräuschkulisse von draußen immer wieder durchdringt, wird drinnen gescherzt und geplaudert.

Unabhängig vom Spielniveau ist die Community offen und inklusiv

„Als ich angefangen habe, waren die Leute super freundlich. Egal, welches Spielniveau man hat, die Community versucht immer offen und inklusiv zu sein“, erklärt der Student Franco Muñoz, seit 2021 Mitglied bei den Seals in Harburg. Während der vierstündigen Trainingszeit wird nicht ununterbrochen gespielt. In den Pausen analysieren die Akteure Spielzüge oder erklären neuen Gesichtern das Regelwerk (siehe unten).

Die Roundnet Seals Hamburg sind einer von derzeit drei Vereinen in Hamburg. Um am Ligabetrieb teilzunehmen, müssen mindestens zwei Spielerinnen zum Team gehören.
Die Roundnet Seals Hamburg sind einer von derzeit drei Vereinen in Hamburg. Um am Ligabetrieb teilzunehmen, müssen mindestens zwei Spielerinnen zum Team gehören. © Roundnet Seals Hamburg | privat

Der Verein wurde vor ziemlich genau einem Jahr Ende 2021 gegründet, hobbymäßig ist die Gruppe schon seit Anfang 2020 aktiv. Die mittlerweile 15 Mitglieder der Roundnet Seals Hamburg trainieren gern und oft auch gemeinsam mit anderen Hamburger Vereinen, den Roundnet Otters Hamburg (Eppendorf) und Roundnet Aalen Altona. „Im Sommer kann man eigentlich jeden Tag irgendwo spielen“, sagt Paul Thiessen. Er ist Mitglied bei den Aalen in Altona, hatte an diesem Tag jedoch spontan Lust zum Spielen und ist daher zum Seals-Training nach Harburg gefahren.

„Du kannst überall spielen, egal ob auf Rasen, im Sand oder in der Halle“

Wenn an einem Wochentag irgendwo mal kein Training stattfinden sollte, wird das leicht zu transportierende Spielnetz einfach mit in den Park genommen. „Du brauchst nur das Netz und kannst überall spielen, egal ob auf Rasen, im Sand oder in der Halle. Das Ganze ist also sehr praktisch und mobil“, erklärt Muñoz. Außerdem fördere die steile Lernkurve die Einsteigerfreundlichkeit für die wachsende Sportart.

Generell lässt sich eine rasante Entwicklung des Sports beobachten. „Roundball ist im vergangenen Jahr auch deutschlandweit sehr groß geworden“, berichtet Maximilian Portee, Mitbegründer und Mannschaftskapitän bei den Seals. Der Harburger Verein spielt in der 2. Bundesliga, die mit insgesamt 41 Teams ungewöhnlich stark bestückt ist. Nach der Pandemie fand 2022 auch zum zweiten Mal eine Europameisterschaft und zum ersten Mal eine Weltmeisterschaft statt.

Spieltage bestehen aus zwei Männer-, zwei Mixed- und einer Frauen-Partie

Typischerweise umfasst ein Liga-Spieltag insgesamt fünf Matches: zwei Männer-Partien, zwei gemischte Partien und eine Frauen-Partie. „Auch wenn wir beim Spielen alle richtig ehrgeizig sind, ist die Stimmung immer super. Wenn dein Gegner einen coolen Punkt macht, gratulierst du ihm statt den Kopf in den Sand zu stecken. Oft gibt es hinterher eine Afterparty, bei der alle dabei sind und miteinander quatschen“, benennt Franco Muñoz die Faszination. Zu Spieltagen seien grundsätzlich alle Interessierten eingeladen, der sich die Sportart näher anschauen möchten.

Schnuppertraining an der Baererstraße in Harburg ohne Anmeldung

Wer Interesse hat, Roundnet einmal selbst auszuprobieren, ist bei den Roundnet Seals Hamburg zum Schnuppertraining willkommen. In den Wintermonaten wird jeweils sonnabends zwischen 10 und 14 Uhr in der Sporthalle Baererstraße/Maretstraße trainiert. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Wer eine Wegbeschreibung haben möchte, sollte eine Instagram-Nachricht an „roundnet.seals.hamburg“ schicken. Wem die Berichterstattung von der Fußball-WM in Katar also zu viel wird oder wer die Weltmeisterschaft boykottieren möchte, dem bietet das Roundnet-Training eine geeignete Abwechslung.

Info: Das sind die wichtigsten Regeln beim Roundnet

Beim Roundnet duellieren sich zwei Teams mit je zwei Spielern, wobei jedes Team bis zu drei abwechselnde Ballberührungen hat, um den Ball auf das Netz zurückzuspielen. Gelingt dies, wechselt der Ballbesitz. Der Ball darf nicht gefangen werden. Nach dem Aufschlag können die Spieler in jede Richtung laufen und schlagen. Jedes Körperteil kann genutzt werden, es gibt es keine Spielfeldbegrenzung.

Wenn ein Team den Ball mit drei Ballberührungen nicht wieder auf das Netz spielen kann, erhält das andere Team einen Punkt. Ein Ball, der auf den Boden fällt, den Rand berührt, mehr als einmal auf dem Netz aufkommt oder deutlich über das Netz rollt, bringt dem gegnerischen Team einen Punkt ein. Ein Satz endet bei elf, 15 oder 21 Punkten. Die wichtigste Regel aber lautet: Fairplay! Da es im Gegensatz zu anderen Sportarten keine Schiedsrichter gibt, steht die Ehrlichkeit im Vordergrund.