Harburg. „Freundeskreis Harburger Theater“ wird 25 Jahre alt. Geburtstagsfeier fällt ins Wasser. Aufgaben haben sich gewandelt

Es ist gerade nicht einfach. Ursprünglich wollte der „Freundeskreis Harburger Theater“ jetzt sein 25-jähriges Bestehen ganz groß im Sitzungssaal des Harburger Rathauses begehen. Coronabedingt musste die Feier kurzfristig abgesagt werden. Aber einfach war es auch noch nie, das Harburger Theater kritisch zu unterstützen, wie es der Freundeskreis tut.

Deshalb sucht der Verein auch neue Mitglieder – nicht nur um die Kartei dicker zu machen, sondern auch um Aufgaben zu übernehmen. Denn auch wenn die Feier – vorerst – ausfällt: Die Arbeit fällt weiter an.

Nach der Theater-Insolvenz gründete sich der Freundeskreis

Das Theater zu retten und wiederzubeleben, ist dem Freundeskreis gelungen. Dafür hatte sich der Verein seinerzeit gegründet, nachdem das Privattheater 1994 Insolvenz anmelden musste und sein langjähriger Intendant Hans Fitze sich in den Ruhestand zurückgezogen hatte. Angela Scholz und Erika Stehr waren bereits damals dabei. „Gemeinsam mit dem Bezirksamtsleiter Michael Ulrich, seinem Nachfolger Bernhard Hellriegel und dem Leiter des Helms-Museums, Ralf Busch, haben wir damals alle Hebel in Bewegung gesetzt, dass die Bühne wieder bespielt wird“, erinnert sich Angela Scholz.

Nach einem Jahr Spielpause im Helms-Saal begann zunächst das Lüneburger Theater, die Harburger Spielstätte zu bespielen und vor 17 Jahren übernahm die „Stäitsch“-Gruppe des Intendanten Axel Schneider das Haus und reihte es neben den Hamburger Kammerspielen und dem Altonaer Theater in seine Bühnen ein. Eine längere Spielpause in Harburg gab es nur 2013, als die „Stäitsch“ das Bühnenhaus komplett erneuerte.

Die Aufgaben des Vereins haben sich gewandelt. Es geht längst nicht mehr um den Erhalt des Theaters, sondern darum, die Harburger und „ihr“ Theater zusammenzubringen und miteinander verbunden zu halten. Das sei einfacher gewesen, als das Harburger Theater noch von einem Intendanten geleitet wurde, der mitten in der Harburger Innenstadt lebte. Damals brauchte es auch noch keinen Freundeskreis – obwohl man trefflich darüber spekulieren könnte, ob so ein großer Kreis von Förderern seinerzeit vielleicht die Insolvenz des Fitze-Theaters hätte abwenden können und man noch trefflicher darüber sinnieren könnte, wie so ein Freundeskreis wohl mit dem für seinen Starrsinn legendären Fitze zurechtgekommen wäre.

Ziel: Möglichst viele Menschen für das Theater begeistern

„Wir wollen viele Menschen für das Theater begeistern, bei Kindern und Jugendlichen Kulturinteresse wecken und fördern und Unternehmen und Privatleute als Förderer und Sponsoren für das Theater gewinnen“, sagt Angela Scholz. „Außerdem sind wir mit anderen Theater- und Kultureinrichtungen vernetzt, um das kulturelle Leben in und um Harburg zu intensivieren. So tragen wir dazu bei, dass hier ein qualitativ hochwertiges Theaterprogramm mit guten Schauspielern aufrechterhalten werden kann.“

Die „Stäitsch“-Gruppe bespielt das Harburger Theater im Herbst und Winter mit jährlich sechs dramatischen Produktionen, die je sieben Mal aufgeführt werden, zwei bis drei Kinderstücken in der Adventszeit sowie einigen Comedy-Abenden. Das ist von der Menge her durchaus viel – jedenfalls in der Spielzeit – und auch die Qualität der Produktionen kann sich sehen lassen. Reibungslos ist die Zusammenarbeit mit „Stäitsch“-Intendant Axel Schneider dennoch nicht immer.

Kritik an der Verwertungskette der „Stäitsch“ bei Produktionen

Innerhalb der Bühnengruppe gibt es eine klare Verwertungskette der Produktionen und die besagt, dass das, was in Harburg auf die Bühne kommt, bereits im Vorjahr oder gar in den Vorjahren auf mindestens einer der anderen Bühnen, Altona oder Kammerspiele, gelaufen ist. So ist die gefeierte Adaptionsreihe der Kempowski-Saga in Altona schon zwei Folgen weiter als in Harburg. „Wir kämpfen sehr darum, dass auch in Harburg Premieren stattfinden, aber das ist schwierig“, so Angela Scholz. Dass Harburg von der „Stäitsch“ intensiv als Probenbühne genutzt wird, ist ein schwacher Trost.

Die Rolle des Freundeskreises ist da vielseitig: zum einen in Harburg für das Theater zu werben und zum anderen beim Theater für Harburg. Um die Harburger mit ihrem Theater verbunden zu halten, organisiert der Freundeskreis Premierenempfänge, Sonderaktionen, wie zum Beispiel die Präsentation des Theaters beim Harburger Kulturtag oder szenische Lesungen im Wildpark Schwarze Berge. Mit den Lesungen werden die Kinderstücke beworben. Mitglieder des Freundeskreises schlüpfen in Theaterkostüme und lesen an verschiedenen Stellen im Wildpark. „Darauf freue ich mich immer schon das ganze Jahr“, sagt Angela Scholz, die in ihrem aktiven Berufsleben Gemeinschaftskunde, Deutsch und Darstellendes Spiel am Immanuel-Kant-Gymnasium unterrichtete.

Freundeskreis hat rund 100 Mitglieder und möchte mehr

Neben diesem Spaß ist das Werben fürs Theater mit viel profaner Arbeit verbunden: „Wir müssen Briefe schreiben, die Homepage pflegen, unsere Veranstaltungen vorbereiten und abrechnen, das sind viele Kleinigkeiten, die sich allerdings summieren. Wenn wir das auf einige weitere Schultern verteilen könnten – vor allem auf jüngere, die mit neuer Technik routinierter umgehen – wäre das wunderbar“, sagt Erika Stehr, der als ehemaliger Apothekerin administrative Tätigkeiten und IT nicht fremd sind.

Aktuell hat der Freundeskreis rund 100 Mitglieder. Für fünf Euro monatlichem Vollbeitrag – Rentner, Schüler und Studenten zahlen deutlich weniger – erhalten sie Rabatt auf die Theaterkarten, Zutritt zu Sonderveranstaltungen und können sich einbringen. Die Jubiläumsfeier des Vereins soll übrigens nicht ganz ausfallen. Ein Ersatztermin im Frühjahr ist bereits in Planung.