Harburg. Die Ausfallstraße wird bis in die Nebenflächen hinein erneuert. Die Fahrspuren sind schmaler geplant, 28 Bäume sollen gefällt, 102 Parkplätze gestrichen werden.
Als vor zwei Jahren der „Friedhofsknoten“ zwischen Ernst-Bergeest-Weg und Am Großen Dahlen auf der Bremer Straße neu gebaut wurde, waren die Auswirkungen auf den Harburger Autoverkehr schon beträchtlich. Eine lange Teilsperrung der Bremer Straße mit Ein-Richtungs-Verkehr sowie einige kurze Vollsperrungen ließen die Autofahrer auf die anderen Hauptstraßen ausweichen.
Diese ächzten unter dem Zusatzverkehr, denn an normalen Tagen benutzen immerhin durchschnittlich 26.000 Autofahrer die Bremer Straße. Die Sanierung des Friedhofsknotens war allerdings nur ein Vorgeschmack auf das, was die Harburger ab 2020 erwartet: Die Komplettsanierung der Bremer Straße und der Hohen Straße zwischen Sunderweg und Harburger Umgehung.
Die ersten Planungen hat der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) jetzt dem Bezirksamt und der Kommunalpolitik zur Stellungnahme vorgelegt. Am Donnerstag wird sich der Verkehrsausschuss der Bezirksversammlung damit befassen.
In ihrer jetzigen Form bergen die Pläne des LSBG reichlich Konfliktpotenzial: Die Straßenentwässerung ist noch nicht geklärt, der historische Baumbestand am oberen Ende der Bremer Straße wird vom LSBG nicht so wichtig genommen wie von den Beamten der Abteilung Stadtgrün des Harburger Bezirksamts und vor allem sollen entlang des etwa drei Kilometer langen Planungsabschnitts 102 der bislang 250 Parkplätze entfallen.
Ziel der LSBG-Planer ist es nämlich nicht nur, die Fahrbahn komplett zu erneuern, sondern auch die Nebenflächen der Bremer Straße – also Grünstreifen, Radwege, Parkplätze und Fußgängerwege zu modernisieren. Der LSBG hat die Straße in Augenschein genommen und in allen Bereichen Mängel festgestellt. Die Fahrbahn weist Belastungsrisse auf und ihr Unterbau ist unzureichend.
Die Geh- und Radwege „weisen im nahezu gesamten Planungsbereich keine ausreichenden Breiten auf“, heißt es in den Erläuterungen zum Plan. Platz wäre eigentlich vorhanden, denn die Bestandsaufnahme des LSBG ergibt auch, dass die Nebenflächen nirgendwo unter fünf Meter Breite aufweisen, an einigen Stellen sogar über zehn Meter breit sind.
Nach den Vorstellungen des LSBG sollen die Nebenflächen sogar noch breiter werden, denn die Fahrbahn wird abgespeckt, von derzeit neun auf sieben Meter Breite. Pro Fahrspur stünden dann noch 3,50 Meter zur Verfügung. LKW und HVV-Busse sind circa 2,50 Meter breit. Die schmaleren Fahrbahnen zu benutzen, ist für Trucker und Busfahrer zwar noch möglich, mit nur noch einem halben Meter Sicherheitsabstand zu jeder Seite jedoch sehr viel anstrengender, als bislang.
Bislang beträgt der Schwerlastverkehranteil auf der Bremer Straße 8 Prozent. Auch das ist ein Grund, schreiben die Planer, warum sie durchgängig ausreichend breite Radwege in den Nebenflächen führen wollen. „Die derzeitigen Radwege sind nicht benutzungspflichtig“ heißt es im Papier, „deshalb wäre Mischverkehr auf der Bremer Straße denkbar, aber wegen des Schwerverkehrs nur geübten und sicheren Radfahrern zuzumuten.“
Gerade im am meisten befahrenen Bereich der Bremer Straße zwischen Eißendorfer Mühlenweg und der Straßengabelung zur Hohen Straße sollen die Radfahrer auf einer Fahrradstraße hinter den Schrägparkbuchten entlang geführt werden. Auch die Schrägparkbuchten sollen über diesen Nebenweg angefahren werden. Um die Unfallgefahr dabei zu reduzieren, sollen hier 40 von bislang 80 Stellplätzen durch Grünflächen ersetzt werden.
Damit ist Anwohnerärger schon jetzt abzusehen: Dieser Abschnitt der Planstrecke ist nicht nur der meistbefahrene, sondern auch der am dichtesten besiedelte. Hier finden sich auf beiden Seiten Mehrfamilienhäuser und direkt an der Gabelung sollen demnächst noch hunderte neue Wohnungen entstehen.
Aus der Kommunalpolitik regt sich deshalb erster Widerstand: „Ich sehe den Wegfall von insgesamt 102 Parkplätzen sehr kritisch“, sagt Rainer Bliefernicht (CDU), Vorsitzender des Verkehrsausschusses. „Zumindest meine Fraktion wird sich dagegen aussprechen!“
Das Bezirksamt hat bereits Stellung genommen. Zu den Parkplätzen äußern sich die Harburger Beamten nicht. Trotzdem lehnen sie die vorliegenden Pläne ab. Sie seien zum Teil widersprüchlich, der Natur- und Gewässerschutz sei nicht ausreichend berücksichtigt und vor allen Dingen sollen 28 zum Teil über 100 Jahre alte Bäume gefällt werden.
Zwar plant der LSBG, dreimal so viele neu zu pflanzen, aber das sei kein Ersatz. „Diese Bäume sind ortsbildprägend und die Neupflanzungen kompensieren ihren Verlust nicht“, schreibt Harburgs Baudezernent Jörg Heinrich Penner.
Verschickung
Die Pläne des LSBG für die Sanierung der Bremer Straße sind weit davon entfernt, endgültig zu sein. Sie können noch mehrfach nachgebessert werden. Bei dem vorliegenden Papier handelt es sich um die so genannte „erste Verschickung“, die an alle versandt wird, die an der Planung beteiligt werden müssen, in diesem Fall das Bezirksamt und die Bezirksversammlung Harburg.
Allein 10 Fachabteilungen oder Fachämter der Harburger Verwaltung wurden um ihre Meinung gebeten. Diese Stellungnahmen sowie die der Bezirksversammlung müssen die Planer jetzt berücksichtigen, wenn sie die Pläne überarbeiten.
Es folgt eine zweite Verschickung, die ebenfalls noch einmal kommentiert werden kann, sowie eine endgültige Verschickung. Diese Prozeduren können sich über mehrere Monate erstrecken und sollen sicherstellen, dass bei den Planungen weder sachliche noch formale oder juristische Fehler begangen werden.