Dohren/Taiwan. Baseballspieler Jeremy Fernandez-Ruiz aus Dohren fliegt am 28. Juli mit der Nationalmannschaft zur U12-Weltmeisterschaft nach Taiwan.
Keine zwei Wochen ist es her, dass der Dohrener Nachwuchs-Baseballer Jeremy Fernandez-Ruiz (Jahrgang 2005) von der U12-Europameisterschaft aus den Niederlanden nach Hause gekommen ist. Bei dem Turnier in Utrecht verpasste Deutschland, das als EM-Titelverteidiger gestartet war, knapp eine Medaille, verlor das Spiel um Platz drei mit 2:8 gegen Tschechien. Zuvor war die deutsche Auswahl durch einen 11:6-Sieg gegen Frankreich und einen 16:1-Kantersieg gegen Österreich in das kleine Finale eingezogen, nachdem man das Auftaktmatch gegen Gastgeber Niederlande mit 5:12 verloren hatte.
Intensiv hatte sich die U12-Nationalmannschaft auf die Europameisterschaft vorbereitet, die ersten Trainingslager und Try-outs gab es bereits im Herbst 2016. Im Frühjahr flog die Mannschaft unter anderem zu einem Vorbereitungsturnier nach Kalifornien in den USA. Zudem absolvierte das Team wenige Tage vor der EM ein mehrtägiges Trainingslager in Paderborn.
Für Jeremy Fernandez-Ruiz und seine Teamkameraden geht es bereits am Freitag dieser Woche weiter zur Weltmeisterschaft nach Taiwan. Bis zum 6. August trifft das Talent von den Dohren Wild Farmers auf Mannschaften aus der absoluten Weltspitze. So kommt es schon am ersten Spieltag der Gruppenphase zum Duell mit dem Baseball-Giganten und Vizeweltmeister 2016, den USA. Außerdem trifft das deutsche Team auf den letztmaligen WM-Dritten Südkorea, die mittelamerikanischen Baseball-Nationen Nicaragua und Panama sowie auf Australien.
„Weltmeister werden wir nicht“, bringt es David Wohlgemuth, Headcoach der Dohren Wild Farmers, nüchtern auf den Punkt. Zu stark seien die anderen Nationen, Baseball in Deutschland sei eben nur eine Randsportart.
2013 war Jeremy mit seinem Vater in der Dominikanischen Republik
Jeremy Fernandez-Ruiz ist durch seinen Vater Pedro zum Baseballsport gekommen. Der gebürtige Dominikaner spielt noch in der ersten Dohrener Herrenmannschaft, die in der 1. Bundesliga als Aufsteiger mächtig für Furore sorgt. Zunehmend fungiert Vater Pedro aber auch als Spielertrainer und Co-Trainer. 2013 war Jeremy mit seinem Vater für zwei Monate in der Dominikanischen Republik. Auf der Karibikinsel trainierte er jeden Tag, erreichte ein neues Niveau und setzte sich das Ziel, eines Tages in der Nationalmannschaft spielen zu wollen.
In der Dominikanischen Republik hat Baseball einen ähnlichen Stellenwert wie Fußball in Deutschland. Wenig überraschend also, dass Pedro Fernandez-Ruiz seinen Sohn Jeremy im zarten Alter von sechs Jahren mit zu den Wild Farmers nahm. Als Achtjähriger spielte das Talent schon in der U12, mit zehn Jahren avancierte er endgültig zum Leistungsträger und Stammspieler. Die U12-Mannschaft der Dohren Wild Farmers steht in der Niedersachsenliga, der höchstmöglichen Spielklasse dieser Altersstufe, punktgleich mit dem Tabellenführer Hannover Regents auf dem zweiten Platz. Am 20. August kommt es in Dohren zum vorentscheidenden Spitzenspiel um die Meisterschaft.
„Jeremy hat das Potenzial, später in die erste Mannschaft zu kommen“, sagt Headcoach Wohlgemuth. Die nordamerikanische Profiliga MLB als Karriereziel auszurufen, sieht er eher kritisch, die qualitative Lücke zwischen der deutschen Baseball-Bundesliga und der Major League Baseball sei immens. „Aber in dem Alter darf man noch träumen“, sagt der Wild-Farmers-Trainer.
Aktuell ist der Berliner Max Kepler der einzige deutsche Profi, der regelmäßig in der ersten Mannschaft eines MLB-Teams zum Einsatz kommt. Der 23-Jährige steht bei den Minnesota Twins unter Vertrag und stieg in der vergangenen Saison zum Stammspieler auf. Weitere Deutsche wie Pascal Amon (19), Sven Schüller (21, beide Los Angeles Dodgers) und Nadir Ljatifi (19, Cincinnati Reds) gelten zwar als große Talente, konnten sich bisher aber nicht in den ersten Mannschaften durchsetzen und werden nur bei Farmteams in unteren Ligen, den sogenannten Minor Leagues, eingesetzt.
Schon als Sechsjähriger ging Jeremy zum Baseball-Training
Den Sprung in die Nationalmannschaft schaffte Jeremy Fernandez-Ruiz auch deshalb, weil er gemeinsam mit seinem Vater durch ganz Deutschland, mehrheitlich Süddeutschland, zu allen Sichtungsrunden der Baseball-Nationalmannschaft fuhr und die Trainer schließlich überzeugte. Zuerst auf regionaler Ebene, später in immer kleiner werdenden Kadern wusste sich der Dohrener Nachwuchsspieler stets anzubieten und gut zu präsentieren. David Wohlgemuth bestätigt: „Jeremy gehört zu den Leistungsträgern in der Mannschaft und zu den besten seines Jahrgangs.“
Im Gegensatz zu anderen Nachwuchsspielern der U12-Nationalmannschaft, die von ihren Eltern begleitet werden, wird Jeremy Fernandez-Ruiz allein mit dem Team nach Taiwan reisen. Begleitet wird die Mannschaft von drei Trainern und einem Teambetreuer. „Wir sind sehr stolz auf Jeremy und werden ihn weiter kräftig unterstützen“, sagt sein Vater Pedro. Dass der zwölf Jahre alte Junge schon allein zu Turnieren um die ganze Welt fliegt, liege auch daran, dass er für sein Alter sehr reif sei, erklärt David Wohlgemuth. Außerdem sei ein Flug um die halbe Welt, im aktuellen Fall nach Taiwan, für die Eltern alles andere als günstig.
Auch wenn die bevorstehende Weltmeisterschaft für die deutsche Mannschaft aller Voraussicht nach nicht auf einem der vorderen Plätze enden wird, trägt die Reise nach Fernost einen erheblichen Teil zur Entwicklung der jungen Spieler bei. Und wer weiß – vielleicht sitzt während der WM-Spiele neben den Zuschauern auch ein Scout eines namhaften MLB-Teams auf der Tribüne und notiert sich den Namen Jeremy Fernandez-Ruiz.