Harburg. Platz wurde erst im Juli eröffnet. Anwohner sammeln eigenhändig Müll – Bezirksamt und Stadtreinigung streiten um Zuständigkeit.
Mit viel Tamtam wurde in Harburg am 2. Juli der Herbert-und-Greta-Wehner-Platz vor dem ehemaligen Karstadt-Gebäude eingeweiht. Zwei Senatoren waren dafür extra über die Elbe gekommen, um den neugestalten Platz feierlich und mit großer Bühne freizugeben. Doch so richtig fertig ist der Platz im Herzen der Harburger Innenstadt immer noch nicht. An vielen Stellen wird noch gearbeitet.
Doch eine andere Sache sorgt für deutlich mehr Verärgerung: die zunehmende Verschmutzung eines Platzes, der doch eigentlich als Schmuckstück gedacht war. Viele Harburger fragen sich: Wie kann das sein?
Neuer Platz vor Karstadt Harburg: Die Bauarbeiten dauern an
„Wir sind noch nicht einmal fertig, und schon wurden die ersten Fahrradbügel kaputtgefahren“, beklagt sich einer der Tiefbauarbeiter, die fleißig weiter Steine legen. Wie lang ihr Job hier noch geht? „Ein paar Wochen werden wir wohl noch brauchen“, sagt er.
Im Bezirksamt ist man offensichtlich zuversichtlicher. „Die Bauarbeiten sollen zum 31. Juli 2023 beendet werden“, antwortet Dennis Imhäuser auf eine Anfrage des Abendblatts. Es könnten noch kleinere Nacharbeiten erfolgen, diese würden aber nur noch punktuell ausgeführt werden. Ein Hintertürchen?
Für Radfahrer hat sich die Situation sogar noch verschlechtert
Bei der Bevölkerung hält sich die Begeisterung für die neugestalteten Flächen und die Neuordnung der Fahrspuren im Kreuzungsbereich um dem Harburger Ring offensichtlich in Grenzen. „Man hat eine Fahrradspur am Ring und am Schloßmühlendamm auf die Straße gemalt, das ist gut. Aber gerade an der Stelle, wo es für Radfahrer kompliziert wird, hat man nichts getan“, sagt Radfahrer Günther Siemers.
„Direkt vor der Haspa und auf der anderen Seite, an der Ladenzeile vor dem alten Karstadt-Gebäude, wird der Radverkehr weiter über den Fußweg geführt. Es kommt häufig zu brenzligen Situationen zwischen Radfahrern und Fußgängern.“
Die neuen Sitzelemente aus Granit sind bereits stark verschmutzt
Jede Maßnahme habe ihre Baugrenzen, diese seien notwendig, um die finanziellen und personellen Einteilungen zu definieren, heißt es dazu aus dem Bezirksamt. Übergangsbereiche werden somit immer an den Bestand angeschlossen, heißt es hier. „Das ist doch Quatsch“, entgegnet Siemers, „lediglich die 100 Meter zwischen Sand und Hölertwiete sind noch nicht saniert. Das ist vollkommen unverständlich“, so der engagierte Harburger.
Ebenfalls bemängelt wird von vielen Bürgern die Sauberkeit des Platzes. Keinen Monat stehen die skulpturalen Sitzelement aus Granit auf Herbert-und-Greta-Wehner-Platz – und schon sind sie stark verschmutzt. „Man mag sich hier schon nicht mehr hinsetzen“, sagt eine ältere Frau vor Ort.
Die örtliche Trinkerszene hat den Platz für sich vereinnahmt
Plötzlich kriecht ein Mann über die Sitzgruppe. „Ich befreie die Beete fast täglich von Kronkorken“, so Stefan, der mit einer Grillzange bewaffnet die metallenen Hinterlassenschaften der örtlichen Trinkerszene aufsammelt. Die habe den Platz längst für sich vereinnahmt – zumindest in den Abendstunden.
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Den steinernen Sitzgruppen sieht man die mangelnde Pflege direkt an. Klebrig-braune Flecken auf dem rauen Granit, Glasscherben auf den Sitzflächen und im Grün, Zigarettenkippen zwischen den Steinblöcken. Dazu stehendes Regenwasser in den Vertiefungen der aufwendigsten Steinformation vor dem Netto-Markt. Wer ist hier für die Sauberkeit verantwortlich?
Auf Nachfrage des Abendblatts ergibt sich ein unübersichtliches Bild: Stadtreinigung und Bezirksamt schieben die Verantwortung hin und her. „Fünfmal in der Woche“ werde der Platz laut Stadtreinigung gesäubert. „Im Bereich der Neupflasterung wird manuell gereinigt, im Bereich der bereits länger bestehenden Pflasterung auch mit der Kehrmaschine“, teilt die Stadtreinigung mit.
Was jedoch die Reinigung der Sitzflächen angeht, verweist die Stadtreinigung an das Bezirksamt. Dort wiederum verweist man an die Stadtreinigung. Wer ist also zuständig?
Die Frage bleibt unbeantwortet. Eines hingegen ist sicher: Granit ist sehr pflegeintensiv, es muss schnellstmöglich eine Lösung gefunden werden – damit der Herbert-und-Greta-Wehner-Platz zu einem beliebten Aufenthaltsort für alle wird.