Hamburg. Für die einen Tradition, für die anderen wegen Umwelt- und Lärmschutz nicht mehr zeitgemäß. Wird das Dom-Feuerwerk bald abgeschafft?
Rund 800 Raketenkugeln sind es, die Pyrotechniker Sven Schneider und sein Team freitags abends um 22.30 Uhr von Planten un Blomen in die Luft schießen. Und das bereits seit mehreren Jahren. Was für die einen „das absolute Highlight“, „Tradition“ oder „pure Lebensfreude“ ist, ist für die anderen nicht mehr zeitgemäß: Das Feuerwerk auf dem Hamburger Dom. Um genau zu sein, die insgesamt neun Feuerwerke pro Jahr (drei pro Dom).
Im Koalitionsvertrag von SPD und Grünen heißt es: „Die Koalitionspartner werden sich für eine allgemeine Reduzierung von Feuerwerken einsetzen. Die Stadt wird prüfen, Feuerwerke bei eigenen Veranstaltungen durch zeitgemäße, nachhaltigere Darbietungen zu ersetzen.“ Mit drei anstatt fünf Feuerwerken pro Dom hat der rot-grüne Senat dieses Vorhaben 2021 bereits umgesetzt, doch stellt sich im Hinblick auf Lärm- und Umweltschutz sowie bereits existierender Alternativen wie Laser- und Drohnenshows die Frage: Sind neun Feuerwerke pro Jahr noch zeitgemäß?
Feuerwerk Hamburg: Behörde prüft umweltfreundliche Alternativen für den Dom
Für Sascha Belli, Schausteller und Vorsitzender des Schaustellerverbands, sind die Feuerwerke „eine Tradition, an der wir Schausteller festhalten wollen“. Zum einen könnten Laser- und Drohnenshows das Gefühl eines „echten Feuerwerks“ nicht ersetzen und zum anderen sei das Feuerwerk ein wichtiger Programmpunkt auf dem Dom, der viele Besucherinnen und Besucher anziehe. Dies sei besonders in der aktuell wirtschaftlich angespannten Situation ein wichtiger Aspekt, sagt Belli.
„Ganz Hamburg weiß, wenns knallt, dann ist wieder Dom“, sagt der Schausteller. Zwar habe auch Belli, der einen Crêpestand und die Kinderachterbahn „Kuddel, der Hai“ betreibt, Verständnis für Nachbarn und Umwelt. Doch verhielten sich die Schausteller, die das Feuerwerk auch gemeinsam finanzieren, Belli zufolge mit lärmreduzierten Feuerwerkskörpern, nachhaltigem Strom, LED-Beleuchtung und Mülltrennung bereits umweltbewusst.
Hamburgs Wirtschaftsbehörde: Laser- und Drohnenshows noch zu teuer
Aus der zuständigen Wirtschaftsbehörde heißt es, dass Alternativformate bereits geprüft und erprobt worden seien, diese sich bisher jedoch nicht als gute Alternative herausgestellt hätten. „Sie sind teurer, weniger sichtbar und weniger attraktiv“, sagt Martin Helfrich, Pressesprecher der Wirtschaftsbehörde. Zudem überstiegen die Kosten für eine Lasershow die Kosten eines Feuerwerks deutlich und könnten zudem nur von einem deutlich begrenzteren Personenkreis wahrgenommen werden.
Deshalb, sagt Helfrich, prüfe die Behörde weitere Alternativen wie etwa Drohnenshows. Derzeit seien diese aber ebenfalls „noch sehr teuer und störungsanfällig“. Auch seien beim Einsatz von Drohnen hohe Sicherheitsauflagen (u.a. zum Thema Absturzgefahr) zu erfüllen, welche in dem Umfeld des Heiligengeistfelds aktuell unerfüllbar scheinen. „Eine klare Alternative, die Besucherinnen und Besucher auch als attraktiv empfinden, gibt es daher bisher nicht. Wir sind aber für neue Ideen und Anregungen offen“, sagt der Pressesprecher.
Wie Hamburger SPD zum Thema Feuerwerk steht
Dazu, wie viele Emissionen pro Feuerwerk freigesetzt werden und welche Kriterien der Reduzierung auf insgesamt neun Feuerwerke pro Jahr zugrunde gelegt worden sind, konnte die Wirtschaftsbehörde dem Abendblatt gegenüber keine Angaben machen.
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Dirk Kienscherf, Fraktionsvorsitzender der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, kann das Traditionsbewusstsein der Schausteller verstehen: „Feuerwerke auf dem Dom haben Tradition und sind für viele Menschen in Hamburg ein Highlight ihres Dombesuchs.“ Klar sei aber auch, „dass wir sehr verantwortungsvoll mit den dadurch entstehenden Belastungen für die Umwelt umgehen müssen.“ Drei anstatt fünf Feuerwerken hält Kienscherf daher für eine „sehr gute Lösung.“
Feuerwerk auf Hamburger Dom: Grüne fordern „emissionsarme Variante“
Etwas kritischer sieht Miriam Putz, wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen, die Feuerwerke: „Es ist weiterhin das Ziel dieser Koalition, das klassische Feuerwerk bei stadteigenen Events durch eine zeitgemäße Variante zu ersetzen. Bei kommerziellen Veranstaltungen wie dem Dom oder dem großen Silvesterfeuerwerk am Hafen ist die Lärm- und Umweltbelastung zweifelsohne immens, die Einführung einer emissionsarmen Variante wäre daher definitiv notwendig und verantwortungsbewusst.“ Die endgültige Umsetzung emissionsarmer Feuerwerke erfordere letztlich „Zeit, Geld und gute Planung“.
Und genau das fehle den Regierungsfraktionen, findet Stephan Jersch, umweltpolitischer Sprecher der Linken-Fraktion: „Im Koalitionsvertrag haben SPD und Grüne beschlossen, dass die Stadt bei eigenen Veranstaltungen zeitgemäße Alternativen zu Feuerwerken prüfen soll – leider steht das bisher nur auf dem Papier.“ Dem Linken-Politiker zufolge sind Feuerwerke „ein Anachronismus. Sie sorgen für hohe Feinstaubemissionen, viele Menschen und Tiere in der Umgebung leiden unter dem Lärm.“ Jersch fordert deshalb stille Feuerwerke, Illuminationen oder Lasershows.
CDU lehnt Abschaffung des Feuerwerks ab: „Nicht den Menschen alles nehmen, was Spaß macht“
Dennis Thering, Fraktionsvorsitzender der CDU-Fraktion Hamburg, sieht jedoch bereits die Reduzierung der Anzahl der Feuerwerke als problematisch an. „Das Feuerwerk auf dem Hamburger Dom ist eine Tradition, über die sich Besucher seit vielen Jahren jeden Freitag um 22 Uhr freuen.“ Die Reduzierung auf nur noch drei Freitage oder gar eine komplette Abschaffung dieser Feuerwerkstradition auf dem Dom lehnt die CDU-Fraktion daher ab. „Man kann den Menschen unter dem Deckmantel des Klimaschutzes nicht alles nehmen, was Spaß macht!“
Auch die FDP-Bürgerschaftsabgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein betrachtet ein Feuerwerksverbot als „unverhältnismäßig“. „Schon die Reduzierung der Feuerwerke leistet nur einen sehr geringen Beitrag zum Kampf gegen den Klimawandel, schadet Schaustellern und Veranstaltern aber sehr.“