Harburg. Initiatoren sammelten Startkapital über Internetplattform ein. Nun soll Verkauf auf dem Harburger Wochenmarkt nach Ostern starten.

Anne Jandke kann in diesen Tagen jederzeit in ihren Eißendorfer Vorgarten gehen und Kaufmannsladen spielen, wie ein kleines Kind. Und in der Tat hat der noch leere Verkaufswagen in ihrer Einfahrt viel mit dem „Eines-Tages-werde-ich“-Prinzip eines Kindheitstraums zu tun. Nur dass dieser hier gerade sehr schnell wahr wird: Erst um Weihnachten herum begannen Anne Jandke und ihre Mitstreiter Frederike Renner und Patrick Mayanja von der Initiative „Unverpackt Süderelbe“, Geld für ihr Unverpackt-Marktstand-Projekt einzusammeln.

Jetzt sind sie schon so weit, dass sie kurz nach Ostern loslegen können. Der Wagen in Anne Jandkes Einfahrt wird dann an ein bis zwei Vormittagen auf dem Harburger Markt, an einem Tag in Kirchdorf und an einem weiteren Tag abwechselnd in Neugraben und auf dem Wilhelmsburger Markt stehen.

Erster „Unverpackt“-Marktwagen im Hamburger Süden

Die Unverpackt-Bewegung setzt sich für mehr Nachhaltigkeit bei der Besorgung der täglichen Dinge ein. Große Mengen des häuslichen Abfalls bestehen aus Umverpackungen – vor allem die problematischen Anteile des Mülls. Plastik, Aluminium, Verbundmaterialien, Hochglanzkartonagen sind aus der gelben Tonne heraus allesamt kaum wiederverwertbar. „Unverpackt“ will, wie der Name es sagt, hier ansetzen und Lebensmittel sowie Drogeriewaren wieder lose verkaufen, wie es vor gar nicht allzu langer Zeit in den kleinen Geschäften gang und gäbe war.

In vielen Städten gibt es bereits „Unverpackt“-Läden; auch in einigen Hamburger Stadtteilen. Im Hamburger Umland gibt es solche Geschäfte beispielsweise in Buchholz und Lüneburg (das Abendblatt berichtete) und auch einige Supermärkte bieten mittlerweile Ecken mit kleinen Mehlsilos und Nudelzapfsäulen, neben ihrem verpackten Sortiment. Im Hamburger Süden gab es ein solches Angebot bislang nicht, aber das wird sich bald ändern. Anne Jandke und ihre Freunde sind zuversichtlich, dass sich der Stand tragen wird.

Crowdfunding für das Projekt lief sehr erfolgreich

„Das zeigte sich schon beim Crowdfunding für den Verkaufswagen“, sagt sie, „Mit 318 Unterstützern kamen über 21.000 Euro zusammen. Darunter waren sicher auch einige Verwandte und Bekannte, aber auch viele, die hinter der Idee stehen und demnächst unsere Kunden sein wollen!“ Mit dem Geld besorgte sich die Gruppe einen relativ jungen Iveco-Verkaufswagen, aus dessen Kofferaufbau heraus bislang Brot und Brötchen gehandelt wurden.

Die alte Einrichtung ist mittlerweile bis auf das, was die Initiative selbst noch verwenden will, ausgebaut, die alte Beschriftung ist entfernt und der Ausbau mit der eigenen Einrichtung beginnt gerade. „Einige Holzteile haben wir schon eingepasst, sie sind derzeit aber noch im Keller und ziehen Öl. Die Werbefolie kommt nächste Woche an den Wagen. Nur auf die Spenderbehälter müssen wir noch etwas warten“, sagt Jandke.

Wochenmärkte bewusst als Ziel gewählt

Die Gruppe zieht es bewusst auf den Wochenmarkt: „Die frischen Produkte, Fleisch, Fisch, Obst und Gemüse gibt es ja schon immer unverpackt auf dem Wochenmarkt“, sagt Frederike Renner, „und viele Kunden gehen genau deswegen dort einkaufen. Deshalb werden wir dort mit losen Trocken-Lebensmitteln sowie Seifen eine Lücke füllen, die es bislang im Angebot für diese Leute gab!“

Inzwischen haben die drei auch noch einen weiteren großen Schritt gemacht: Sie haben einen Lagerraum gefunden und angemietet. Der muss nun nur noch von einem Experten darauf geprüft werden, ob er gut genug vor Ungeziefer geschützt ist. Allerdings wurden in dem Raum auch bislang professionell Lebensmittel gelagert, sodass er ohne weiteres geeignet sein dürfte.

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Unverpackt-Laden in Buchholz hat sich etabliert

Nicht nur die drei vom Stand sind zuversichtlich, dass ihr Wagnis was wird; auch ein Experte, der selbst schon einen Unverpackt-Laden gegründet hat, räumt seinen Harburger Kolleginnen und Kollegen gute Chancen ein. „Ich weiß nicht, ob ein fester Laden in Harburg genügend Umsatz machen würde, aber die Idee, mit dem Marktstand die großen Wochenmärkte der Region zu bedienen ist, glaube ich, goldrichtig“, sagt Phil Gruber. Er selbst hat seinen „Buchholz endlich unverpackt“-Laden erst im Sommer eröffnet. Obwohl er nicht gerade im Buchholzer Stadtzentrum liegt, ist er schon ganz zufrieden damit, wie die Geschäfte laufen. „Klar, kann man sich immer noch etwas mehr wünschen, aber ernsthaft betrachtet, lässt es sich gut an“, sagt er.

Sein Sortiment hat er von ursprünglich gut 300 auf mittlerweile über 900 Artikel verdreifacht. Die Preise nähern sich denen verpackter Ware immer weiter an. „Und es ist dadurch günstiger, dass man mengengenau einkaufen kann, was man braucht“, sagt Gruber. „Viele ältere Kunden kommen deswegen her.“