Wilstorf. Blechlawine rollt seit 5 Uhr durch beschauliche Wohnstraße im Hamburger Süden. Welche Feuerwerks-Artikel besonders gefragt sind.
Die Saison ist genau drei Tage lang, nur an diesen drei Tagen darf in Deutschland Silvesterfeuerwerk verkauft werden. Da der Jahreswechsel in diesem Jahr auf einen Sonntag fällt, startet der Verkauf bereits am heutigen Donnerstag. Seit 5 Uhr wälzen sich regelrechte Blechlawinen durch den sonst beschaulichen Freudenthalweg in Wilstorf.
Seit kurz vor 6 Uhr in der Frühe sind die Türen zum Schützenvereinsheim Wilstorf geöffnet – im Inneren schlagen vor allem die Herzen der Hobbyfeuerwerker höher.
Böller-Verkauf im Süden Hamburgs: Seit 5 Uhr stehen die ersten Menschen Schlange
Rund 200 Menschen warteten teilweise seit 5 Uhr am Morgen vor dem Wilstorfer Schützenhaus, der Parkplatz ist schon eine halbe Stunde vor dem offiziellen Verkaufsstart bis auf den letzten Platz gefüllt. Während vor der Tür das Team der Bruzzelhütte die ersten Tassen Kaffee ausschenkt, tritt der Feuerwerksexperte Oliver Graetzer vor die Tür. „Damit ihr nicht unnötig warten müsst, beginnen wir schon um 5.45 Uhr“, sagt er und bittet die ersten Kundinnen und Kunden hinein.
Die stürmen regelrecht den provisorischen Verkaufsraum und die Warentresen. „Bereits seit elf Jahren organisiere ich den Feuerwerksverkauf vor Silvester in Harburg und bin jedes Jahr aufs Neue überrascht, wie viele Menschen schon um diese Uhrzeit vor der Tür warten“, sagt Graetzer.
Sein Silvesterfeuerwerksverkauf ist mittlerweile Kult und über die Grenzen Harburgs hinaus für sein gutes und qualitativ hochwertiges Sortiment bekannt.
Damit alles beim großen Feuerwerksverkauf an den letzten drei Tagen im Jahr klappt und die Kunden zufrieden sind, ist Oliver Graetzer das ganze Jahr unterwegs und sondiert den Markt. „Ich schaue mir die Feuerwerke bei Testvorführungen an, gucke nach günstigen Einkaufspreisen und setze mich zunehmend mit EU-Recht auseinander“, so der Feuerwerksverkäufer, der 362 Tage im Jahr als Angestellter arbeitet.
Viele Kunden planen ihr Silvester-Feuerwerk bereits Monate im Vorlauf
Im Schützenhaus geht es die drei Verkaufstage turbulent zu. Ein mittlerweile eingespieltes Team berät Kunden, füllt die Verkaufstresen nach und nimmt Bestellungen entgegen. Denn die größeren Verbundfeuerwerksbatterien muss man auf einem Zettel ordern, dann wird das Wunschfeuerwerk zusammengestellt.
„Viele unserer Kunden haben sich bereits auf der Website über unser Angebot informiert und planen seit Monaten ihr privates Feuerwerk. Das sind die Leute, die morgens um 5 Uhr hier stehen“, so Graetzer. Während der Chef noch Interviews für TV-Sender und Zeitungen gibt, schieben Mitarbeiter die ersten Sackkarren mit großen Kartons auf den Parkplatz.
Ein Kunde möchte für die Kinder einen Lichterzauber an den Himmel zeichnen
Der erste „Großkunde“ an diesem Donnerstag hat mit drei Freunden zusammengelegt und investiert 700 Euro in das private Lichtspektakel am Himmel. „Ich komme jedes Jahr extra aus dem Landkreis Stade. In diesem Jahr feiern wir mit 14 Personen unser Silvester, und da möchten wir, zumindest ein paar Minuten, für die Kinder einen Lichterzauber an den Himmel zeichnen“, sagt er und füllt seinen Kofferraum.
Die größte Batterie, die er an diesem Morgen gekauft hat, ist die Heisenberg mit 236 Schuss für 299 Euro – sie hat eine Brenndauer von 110 Sekunden. „Das ist schon viel Geld, aber das ist es absolut wert“, sagt der junge Mann.
„Bin dafür, reines Böllern in Wohngebieten zu verbieten“
Die Preise sind moderat gestiegen erklärt der Verkäufer. „Für mich ist buntes Feuerwerk ein Teil der Kultur und Kunst“, erklärt Graetzer sein Engagement. Schon als Kind habe er sich für Raketen und Vulkane begeistert und das Hobby zum Geschäft gemacht. Von einem generellen Feuerwerksverbot hält er nichts, sagt aber: „Ich bin dafür, reines Böllern in Wohngebieten zu verbieten“, so der Kult-Feuerwerker aus Harburg.
Das sei nur laut und verschrecke eher Menschen und Tiere, außerdem würde dies auch helfen, Ausschreitungen wie am Harburger Ring zu unterbinden. „Die Polizei könne ein Verbot schneller durchsetzen, wenn sie einen lauten Knall hört“, erklärt er. „Es wäre wünschenswert, dass man auch Feuerwerker an einen Expertentisch holt, bei dem es um Feuerwerksverbote geht.“
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Noch nie sei es so einfach gewesen, illegales Feuerwerk zu erwerben, sagen auch seine Kunden und spielen damit mehr oder weniger direkt auf den illegalen Onlinehandel und den ganzjährigen Verkauf von sogenannten Polenböllern im Herkunftsland an. Da müssten Strafen deutlich erhöht und konsequenter gehandelt werden.
Ansturm auf Böller-Verkauf in Wilstorf: Ein Sugar Daddy für 30 Euro
Im Hause Graetzer setzt man hingegen weiter auf legales und buntes Feuerwerk. Damit der Verkauf rund läuft, hilft die Familie mit. Genau wie ihr Vater, sind die Töchter Katharina und Friederike an den Tagen vor dem Jahreswechsel voll eingebunden und begeisterte Feuerwerkerinnen.
„Klar haben wir Batterien wie die Criminal Pitstop für 299 Euro, aber das ist gar nicht notwendig. Batterien mit klangvollen Namen wie Sugar Daddy oder Pulp Fiction für rund 30 Euro sind auch schon cool, und für 80 Euro bekommt man bei uns ein vollwertiges Feuerwerk“, versprechen die Schwestern.