Dohren. Nach der Schule zählt für die Talente der Dohren Wild Farmers nur Baseball. Zu gern würden sie Profis in der Major League Baseball werden.

Paul Hoff und Jeremy Fernandez Ruiz sind beste Freunde. Die Achtklässler aus Buchholz wohnen nur 50 Meter voneinander entfernt, täglich unternehmen sie etwas gemeinsam. So weit, so normal. Doch so ganz normal sind die 13 Jahre (Paul) und 14 Jahre (Jeremy) alten Jungen dann doch nicht – das wird im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt schnell deutlich.

Als Mitglieder der U15-Nationalmannschaft gehören die Nachwuchsspieler der Dohren Wild Farmers zu den größten deutschen Baseball-Talenten. Diszipliniert arbeiten sie an ihrem Traum: dem Sprung in die nordamerikanische Major League Baseball (MLB).

Jeden Tag eine oder zwei Stunden fangen und werfen

„Paul und ich gehen jeden Tag ins Gym. Bei uns zu Hause im Keller können wir außerdem schlagen und fangen trainieren. Das geht so fast jeden Tag für eine oder zwei Stunden. Dazu kommt das normale Training“, erzählt Jeremy Fernandez Ruiz. Über seinen Vater Pedro kam er im Alter von sechs Jahren zum Baseball. Pedro Fernandez Ruiz kommt aus der Dominikanischen Republik – dort ist Baseball Nationalsport. Bis 2017 spielte „Patico“ mit den Wild Farmers in der Baseball-Bundesliga, heute kümmert er sich um die Dohrener Nachwuchsabteilung.

„In der dritten Klasse ist Jeremy zu mir in die Klasse gekommen. Ich bin dann auch mit zum Training gekommen“, erinnert sich Paul Hoff. Früher hat er Fußball gespielt – heute ist er vom Baseball fasziniert. „Fußball ist ziemlich stumpf. Beim Baseball muss man tausende Spielzüge drauf haben“, sagt Hoff. Anfangs habe er Baseball nur als Hobby angesehen, dann wurde er für die U12-Nationalmannschaft nominiert. „Früher war es nur Spaß, da habe ich das ziemlich locker genommen. Heute trainieren wir jeden Tag“, erzählt der 13-Jährige.

Reise in die Dominikanische Republik öffnete Jeremy 2013 die Augen

Die Freunde offenbaren eine unter Achtklässlern wohl beispiellose Disziplin. 2013 reiste Jeremy mit seinem Vater für zwei Monate in die Dominikanische Republik. Die Zeit auf der Karibikinsel prägte den heute 14-Jährigen. „Da habe ich gesehen, wie hart die Kinder dort trainieren. Ich musste um sechs Uhr aufstehen und bis 19 Uhr abends auf dem Platz sein. Manche Leute dort können sich kein Haus leisten und wohnen nur in einer Blechhütte. Die geben alles, wirklich alles, um Profi zu werden“, berichtet Jeremy Fernandez Ruiz.

Im Alter von acht Jahren spielte er bereits in der U12-Mannschaft der Wild Farmers. „Ich habe einen Deal mit meinen Eltern. Wenn ich keine guten Noten schreibe, muss ich das Gym streichen. Deshalb muss ich erstmal Hausaufgaben machen, wenn ich nach Hause komme“, berichtet Jeremy Fernandez Ruiz.

Vater „Patico“ trainierte von Anfang an seinen Sohn Jeremy

Seit Anfang an ist sein Vater sein Trainer – Konflikte bleiben da nicht aus. „Früher hat mein Vater immer viel mehr von mir gefordert als von den anderen. Wenn sich die anderen drei Runden eingelaufen haben und ich auch nur drei Runden gemacht habe, musste ich Strafrunden drehen“, erinnert sich der Achtklässler. Mittlerweile habe er sich mit dem Druck abgefunden. Während sich andere Jugendliche in seinem Alter mit leichteren Themen beschäftigen, schmiedet Jeremy Fernandez Ruiz konkrete Zukunftspläne.

„Ich habe mit meinen Eltern schon abgesprochen, dass ich mit 16 Jahren in die Dominikanische Republik gehe und bei meinem Onkel lebe. Mein Onkel hat schon andere Kinder rausgebracht, die jetzt in Profiligen spielen. Ich trainiere dann ein Jahr lang jeden Tag mit ihm zusammen und versuche, einen Profi-Vertrag zu bekommen. Danach ist es mein Ziel, in die MLB zu kommen“, erzählt der 14-Jährige. Einen solchen Profi-Vertrag dürfte er frühestens mit 16 Jahren unterschreiben. „Mein Vater sagt immer, von nichts kommt nichts. Nichts ist unmöglich, ich muss aber hart dafür arbeiten“, so Jeremy.

Paul Hoff möchte nach der Schule in die USA gehen und am College spielen

Paul Hoff plant, nach der Schulzeit in die USA zu gehen. „Mein Ziel ist es, in Amerika am College Baseball zu spielen. Danach möchte ich entweder zurück nach Deutschland kommen, um in der 1. Bundesliga zu spielen oder in den USA bleiben. Das ist nicht so leicht, kann aber auf jeden Fall klappen“, sagt er. Mit seinen erst 13 Jahren gehört Hoff bereits zu den längsten Spielern in der U15-Jugend-Mannschaft der Dohren Wild Farmers.

Im Januar schaffte das Duo die Nominierung für die deutsche Nationalmannschaft. Am 1. April hätte die U15-Auswahl zu einem 16-tägigen Trainingslager nach Boca Chica in der Dominikanische Republik aufbrechen sollen. Dort hätte sich die Mannschaft auf die U15-Weltmeisterschaft vorbereitet. Aufgrund der Coronavirus-Pandemie beschloss der Karibikstaat am Montag jedoch ein Einreiseverbot. Mittlerweile rät auch das Auswärtige Amt in Berlin von jeglichen Auslandsreisen ab.

Mehr als fraglich: WM-Vorbereitung in Italien und Texas war geplant

Die U15-Weltmeisterschaft soll nach derzeitigem Stand im August in Mexiko stattfinden. Weitere Stationen der WM-Vorbereitung wären ein Turnier in Italien und ein Trainingscamp in Texas in den USA. Ob sie wie geplant stattfinden können, ist aber mehr als fraglich.

Bei der Weltmeisterschaft wäre die deutsche Auswahl als Baseball-Zwerg klarer Außenseiter. „Das wird sehr hart, wenn wir zum Beispiel gegen die USA spielen müssen“, weiß Paul Hoff. Um die Reisekosten stemmen zu können, wurde Jeremy Fernandez Ruiz kreativ. Kurzerhand bat er den Arbeitgeber seines Vaters Pedro in einem Brief um Hilfe. Der 14-Jährige wurde belohnt – seit zwei Monaten übernimmt das Baugeschäft Helmut Schulz aus Hamburg-Stellingen alle Reisekosten des Nachwuchstalents. Der Eigenanteil für das Trainingslager im April in der Dominikanische Republik hätte allein 650 Euro betragen.