Harburg. Für viele HVV-Pendler in Harburg geriet der Heimweg am Montagabend zur Schnitzeljagd. Was die Hochbahn ändern will:

  • Busse in Richtung Reeseberg halten nicht mehr am Bahnhof
  • Änderung war angekündigt aber nicht angekommen
  • HHA will Kommunikation verbessern

Der Start der Busumleitung am Harburger Bahnhof verlief – milde ausgedrückt – holprig. Während der technische Ablauf – alle HVV-Busse in Richtung Reeseberg und weiterfahren durch die Wilstorfer Straße – relativ gut klappte, strandeten Fahrgäste am Harburger Bahnhof, die von der Umleitung nichts mitbekommen hatten.

Wer wie gewohnt mit einem anderen Bus oder der S-Bahn bis zum Harburger Bahnhof gefahren war, um dort in die Linien nach Rönneburg und Sinstorf umzusteigen, erfuhr erst am ehemaligen Haltepunkt der Linien 14, 141, 143, 241 und 443, dass diese hier tagsüber nicht mehr abfahren. Die Frage „Wo fährt mein Bus?“, mit der die Notiz überschrieben ist, wird dort auch nicht beantwortet.

10.000 Fahrgäste täglich Richtung Reeseberg

Die Haltestelle entfällt für diese Linien in diese Richtung: Das ist auf dem Anschlag vermerkt, und die Fahrgäste sollen alternativ die S-Bahn nutzen, um zum Bahnhof Harburg zu kommen. Nur sind sie schon genau da und stehen vor der Mitteilungsfolie.

„Am Montag hingen in den Kästen des betreffenden Abfahrtbereichs auch noch die alten Fahrpläne“, sagt Frank Wiesner, Verkehrsexperte der Harburger SPD. „Das hat viele Fahrgäste noch einmal weiter verwirrt. Fahrgastlenker der Hochbahn, die für Passagiere ansprechbar sind und ihnen den Weg weisen, habe ich am Montag nicht gesehen.“

Die Busse gen Osten – etwa 10.000 Fahrgäste nutzen sie täglich – fahren den Bahnhof nicht mehr an, weil die Straße, die von dort in ihre Richtung weiterführt, seit Montag Einbahnstraße in die entgegengesetzte Richtung ist und eine Ersatzbushaltestelle in erträglicher Laufweite erst im September eingerichtet werden kann. Nicht alle HVV-Nutzer lesen Zeitung und wissen das.

Chaos-Faktor: Bis zum Wochenende ist auch die Umleitung umgeleitet

Der Plan der Hamburger Hochbahn AG, die das Busnetz in Hamburg betreibt, ist, dass Fahrgäste möglichst an der S-Bahn- und Bus-Haltestelle Harburg Rathaus umsteigen. In der S-Bahn wurde dies den Pendlern aber nicht kommuniziert.

Erst an er Haltestelle erfahren Fahrgäste, dass ihr Bus nicht mehr am Harburger Bahnhof hält.
Erst an er Haltestelle erfahren Fahrgäste, dass ihr Bus nicht mehr am Harburger Bahnhof hält. © HA | Lars Hansen

Wer am Bahnhof Harburg von selbst auf die Idee kam, zurück hinunter zur S-Bahn zu gehen, eine Station weiterzufahren und hier sein Glück bei den Bussen zu versuchen, wurde erneut verwirrt: An der angestammten Haltestelle vor dem Jobcenter fahren die Sinstorfer und Rönneburger Linien nämlich derzeit nicht ab. Der Grund: Wegen eines Rohrbruchs ist der Harburger Ring in ihre Fahrtrichtung noch mindestens bis Sonntag gesperrt.

