Fischbek. Unvorhergesehenes bringt Neugrabener Vorzeigeprojekt aus dem Zeitplan. Werden die „Townhouses“ noch gebaut?

Während die Neubauten im Neubauquartier Fischbeker Heidbrook größtenteils fertig, sind und sich auf dem ehemaligen Gelände der Fischbeker Panzerkaserne buntes, urbanes Leben in einem modernen Quartier etabliert, sind es ausgerechnet die Häuser, die schon seit 80 Jahren dort stehen, deren Weiterentwicklung nicht vorankommt: Die „Fischbeker Höfe“ – eine Upcycling-Version der alten Kommissbauten, die einst das Gesicht der Kaserne waren – sollen den repräsentativen Eingang ins Wohngebiet bilden, mit Seniorenapartments, statt Soldatenstuben und luxuriösen Townhouses im alten Kasernenhof.

Doch der Zeitplan hängt. Erst eines von drei geplanten Häusern ist fertig. Das zweite soll demnächst folgen, mit eineinhalb Jahren Verzögerung. Der dritte – die Townhouses - ist noch nicht einmal begonnen. Sie wären derzeit auch kaum zu verkaufen. Projektentwickler „Deep Green“ und Gebietsentwickler IBA streiten darüber, wie es weitergehen kann und soll.

„Deep-Green“-Chef und IBA-Koordinatorin Philippa Dohrow geraten aneinander

Im Stadtentwicklungsausschuss der Harburger Bezirksversammlung gerieten „Deep-Green“-Chef Matthias Korff und die IBA-Gebietskoordinatorin Philippa Dohrow öffentlich aneinander. Der Ausschuss hatte die beiden eingeladen, um über den Stand der Dinge zu berichten. „Deep Green“ und die IBA sind alte Bekannte: Schon für die Wilhelmsburger Bauausstellung hatte Korff den viel beachteten Holzbau „Wood Cube“ entworfen und verwirklicht; und bereits damals, 2013 wurde er beauftragt, Ideen für die alten Kasernenbauten zu entwickeln. Ziel war es, dort Wohnen zu ermöglichen. „Aufgrund der großen Gebäudetiefe war es allerdings nicht möglich, dort normale Wohnungen zu planen“, führte Korff vor dem Ausschuss aus.

Die Simulation zeigt den zweiten Bauabschnitt der umgebauten Röttiger-Kaserne: Im Innenhof der Neubau
Die Simulation zeigt den zweiten Bauabschnitt der umgebauten Röttiger-Kaserne: Im Innenhof der Neubau "Smoodje". © AT | DeepGreen Development

Seine Lösung: Betreutes Wohnen für solvente Senioren. Barrierefreies Bauen bedeutet auch breite Flure, da war die große Gebäudetiefe ein großer Vorteil. Das bereits fertiggestellte Haus A – der Riegel rechts der Eingangsstraße – bietet 116 seniorengerechte Wohnungen mit Grundrissen von 40 bis 90 qm. Eine Kindertagesstätte für 160 Kinder befindet sich im Erdgeschoss. Für Haus B – der Eckbau – sind 97 Pflegeappartements á 40 qm und eine Tagespflege sowie eine Pflege- und Demenzstation vorgesehen.

Die großen historischen Dachstühle, werden durch zwei Massivholzaufbauten ersetzt. Dazu kommen ein kleines Schwimmbad, welches zugleich als Pufferspeicher der Wärmerückgewinnungsanlage dient, ein Stadtteil- und Veranstaltungssaal, ein Restaurant und ein Museum mit Café im ehemaligen Pförtnerhäuschen der Kaserne. Aus dem Holz, das er beim Abbau der Dachstühle „erntet“, will Korff das dritte Gebäude – Projektname: „Smoodje“ – errichten. Es sollte acht „Maisonetten“-Wohnungen beherbergen, quasi Stapel-Reihenhäuser, je zwei zweigeschossige übereinander, jeweils mit Garten – unten vor der Tür, oben auf dem Dach.

Die alten Kommissbauten boten diverse Herausforderungen

Dass die beiden großen Häuser schon vorhanden sind und „nur“ umgebaut werden müssen, klingt einfach. Fragt man jedoch Fachleute, werden sie ausnahmslos sagen, dass es immer schwieriger ist „im Bestand“ zu bauen, als neu. Die alten Kommissbauten boten diverse Herausforderungen: Zum einen hat das Militär andere Baunormen, als die Zivilgesellschaft und zum anderen hält es sich auch an die eigenen Normen nicht immer, vor allem bei Umbauten. Immer wieder gab es Überraschungen: Wände und Decken waren dünner oder dicker, als angenommen.

Es gab Leitungen und Keller, die nirgends verzeichnet warten und zu guter Letzt hatte die Wehrmacht ihre Kaserne im wahrsten Sinne des Wortes auf Sand gebaut und der gab nun immer wieder nach. Mit einer Hochdruck-Betonpumpe wurden neue Fundamente unter bestehende Häuser konstruiert. All dies kostete Zeit, Geld und Investorengeduld. Die Corona-Zeit half da auch nicht. Dazu kam, dass Korff sich aus fachlichen Gründen mit seinem Generalunternehmer überwarf und einen neuen suchen musste.

Matthias Korff, Projektentwickler.
Matthias Korff, Projektentwickler. © HA | Lars Hansen

Anfang 2022 war er noch guten Mutes, die meisten Hürden genommen zu haben. Dann jedoch begann der Ukraine-Krieg und die Inflation; Zinsen steigen fas so schnell, wie Baukosten. Das betrifft vor allem den „Smoodje“. Korff rechnete vor: „Hätte man 2021 die 145 Quadratmeter große Maisonette noch für 1600 Euro monatlich finanzieren können, läge man 2023 bei 3575 Euro plus gestiegener Eigenkapitalanforderungen, bei wegfallender Förderung“, sagte er. „das kann oder will sich niemand mehr leisten.“

IBA möchte größere Wohnungen im Haus wissen, um auch junge Familien anzusprechen

Seine Idee ist es, den „Smoodje“ weiterhin aus dem Holz der Dachstühle zu verwirklichen, allerdings kleiner zu unterteilen: Wohnungen, die zwischen eineinhalb und dreieinhalb Zimmer groß sein können und die man je nach Bedarf (und Leerstand nebenan) vergrößern oder verkleinern könnte. Auch die IBA findet diese Idee eigentlich gut. Der Streit geht darum, wie das modulare Projekt angefangen will.

Korff will zunächst nur kleine Wohnungen mit zirka 40 Quadratmetern planen, die man dann bei Bedarf erweitern könnte; die IBA möchte schon zu Anfang größere Wohnungen im Haus wissen, um auch junge Familien anzusprechen und so eine gewisse Altersdurchmischung im Quartierseingang zu bekommen.

Korff steht unter Zeitdruck. Die Baugenehmigungen laufen demnächst aus, die Tiefgarage unter dem Smoodje steht bereits und die Betondecke beginnt darunter zu leiden, dass darüber nichts gebaut wird. IBA-Koordinatorin Dohrow nimmt das zur Kenntnis, hält dem aber entgegen, dass auch andere Bauherren auf den letzten Baufeldern bei ähnlichen Probleme Kompromisse mit der IBA gefunden haben. „Wir suchen den ganzheitlichen, generationenübergreifenden Ansatz“, sagt sie, „und ich glaube, der lässt sich hier auch verwirklichen.“