Harburg. Der Stadtteil hat eine große Spielstätte. Doch Uraufführungen gab es hier seit Jahren nicht. Ein Charity-Bankett soll das ändern.

Das Harburger Theater hat Saison für Saison einen vollen Spielplan. Wirklich Neues suchte man darauf in den letzten Jahren allerdings vergebens: Verbund-Intendant Axel Schneider gönnte den Harburgern lediglich Wiederaufnahmen von Stücken, die bereits eine Premierensaison in den Kammerspielen oder im Altonaer Theater hinter sich hatten und danach noch eine Spielzeit im jeweils anderen Haus seines Theaterkonzerns „Stäitsch“. Das soll sich ändern, findet der Freundeskreis Harburger Theater und veranstaltet am Donnerstag ein Wohltätigkeitsbankett, um Geld für eine Premiere in der nächsten Saison zu sammeln.

Uraufführung in Harburg: So geht der Freundeskreis seinen eigenen Weg um den Traum zu verwirklichen

Dass es in Harburg keine echten Premieren gibt, hatten viele Menschen im Hamburger Süden; Politiker, Geschäftsleute und auch der Freundeskreis schon häufig bemängelt. Bei der Pressekonferenz zur aktuellen Harburger Spielzeit einmal mehr nach den Gründen befragt, fand Axel Schneider deutliche Worte: In Harburg kämen zu wenig Zuschauer, als dass sich eine Premiere wirtschaftlich rechnen würde. Die Bemerkung, dass dies daran liegen könne, dass er hier keine frische Ware im Angebot hätte, ließ Schneider unkommentiert.

Der Freundeskreis Harburger Theater, der die Harburger Stadtbühne schon unterstützte, bevor Schneiders „Stäitsch“ sie als Abklingbecken ausgespielter Stücke entdeckte – ein Schicksal übrigens, welches das Harburger Theater mit dem Bergedorfer Haus teilt – geht nun einen eigenen Weg, um für das Harburger Publikum eine echte Uraufführung in den Helms-Saal zu holen. Man will eine Garantiesumme vorstrecken, um das wirtschaftliche Risiko des Harvestehuder Musenmoguls Schneider zu minimieren.

Axel Schneider wird das Stück verraten, dessen Premiere er sich eventuell in Harburg vorstellen könnte

Dafür muss Geld eingesammelt werden. Ein „Charity Dinner“ nach amerikanischem Vorbild soll dabei helfen. Es findet bereits am Donnerstagabend um 18 Uhr statt. Ort ist das Gasthaus Erhorns in Vahrendorf. Eigentlich war die Wohltätigkeitsveranstaltung bereits ausgebucht. „Weil aber sehr große Nachfrage bestand, haben wir in einen größeren Saal umgebucht“, sagt die Vorsitzende des Freundeskreises Angela Scholz. „Jetzt gibt es sogar wieder einige Restplätze.“

Bei dem dreigängigen Abendessen werden die Gäste nicht nur lukullisch, sondern auch kulturell verwöhnt. Zwischen den Gängen gibt es szenische Darbietungen von „Stäitsch“-Ensemble-Schauspielern und Axel Schneider wird das Stück verraten, dessen Premiere er sich eventuell in Harburg vorstellen könnte.

Der Schriftsteller Siegfried Lenz in seiner Wohnung in Othmarschen.
Der Schriftsteller Siegfried Lenz in seiner Wohnung in Othmarschen. © Hamburg | dpa Picture-Alliance / Jens Ressing

Soviel kann man jetzt schon wissen: Schneider plant einen Zyklus mit Stücken nach Werken des Schriftstellers Siegfried Lenz, zwischen dessen 10. Todestag am 7. Oktober 2024 und 100. Geburtstag am 17. März 2026

Diverse Werke von Lenz, der zu den meistgelesenen deutschsprachigen Schriftstellern der Nachkriegs- und Gegenwartsliteratur zählt, sind bereits für Bühne und/oder Leinwand adaptiert worden. Zuletzt machte in Hamburg die niederdeutsche Ohnsorg-Produktion „Dat Füerschipp“ nach „Das Feuerschiff“ positive Schlagzeilen und im Kino feierte die zweite Verfilmung der „Deutschstunde“ Erfolge.

Uraufführung soll in der Spielzeit 2024/25 stattfinden

Diese beiden wären also unwahrscheinlich. Aber es gibt in Lenz‘ langem Œuvre immer noch genügend andere Werke, die in der Zeitlosigkeit ihrer moralischen Dilemmata auch den modernen Zuschauern etwas zu sagen haben. „Das Gesicht“, zum Beispiel, eine 60 Jahre alte Tragikomödie, die Bezug nimmt auf Fake News, Verrat, Ausnutzung und Pflichtbewusstsein.

Der Freundeskreis möchte das Lenz-Vorhaben unterstützen und erhofft sich eine Harburg-Premiere in der Spielzeit 2024/25. „Für das Vorhaben werden aber dringend Spenden benötigt“, sagt Angela Scholz.

Freundeskreis, Bezirksamt und Kulturbehörde unterstützen die Harburger Bühne

Mit im Boot ist bereits die Sparkasse Harburg-Buxtehude, die den Lenz-Zyklus und die Premiere in Harburg schon mit 3.000 Euro unterstützt. Für weitere Spenden soll unter anderem das Charity-Dinner sorgen. Die Teilnahme selbst, inklusive Essen, ohne Getränke kostet 30 Euro. Damit tatsächlich Geld in die Premierenkasse kommt, sind Spenden nötig, die über den Teilnahmebeitrag hinausgehen. Ab 50 Euro werden Spendenquittungen ausgestellt.

Der Freundeskreis Harburger Theater e.V. hat sich im November 1996 gegründet, um das damals geschlossene Harburger Theater mit neuem Leben zu erwecken. Gemeinsam mit der Kulturbehörde und dem Bezirksamt Harburg unterstützen die Mitglieder die Spielstätte, die nach dem Krieg von dem Harburger Hans Fitze ins Leben gerufen wurde. Auch dank dieses Engagements steht heute im Museumsplatz 2 ein Theater nach neustem Standard plus ein Restaurant, das ein beliebter Harburger Treffpunkt ist.

„Ohne viel Engagement, Leidenschaft für das Theater und unsere Sponsoren würden nicht bei ausverkauftem Haus die Kinder von Kindergarten bis Klassenstufe 1 bis 4 alljährlich die Reihen mit Großeltern, Eltern, Pädagogen füllen, wenn die jeweiligen Weihnachtsmärchen für zwei Altersstufen begeistern“, sagt Angela Scholz. „Neue Mitglieder sind stets willkommen.“

Anmeldung zum Dinner sind möglich unter: erika.roehrs@freenet.de oder telefonisch unter 040/7606707 an. Bitte auch mit angeben, wenn vegetarisches Essen gewünscht ist.