Ein unterirdischer Bauzaun macht Abkürzung zunichte

Die Busse fahren ab der Knoopstraße und dann über Krummholzberg zur Moorstraße. Auch das erfahren die Fahrgäste erst an der Haltestelle über einen DIN-A4-Zettel, der dort klebt. „Wenn sie dann denken, sie könnten durch den Fußgängertunnel bequem zur Ersatzhaltestelle, landen diese Fahrgäste allerdings vor einem unterirdischen Bauzaun, weil dieser Tunnel gerade saniert wird“, sagt Frank Wiesner. „Die Leute müssen sich vorkommen, wie auf einer Schnitzeljagd! Nur steht nach einem langen Arbeitstag niemandem der Sinn nach solchen Spielen.“

Informationshelfer wirken überfordert

Am Dienstag sah man immerhin Fahrgastlenker auf dem ZOB: Zwei junge Menschen, die in ihrer Körpersprache aber weder kommunikativ, noch kompetent wirkten: Die Haltung nicht aufrecht, der Blick gen Boden oder zum Kollegen, statt zu den Fahrgästen, keine offenen, einladenden Gesten – außerdem standen die zwei auch nicht an der Haltestelle, an der die Fragen aufkommen, sondern etwas abseits des Fahrgaststroms.

Angesprochen darauf, wie man denn nun nach Sinstorf käme, empfiehlt einer von ihnen „Sie können mit dem Bus zur Haltestelle Reeseberg fahren und dort in die Linien nach Sinstorf umsteigen.“

Aber es fährt doch gar kein Bus zum Reeseberg? Doch, erwidert der Fahrgastlenker, eine Linie gibt es noch: die – er muss etwas nachdenken – 4148 nach Jesteburg.

Dass dieser einmal in der Stunde fährt und gerade weg ist, ist dem jungen Lenker anscheinend nicht bewusst. Dass man zur S-Bahn Harburg Rathaus fahren könnte, muss man ihm selbst vorschlagen, und dass auch dort die Busse nicht ganz wie gewohnt fahren, weiß er anscheinend auch nicht, sonst würde er es bestimmt sagen.

Kommunikatiosmaßnahmen werden jetzt verstärkt

„Das kann ich mir jetzt nicht erklären“, sagt Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum. „Mit der Agentur, die die Fahrgastlenker stellt, arbeiten wir schon lange zusammen und haben überall gute Erfahrungen gesammelt.“

Man werde nun noch einmal mit der Agentur sprechen, ob vielleicht eine Nachschulung der Fahrgastlenker nötig sei. Außerdem, so Kreienbaum, werde die HHA jetzt noch weitere Maßnahmen treffen. „Im Fahrgastfernsehen der S-Bahn sind Informationsstrecken gebucht“, sagt Kreienbaum. „DIN A3-Plakate werden durch größere im Format DIN A1 ersetzt. Außerdem werden zusätzliche, besonders aufmerksamkeitserregende „Stopper“ mit den wichtigsten Informationen aufgestellt und die möglicherweise den ein oder anderen Fahrgast irritierenden Fahrpläne der umgeleiteten Busse am ZOB werden zeitnah entfernt.“

So ist die Haltestellen-Insel-Insel für die durchgehenden Buslinien geplant.
So ist die Haltestellen-Insel-Insel für die durchgehenden Buslinien geplant. © HA | Lars Hansen

Bezirkspolitik bleibt skeptisch

Bereits in den Tagen vor der Umleitung soll es Durchsagen in den Bussen gegeben haben und die ersten Plakate wurden in der vergangenen Woche aufgehängt. „Es ist also nicht so, dass es kein ausreichendes Informationsangebot gab“, sagt Kreienbaum.

Frank Wiesner fürchtet, dass sich diese Fehler wiederholen werden, wenn ab Dezember der ZOB komplett gesperrt wird und alle Busse nach Harburg Rathaus umgeleitet werden: „Die Hochbahn hätte sich rechtzeitig gründlich mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut machen können und hat das anscheinend nur begrenzt getan“, sagt er. „Die Kommunikation ist sehr schlecht. Anscheinend ist der Hamburger Süden zweitrangig. Deshalb habe ich auch wenig Vertrauen, dass im Dezember alles klappt, wie am Schnürchen.“