Neugraben-Fischbek. Gymnasium aus dem Hamburger Süden gewinnt Deutschland-Wettbewerb – und vierstelliges Preisgeld. Welches Erfolgsrezept dahintersteckt.
Überrascht und gleichzeitig erfreut blickt Constantin Gruhn auf die vergangenen Tage zurück. Am Gymnasium Süderelbe betätigt er sich als Musiklehrer, gleichzeitig ist er Dirigent des dortigen Schulorchesters. Dank eines besonderen Konzepts ist es der Schule am 1. Dezember gelungen, den Hauptpreis des neuen Wettbewerbs „Schulorchester stärken“ zu gewinnen. Nun erwartet das Hamburger Gymnasium ein Preisgeld in Höhe von 4000 Euro.
Schulorchestern fördern gleichberechtigten Zugang zu musikalischer Bildung
Der Bundesverband Musikunterricht (BMU) und die Deutsche Orchester-Stiftung (DO-S) haben den neuen Wettbewerb „Schulorchester stärken“ ins Leben gerufen. Und das nicht ohne Grund. Andreas Bausdorf, Geschäftsführer der DO-S, erklärt: „Als Stiftung ist es uns ein besonderes Anliegen, die wichtige Rolle von Schulorchestern für den gleichberechtigten Zugang von Kindern und Jugendlichen zu musikalischer Bildung zu würdigen.“ Ziel sei es, Schulen mit besonders innovativer und nachhaltiger Orchesterarbeit auszuzeichnen – so auch das Gymnasium Süderelbe, das den ersten Platz belegt. Was steckt dahinter?
Am Gymnasium Süderelbe beginnt alles mit dem Musikkarussell
Am Gymnasium Süderelbe beginnt alles mit dem Musikkarussell, erklärt Constantin Gruhn, Musiklehrer und Orchesterdirigent. Zu Beginn der fünften Klasse lernen Schülerinnen und Schüler in dieser achtwöchigen Schnupperphase sämtliche Angebote kennen, Talente werden frühzeitig erkannt.
Anschließend ist der Eintritt in die Bläser- oder Streicherklasse möglich. Hier kooperiert das Gymnasium mit der Musikschule Lepél und der Staatlichen Jugendmusikschule. Falls Familien das Geld für den teils privat finanzierten Instrumentalunterricht fehlt, so Gruhn, helfe die Schule aus: Bedürftige erhalten dann einen Nachlass bis hin zur vollständigen Kostenübernahme. Falls nötig, können auch Instrumente ausgeliehen werden.
Bigband, Chor oder Orchester – verstärkte Arbeit in Ensembles
Neben der Bigband oder dem Chor wenden Schülerinnen und Schüler ihre instrumentalen Fähigkeiten wahlweise im Orchester an. Alle Jahrgangsstufen können das Orchester als AG oder festen Kurs belegen. Mit Streichern und Bläsern wird dann Klassik, Film- oder Popmusik gespielt. Der Dirigent weist dabei auf eine Besonderheit hin: „Wir verfolgen ein spezielles Coaching-Konzept – jüngere Musizierende können einen älteren Schüler als Coach auswählen, der ihnen beim Üben hilft.“ Dies sei eine besondere Stütze der musikalischen Entwicklung.
Musiklehrer betont: Erfolgsrezept besteht aus vielen Kleinigkeiten
Diese Coaching-Idee allein könne eine nachhaltige musikalische Förderung allerdings nicht garantieren, meint Gruhn. Vielmehr sei es eine „Summe aus Vielem“, was zum Preisgewinn beigetragen habe. Er betont: „Sowohl die Zusammenarbeit mit den Musikschulen als auch die schulinterne Unterstützung sind wichtig für unsere Entwicklung.“ Auch das anfängliche Musikkarussell spiele eine große Rolle. So erhalte jedes Kind die Chance, musikalisch und individuell gefördert zu werden. Die Zusammenarbeit mit den Eltern sei ebenso von Bedeutung – nur dann könne etwas „Ganzes“ entstehen, erläutert Gruhn.
Aber leichter gesagt als getan: Nicht alles verläuft immer reibungslos, gibt der Musiklehrer zu. Insbesondere in den unteren Klassenstufen sei die musikalische Förderung eine besondere Herausforderung: „Viele Kinder haben es zum Glück nicht besonders schwer. Auf der anderen Seite gibt es dennoch vereinzelt Kinder, die beispielsweise von zu Hause keine große Unterstützung bekommen oder Motivationsschwierigkeiten haben. Da sind wir umso mehr gefragt.“ Die kontinuierliche Arbeit zahle sich aus, Gruhn spricht von „positivem Stress“.
Gymnasium Süderelbe sticht heraus – Arbeit wird gewürdigt
Dass einige Schulen bereits ein ähnliches Konzept verfolgen, bestätigt Georg Biegholdt, Präsident des BMU. Gleichzeitig bekräftigt er: „Das Gymnasium Süderelbe geht diesen Weg besonders konsequent und erhält daher den Preis.“ In einer Pressemitteilung heißt es diesbezüglich: „Ausgezeichnet wird hier ein nachhaltiges musikpädagogisches Engagement, welches den Schülerinnen und Schülern unterschiedliche musikalische Erfahrungen, Partizipation, soziale Teilhabe und individuelle Entwicklung ermöglicht.“
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Mit dem Hauptgewinn winkt dem Gymnasium Süderelbe nun nicht nur Ruhm und Ehre, sondern ebenso eine finanzielle Belohnung von 4000 Euro. Was damit geschieht, ist allerdings noch unklar. Wichtig sei dem Kollegium, dass die Summe „etwas Besonderem“ zugutekomme, merkt Gruhn an. Das Preisgeld sei ohnehin zweitrangig, die Auszeichnung an sich bedeute weitaus mehr. So verdeutlicht er: „Der Gewinn ist ein positives Signal – unsere Schülerinnen und Schüler fühlen sich unterstützt und gestärkt. Das ist das Wichtigste.“