Harburg. Anfrage in der Bürgerschaft ergab: für die Ausweichstrecken der Großbaustelle gab es keine Verkehrsuntersuchung. Abgeordneter empört

Ab 2025 wird die Bremer Straße neu gebaut. Geplant ist das schon länger. Die Umleitungsstrecken sind ebenfalls schon ausgeguckt. Der Bürgerschaftsabgeordnete André Trepoll (CDU) fand jetzt heraus: Eine Untersuchung, ob die Winsener Straße und die B73 den Ausweichverkehr aushalten, hat es nie gegeben. Er kritisiert das scharf. Er befürchtet ein weiteres Stau-Chaos in Harburg.

Dass die Bremer Straße bis in die Tiefe verschlissen ist und von Grund auf saniert werden muss, wissen die Harburger schon lange. Bereits bei der Neugestaltung des „Friedhofsknotens“ vor neun Jahren war diese Erkenntnis gereift und verkündet worden. Schon 2017 wurden erste Pläne vorgelegt und angekündigt, sie 2020 umzusetzen, sobald man mit dem Ehestorfer Heuweg fertig sei.

Großbaustelle in Harburg: Genügend Zeit zur Planung gab es eigentlich

Dass der Heuweg etwas länger brauchte, ist mittlerweile ein Fall für die Harburger Geschichtsbücher und als er fertig war, standen der Radikalkur für die Bremer Straße andere Baumaßnahmen im Weg. Genügend Zeit zur Planung gab es also. André Trepoll kritisiert deshalb umso schärfer, dass es kein fundiertes Umleitungskonzept für die Bauzeit gibt.

Diese Erkenntnis hat er auf die klassische Art gewonnen, die Oppositionsabgeordnete in der Bürgerschaft dazu anwenden: Er hat eine Anfrage an den Senat gestellt. Üblicherweise geschieht das in der Absicht, Sachverhalte herauszufinden, anhand derer man die Politik des Senats kritisieren kann. Das ist nicht so verwerflich, wie es klingt, sondern geradezu Aufgabe der Opposition in einem Parlament.

Täglich nutzen 20.000 Autos, Lastwagen und Busse die Bremer Straße

Begonnen wird mit der Bremer Straße bereits in wenigen Wochen. Hamburg Wasser wird dann einige Leitungen neu legen, damit sie im kommenden Jahr schon so liegen, dass sie leicht geänderten Straßenverlauf angepasst sind. Dafür ist aus Autofahrersicht zunächst aber nur eine Einengung der Fahrbahn nötig und im Herbst zwei Baustellen mit Blockverkehr

Die Bremer Straße ist nicht nur an der Oberfläche ein Sanierungsfall, sondern bis in die tiefsten Schichten
Die Bremer Straße ist nicht nur an der Oberfläche ein Sanierungsfall, sondern bis in die tiefsten Schichten © HA | Lenthe Medien

Ganz unproblematisch wird schon das nicht: Täglich nutzen 20.000 Autos, Lastwagen und Busse die Bremer Straße, die nicht nur als Durchfahrtstrecke für Umlandpendler, sondern auch für den intraurbanen Berufsverkehr eine wichtige Sammelstraße ist. Auch die Teilsperrungen beim Umbau des Friedhofsknotens führten gelegentlich zu langen Rückstaus.

Ein Großteil der Fahrer dürfte über die B73 ausweichen

Während die Bremer Straße 2025 neu gebaut wird, soll sie weiterhin als Einbahnstraße stadtauswärts nutzbar sein. Die Hälfte der 20.000 Fahrten könnte also weiterhin hier stattfinden. Doch auch die 10.000 Fahrten stadteinwärts sind nicht unproblematisch zu verteilen, zumal der morgendliche Berufsverkehr sich in einem kürzeren Zeitfenster konzentriert, als der Feierabendverkehr.

Ein Großteil der Fahrer dürfte über die B73 ausweichen, deutlich weniger über die Winsener Straße. Die B73 ist für die Pendler aus dem westlichen Landkreis über die Autobahn besser zu erreichen und die aus dem östlichen Landkreis nutzen ohnehin schon die Winsener Straße. Im Bereich der A7-Anschlussstelle Heimfeld wurden auf der B73 zuletzt 32.000 Fahrzeuge täglich gezählt.

