Dohren. Baseball-Bundesligist setzt mit mehreren Projekten die Professionalisierung fort. Ein Nachwuchsförderprogramm gehört dazu.
Fragt man David Wohlgemuth nach einem Fazit seines ersten Jahres als hauptverantwortlicher Trainer bei den Dohren Wild Farmers, muss er nicht lange überlegen: „Besser hätte es nicht laufen können. Wir sind alle ziemlich stolz auf das, was wir erreicht haben.“ Er denkt nicht nur an den Erfolg der ersten Herrenmannschaft, die erstmals in der Vereinsgeschichte die Play-offs der 1. Bundesliga erreicht hatte und erst im Viertelfinale ausschied.
Es sind auch die Erfolge des Unterbaus und der Nachwuchsabteilung, die den Verein und den ganzen Ort stolz machen. Die Zweite Herren wurde Meister in der Verbandsliga und hätte das Recht gehabt, in die 2. Bundesliga aufzusteigen. Die Schüler wurden Niedersachsenmeister und Sechster bei der deutschen Meisterschaft und auch die Jugendlichen spielen in Niedersachsen als Dritte (Freiluft) und Zweite (Halle) ganz vorn mit. Dazu nahm Jeremy Fernandez-Ruiz mit der deutschen Nationalmannschaft an der U12-Weltmeisterschaft in Taiwan teil. Und mit Paul Hoff steht ein weiteres Wild-Farmers-Talent im erweiterten Nationalkader.
Darren Lauer und Mateusz Szustek sind neu im Team
Trotz all dieser Erfolge bleiben die Baseballspieler des SV Dohren unter Leitung von Spartenleiter Bernd Sievers auf dem Boden, heutzutage sagt man wohl „demütig“. Sie wollen die Baseballwelt nicht von heute auf morgen einreißen, sie haben sich vorgenommen, Schritt für Schritt zu wachsen und im Umfeld die Voraussetzungen für langfristig hochklassigen Baseball zu schaffen. Dafür haben Bernd Sievers, David Wohlgemuth und ihre Mitstreiter mehrere Projekte angeschoben, über die sie bei der traditionellen Saisoneröffnung im Vereinsheim informierten.
Ein Projekt ist das neue Nachwuchsförderprogramm, das das Ziel hat, eigene Talente zu Bundesligaspielern zu entwickeln. „Wir müssen eine stärkere Unterscheidung zwischen Breiten- und Spitzensport machen“, sagt Wohlgemuth, „mit zwei Trainingseinheiten pro Woche können wir einen Nachwuchsspieler niemals auf Bundesliganiveau bringen.“ Im ersten Schritt sind sechs Jugendliche im Alter von 15 und 16 Jahren in das Förderprogramm aufgenommen worden. Sie werden vier bis fünf Mal pro Woche trainieren, sollen in individuellen Trainingseinheiten von den Erfahrungen der US-Amerikaner im Bundesligateam profitieren. „Natürlich müssen auch die schulischen Leistungen stimmen. Ansonsten könnten wir den Jungs nicht einen solchen Aufwand zumuten“, erklärt David Wohlgemuth. „Die, die wir gefragt haben, waren sofort Feuer und Flamme.“
Saisonziel für 2018 ist das erneute Erreichen des Play-off-Viertelfinales
Die US-Amerikaner der neuen Bundesligasaison sind Caleb Fenimore, der in der vierten Saison für Dohren spielen wird, und den Nachwuchs in Sachen Hitting (Schlagen) und Catching (Fangen) schulen wird. Neuzugang Darren Lauer wird sich in erster Linie um das Pitching (Werfen) kümmern. Der 26-Jährige hat lange in den USA und Puerto Rico gespielt. Teams aus dem Süden Deutschlands hätten Lauer empfohlen, nach Dohren zu gehen, berichtet Wohlgemuth. „Wir wollten keinen jungen Collegespieler haben, sondern jemanden, der als Pitching-Coach auch gut in unser Nachwuchsprogramm passt“, erzählt Wohlgemuth.
Gern hätten die Wild Farmers mit Jared Ney verlängert. Er hat seine Karriere allerdings beendet und ist in die USA zurückgekehrt. Eine Verletzung habe ihn zu diesem Schritt bewogen, aber auch die berufliche Situation seiner Eltern. Ney ist in deren Business eingestiegen.
Jared Ney hat seine Karriere beendet und ist zurück in den USA
Baulich sind auf der Sportanlage am Kakenstorfer Weg auch Veränderungen erkennbar. Sobald die Temperaturen klettern, soll der überdachte Schlagkäfig fertig gestellt werden. Er ist etwa 20 Meter lang, sechs Meter breit und knapp drei Meter hoch und versetzt die Dohren Wild Farmers durch seine Überdachung in die Lage, auch bei Regen und generell bei schlechtem Wetter zu trainieren. „Der überdachte Schlagkäfig war der große Wunsch von David und ist für uns ein Schritt Richtung Professionalisierung“, so Spartenleiter Bernd Sievers, der die Gesamtkosten auf etwa 15.000 Euro beziffert. Daneben ist der Neubau einer größeren Verkaufshütte, an der sich der Förderverein finanziell beteiligt, für vergleichsweise kleines Geld zu haben. „Die Verpflegung wird noch besser, damit ihr noch länger bei den Spielen bleibt“, so Sievers schmunzelnd.
Als Entscheidung der Vernunft ist der Verzicht der zweiten Herrenmannschaft auf den Aufstieg in die 2. Bundesliga anzusehen. Der Meister verlor in der gesamten Saison nur ein einziges Spiel, weil er nicht antrat. „Wir müssen auch neben dem Platz wachsen“, erklärt David Wohlgemuth den Aufstiegsverzicht, der mit einer enormen Erhöhung des organisatorischen Aufwands verbunden wäre.
Überdachter Schlagkäfig für Training bei jedem Wetter
Sollte 2018 erneut die Meisterschaft in der Verbandsliga Niedersachsen/Bremen gelingen, und das ist das klare Ziel, will man 2019 in der 2. Bundesliga Nord spielen. „Wir wollen die Zweite Herren weiter verjüngen. Mittelfristig soll es eine U23 werden, ergänzt um einen oder zwei erfahrene Spieler“, sagt der Trainer. Im Training agieren die Erste und Zweite Herren vielfach gemeinsam.
Das Saisonziel der Bundesligamannschaft ist, erneut den Einzug in die Play-offs der acht besten Mannschaften Deutschlands zu schaffen. „Wir wissen, dass wir dafür mehr machen müssen, weil das zweite Jahr immer schwieriger ist“, so Wohlgemuth. Auch habe er in vielen Gesprächen festgestellt, dass Dohren von der Konkurrenz wesentlich ernster als vor Jahresfrist genommen werde.
Neben Darren Lauer ist der polnische Nationalspieler Mateusz Szustek neu im Bundesligakader. Auch Edvardas Matusevicius aus Litauen, der eine überragende Premierensaison 2017 in Dohren hingelegt hatte, hat zugesagt. „Ed hatte riesen Angebote von anderen Vereinen und hätte viel mehr Geld verdienen können. Dazu wohnt und arbeitet er mittlerweile in Bremen und hätte auch dort 1. Bundesliga spielen können. Es ist eine große Ehre für uns, dass er trotzdem in Dohren geblieben ist.“ Schließlich konnte der Headcoach noch Pedro Fernandez-Ruiz überzeugen, seine Karriere als Spieler zu beenden und ihm künftig als Co-Trainer zur Seite zu stehen. Es scheint also alles angerichtet für eine weitere großartige Baseballsaison in Dohren.