Harburg. Neues Mobilitätskonzept könnte Heimfelds Mitte radikal verändern. Abbiegesperren, Parkgebühren, Quartiersgaragen und Durchfahrverbote.
Es sind Vorschläge und Konzepte, die das Wohnen und den Verkehr in Heimfeld gänzlich verändern würden: Nach dem lange zurückliegenden Auftrag der Bezirksversammlung an die Verwaltung, sich etwas einfallen zu lassen für die chaotische Parkplatzsituation in den dichter besiedelten Stadtteilen Harburgs, gibt es jetzt radikale Ideen. Jenem rot-grünen Antrag von 2020 folgte 2022 ein weiterer, speziell für das Umfeld der Technischen Universität. Mittlerweile ist der zweite Antrag so gut wie abgearbeitet: Das „Mobilitätskonzept Heimfeld und Eißendorf“ steht kurz vor der Veröffentlichung. Wer aber erwartet hatte, dass es fortan leichter würde, in den Quartieren in TU-Nähe einen Parkplatz zu finden, irrt. Öffentliche Parkplätze im Viertel werden rarer und sie werden kostenpflichtig. Insgesamt soll es weniger Autoverkehr geben. Der radikalste Vorschlag: Die Hauptdurchfahrt, die Verbindung Alter Postweg-Heimfelder Straße, soll für den Privatverkehr gesperrt werden.
Vorschlag für Heimfeld: Autofreies oder zumindest „autoarmes“ Wohnen.
Das hängt im Wesentlichen mit dem zweiten Antrag zusammen, der im Januar 2022 noch unter Corona-Bedingungen in einer Online-Ausschusssitzung durchgewunken wurde: „Das Wohnquartier rund um die TU Hamburg weist sehr gute Bedingungen für autoarmes oder -freies Wohnen auf. Alle Einrichtungen des täglichen Bedarfes sowie leistungsfähige Verbindungen per Bus, Bahn und Fahrrad ermöglichen den weitgehenden Verzicht auf private PKW-Nutzung“, heißt es in der Begründung des Antrages. Damit waren die Rahmenbedingungen für das Parkraumkonzept zumindest hier neu gesetzt. Eingebracht hatten den Antrag Grüne und SPD auf Betreiben der Grünen-Fraktion.
Beim Thema Parken setzen die Vorschläge von „Mociety“ stark auf Quartiersgaragen
Das Bezirksamt hatte das Wiesbadener Büro „Mocietey“ mit dem Konzept beauftragt. Das hatte ab Sommer 2022 in mehreren Beteiligungsrunden – online, in Workshops und bei Quartiersrundgängen – sowie mit wissenschaftlichen Erhebungen ein Bild der Lage und der Stimmung erstellt und daraus Vorschläge erarbeitet. Was bei den Beteiligungen auffiel: Offensichtlich „grüne“ Klientel war in diesen Foren sehr stark vertreten. Andererseits kann man aber auch nicht behaupten, dass die Veranstaltungen – vor allem in den betroffenen Quartieren – nicht bekannt gewesen wären.
Beim Thema Parken setzen die Vorschläge von „Mociety“ stark auf Quartiersgaragen. Zum einen soll die von Studenten und Personal wenig genutzte Garage der Technischen Universität so ertüchtigt werden, dass auch Anlieger hier günstige Parkplätze erhalten können. 500 Plätze stünden dann hier zur Verfügung. An zwei weiteren Orten schlägt Mociety Neubauten von Quartiersgaragen vor. Der ganze Parkplatzbedarf ist damit nicht abgedeckt: 5300 Parkplätze im öffentlichen Raum hat Mociety im Gebiet um die TU gezählt. Dem stehen 8600 gemeldete Fahrzeuge gegenüber, von denen die meisten an der Straße parken. Am höchsten ist der Parkdruck nicht zu Hochschul-Hochbetriebszeiten, sondern abends, durch die Anwohner selbst.
Forderung für Harburger Straßen: Kein kostenloses Kantsteinparken mehr
Geht es nach den Grünen, soll mit dem kostenlosen Am-Kantstein-Parken Schluss sein. „Man kann nicht von der Öffentlichkeit erwarten, dass einem ein Platz zum Abstellen seines Privateigentums geschenkt wird“, sagt der Grünen-Bezirksabgeordnete Michael Sander, Vorsitzender des Mobilitätsausschusses. „Zumal alle anderen Verkehrsteilnehmer und Anwohner auch Ansprüche an den Straßenraum haben.“
Diese Ansprüche sollen unter anderem am „Heimfelder Platz“ verwirklicht werden. Das ist das Areal an der Kreuzung Alter Postweg-Nobléestraße-Heimfelder Straße, wo S-Bahnhof auf Bushaltestelle, Kiosk auf Kirchenvorplatz und Asia-Imbiss auf Dönerbude trifft. Hier soll die „Aufenthaltsqualität“ erhöht werden. Erreichen könne man das durch Beschränken des Durchgangsverkehrs. Zumindest der Alte Postweg solle nicht mehr durchgängig befahrbar sein, schlug Thomas Ernst vom Büro Mociety vor. Eine Abbiegesperre sollte das verhindern.
Zentraler Heimfelder Platz nur noch für Polizei, Busse und den Rettungsdienst befahrbar?
Er präsentierte auch eine weitergehende Variante: Ähnlich, wie auf der Hamburger Mönckebergstraße solle die Überfahrt über den Platz lediglich noch Bussen, Polizei und Rettungsdiensten gestattet sein. Zugleich solle man die Haakestraße in der Mitte sperren. Dass die zur Tempo-30-Strecke werden soll, ist nämlich schon seit 13 Jahren beschlossene Sache, wurde bislang aber nicht umgesetzt. Eine Sperrung des Heimfelder Platzes ohne Sperrung der Haakestraße würde zu viel Verkehr hierher umlenken.
Frank Richter, Vorsitzender der SPD-Bezirksfraktion und des Stadtentwicklungsausschusses sowie außerdem Heimfelder, ist da skeptisch: „Heimfelder Straße und Haakestraße sind Zufahrten zu den Harburger Krankenhäusern“, sagt er, „das kann man nicht mal eben kappen. Zudem müsste dann auch die Meyerstraße für die Durchfahrt gesperrt werden. Wenn ich in Quartieren unterwegs bin, wo so etwas schon umgesetzt ist, wie etwa Ottensen, weiß ich, dass ich das nicht für Harburg wünsche. Andererseits muss hier auch etwas passieren!“
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Da ist Oppositionsführer Ralf-Dieter Fischer, Bezirks.-Fraktionsvorsitzender der CDU, ganz anderer Meinung: „Das, was vorgestellt wurde, ist unvorstellbar umzusetzen“, sagt er. „Wir halten das für wenig sinnvoll! Wir sollten einmal abwarten, was für Mehrheiten die kommenden Bezirks-Wahlen ergeben. Vielleicht können wir das noch verhindern.“