Diese Zahl hat jedoch einige Haken: Die neuesten im Geoportal der Freien und Hansestadt dargestellten Daten stammen aus dem Jahr 2019, bevor die Autobahnausfahrt Hausbruch gesperrt wurde und Heimfeld und die B73 den meisten Verkehre von dort zusätzlich aufnahmen; die Zählstelle befindet sich auf der stadtauswärtigen Seite der Ausfahrt und die angegebene Zahl ist der ganzwöchige Durchschnitts-Tagewert und nicht der üblicherweise deutlich höhere werktägliche Durchschnitt. Eine genauere Untersuchung hätte sich also angeboten.

Genau das ist aber unterblieben: „Es gibt für die Ausweichverkehre dieser Maßnahme keine gezielten Untersuchungen oder Berechnungen. Es steht ein leistungsfähiges Straßennetz innerhalb Harburgs sowie durch die Bundesstraße B73 zur Verfügung“, lautet die Antwort des Senats auf die entsprechende Frage Trepolls.

Eigentlich sollte die Sanierung der Bremer Straße noch weiter warten

„Was da auf Harburg zurollt, ist dem Senat kein genaueres Hinsehen wert“, beschwert sich Trepoll. „Es gibt für die Ausweichverkehre dieser Maßnahme keine gezielten Untersuchungen oder Berechnungen. Außerdem sind Niedersachsen und die Umlandgemeinden ebenfalls noch nicht in die Abstimmung der Baumaßnahme eingebunden. Es ist erschreckend, wie Rot-Grün hier ausschließlich auf das Prinzip Hoffnung setzt!“

Eigentlich sollte die Sanierung der Bremer Straße noch weiter warten, nämlich, bis der „Doppelknoten“ genannte Kreuzungskomplex am Bahnhof endgültig fertiggestellt ist. Nach der Vorstellung der Pläne für die Bremer Straße befürchteten viele Harburger Politiker, dass die beiden Großbaustellen nun parallel laufen und Harburg so ins tiefste Chaos stürzen würden. Da hatte sich der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) missverständlich ausgedrückt, als er von einem „Zeitfenster, dass sich durch die Verzögerung am Busbahnhof ergab“ sprach.

Am Nordteil der Sanierungsstrecke sollen die Parkplätze zu Gunsten einer Fahrradstraße drastisch reduziert werden.
Am Nordteil der Sanierungsstrecke sollen die Parkplätze zu Gunsten einer Fahrradstraße drastisch reduziert werden. © HA | Lars Hansen

Dort ist die Hochbahn nämlich nur sechs Monate aus ihrem Zeitplan. Zahlreiche Politiker gingen deshalb davon aus, dass auch die gesamte „Doppelknoten“-Maßnahme damit nur sechs Monate Verzögerung hat. Das ist nicht der Fall. Weil aufgrund der ZOB-Verzögerung ganz neu geplant werden musste, wird am Doppelknoten nur noch bis zur Moorstraße heran gebaut. Damit wären vier von neun Bauphasen abgehakt.

Thema Bremer Straße

Die weiteren fünf können aber erst 2027 anschließen. Die Sanierung der Bremer Straße hätte sich damit bis 2029 verschoben. Solange, fürchtet man beim LSBG, hält sie aber nicht mehr durch. Der Sanierungsbedarf ist sehr dringend. Also quetschte der LSBG die Bremer Straße in die enge Zeitlücke der Doppelknoten-Baustelle und muss nun aber auch zusehen, dass er pünktlich fertig ist. Damit hatte der LSBG in der Vergangenheit Probleme.

Trepoll kritisiert auch den Wegfall von 131 Parkplätzen durch die Sanierung

Trepoll kritisiert auch den Wegfall von 131 Parkplätzen durch die Sanierung: „Eine bittere Bilanz, denn der Parkdruck und der unnütze Parkplatzsuchverkehr wird dadurch deutlich zunehmen“, wettert Trepoll. „Das Autofahren so unattraktiv wie möglich machen, ist erklärtes Ziel des Senats!“