Wilstorf. Wo sich schon Gymnasium und Stadtteilschule ein Gelände teilen, sollen ab 2027 auch Vor- und Grundschüler lernen. Kritik wird laut.
War da mal was mit demografischem Wandel? Zumindest in Hamburg steigt die Zahl der Kinder und damit der Bedarf an Schulen seit Jahren steil. Platz, diese zu bauen, gibt es immer weniger und die Schulbehörde konkurriert um solche Flächen auch noch mit dem Wohnungsbau, dem steigenden Bedarf an anderer Infrastruktur sowie dem Wunsch nach Gewerbeflächen. Die aus dem Wohnungsbau als „Nachverdichtung“ bekannte Strategie, den vorhandenen Platz einfach intensiver zu nutzen, zieht auch in den Schulbau ein.
Neuer Megacampus: Fast 2700 Schülerinnen und Schüler zwischen 5 und 19 Jahren
Jüngstes Beispiel: Wo jetzt noch der Sportplatz Hanhoopsfeld ist, soll bis 2027 eine neue Grundschule gebaut werden. Auf dem Gelände daneben befinden bereits das Alexander-von-Humboldt-Gymnasium und die Lessing-Stadtteilschule. Beide wachsen selbst noch; das Gymnasium um 160, die Stadtteilschule um 200 Schüler über die nächsten Jahrgänge. Zusammen mit der 230 Schüler kleinen Grundschule entsteht am Ende ein Campus für fast 2700 Schülerinnen und Schüler zwischen 5 und 19 Jahren. Die CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Birgit Stöver kritisiert diese Pläne als Gigantomanie. Alternativen nennt sie allerdings nicht.
Die Elternräte der beiden bestehenden Schulen wurden Mitte Dezember informiert – nicht nur über die geplante neue Grundschule, sondern auch über umfangreiche Baupläne für die Erweiterung von AvH und Lessingschule. Birgit Stöver nahm das zum Anlas für eine kleine Anfrage in der Bürgerschaft. Die wurde nun beantwortet
Der Bau der neuen Grundschule wird nach aktuellem Planungsstand voraussichtlich im dritten Quartal 2025 beginnen und im dritten Quartal 2027 fertiggestellt sein. Der konkrete Planungsprozess beginnt in diesen Wochen.
„Das Schülerwachstum in Harburg ist erfreulich, denn es verjüngt den Stadtteil“, sagt Stöver. „Dennoch sollte bei der Verteilung der Schülerinnen und Schüler mit Bedacht vorgegangen werden; sehr große Schulstandorte sind immer auch mit Konflikten verbunden. Dass Harburg eine zusätzliche Grundschule benötigt, war aufgrund der deutlichen Steigerung der Schülerzahlen in Harburg klar und bereits im Schulentwicklungsplan 2019 vermerkt. Ich hätte mir aber einen anderen Standort für die Neugründung der Grundschule gewünscht.“
Der nun gewählte Standort sei weder mit der Bezirkspolitik noch auf Bürgerschaftsebene vorgestellt und diskutiert worden, so Stöver. „Noch dazu soll für den Neubau der Schulsportplatz weichen. Das ist aus meiner Sicht in der heutigen Zeit das falsche Signal. Schon jetzt gibt es nicht genug Sport- und Bolzplätze für die Kinder und Jugendlichen.“
CDU setzt sich schon länger für eine exklusive Binnenhafen-Grundschule in Harburg ein
Auch der Wilstorfer Bezirksabgeordnete Michael Schäfer kritisiert die Standortwahl für die neue Schule. „Es ist doch so, dass die meisten Eltern verständlicherweise kleine, behütete Grundschulen für ihre Kinder bevorzugen“, sagt er. „Gerade jüngeren Kindern fällt es an kleinen Standorten leichter, sich zu orientieren und eine Zugehörigkeit zu entwickeln. Der jetzt vorgesehene Standort ist dafür denkbar ungünstig. Konflikte sind bei so riesigen Schulgemeinschaften gar nicht zu verhindern. Eine Grundschule ist da völlig fehl am Platz.“
Ein alternativer Standort wäre eine Fläche im Binnenhafen oder im Quartier zwischen Hohe Straße und Rote-Kreuz-Straße sowie eine Erweiterung der Schule Kapellenweg gewesen, so Schäfer. Für eine Grundschule im Binnenhafen setzt sich die CDU – als einzige Partei in Harburg – schon länger ein. Die Schulbehörde lehnte dies ab, denn es gibt im Binnenhafenquartier laut Behörde zu wenig Kinder. Flächen gäbe es dort ohnehin nicht.
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Die Erweiterung der Schulen um ein 18 Räume großes Klassenhaus für die weiterführenden Schulen sowie um den Neubau der Grundschule wird auch eine logistische Herausforderung darstellen: Der bisherige Hauptzugang zum AvH an der Rönneburger Straße wird zur Baustraße und für Schüler, Lehrer und Eltern gesperrt. Einziger Zugang ist dann der Lessing-Eingang am Hanhoopsfeld. Der wird derzeit schon von vielen AvH-Schülern mitgenutzt, denn eine Bushaltestelle in der Rönneburger Straße wird es erst in einigen Jahren geben.