Fischbek. Baupreise explodieren und dann zieht sich auch noch ein Investor zurück. Wie es auf dem Röttiger-Gelände trotzdem weitergehen soll.

Keller, die nicht in den alten Bauplänen verzeichnet waren. Bauarbeiter, die wegen Corona auf der Baustelle fehlten – und dann noch eine Explosion bei den Baupreisen: Investor Matthias Korff hätte beim Umbau der Fischbeker Röttiger-Kaserne zu einer Senioren-Residenz auf die eine oder andere Überraschung wohl gut verzichten können.

Ein ganzes Jahr ist er mit dem 80-Millionen-Projekt mittlerweile schon im Verzug, berichtete er jetzt den örtlichen Kommunalpolitikern im Regionalausschuss Süderelbe. Ausgerechnet in dieser Situation ist vor kurzem auch noch der geplante Verkauf des ersten Abschnitts an eine zahnärztliche Versicherungsgesellschaft geplatzt, weil der im Kaufvertrag benannte Übergabetermin zum 31. Dezember so nicht zu halten war.

Standort Neugraben-Fischbek hat eine Aufwertung erfahren

Doch zerknirscht oder niedergeschlagen wirkte Korff nicht, eher sogar optimistisch. Nachdem der Käufer vom Vertrag zurückgetreten war, habe das schon zunächst zu „einer leichten Verkrampfung“ geführt, sagte er. Doch der agile Unternehmer und Geschäftsführer des Projektentwicklers „DeepGreen-Development“, der sich auf eher ungewöhnliche Bauprojekte wie Holzbauten oder die Sanierung historischer Gebäude spezialisiert hat, erfährt in seiner Fischbeker Pechsträhne gerade offenbar doch wieder eine glückliche Fügung.

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Als er vor etwa fünf Jahren mit den Planungen für die alte Kaserne begonnen hatte, erschien die Finanzierung noch schwierig. Fischbek? Seniorenwohnen? Investoren und Banken winkten ab. Inzwischen werde der Standort Neugraben-Fischbek angesichts der regen Bautätigkeit im Stadtteil wesentlich besser bewertet, während die Zinsen noch weiter gesunken sind. Auch die Stadtrandlage sei nach den Pandemie-Erfahrungen und dem Homeoffice offensichtlich attraktiver geworden. Korff dazu: „Das hilft uns jetzt natürlich bei der Refinanzierung und fängt Mehrkosten wieder auf.“

Interesse an anspruchsvollen Seniorenwohnungen gestiegen

Auch das Konzept der anspruchsvollen Seniorenwohnungen habe eine ganz neue Bewertung bei potenziellen Investoren wie Fondsgesellschaften erfahren. „Da geht es ja nicht um ein Pflegeheim“, so Korff. Die Bewohner der 116 geplanten Apartments in den künftigen Fischbeker Höfen des ersten Bauabschnitts leben in einem historischen Gebäude aus den 40er Jahren mit dicken Mauern und hohen Wänden: Sauna, Lobby mit Concierge, Clubraum und anderes sollen eine Klientel ansprechen, die auch im Ruhestand auf viele Annehmlichkeiten nicht verzichten möchte.

DeepGreen-Development-Geschäftsführer Matthias Korff am alten Dachstuhl der früheren Röttiger Kaserne, die er zur Seniorenresidenz
DeepGreen-Development-Geschäftsführer Matthias Korff am alten Dachstuhl der früheren Röttiger Kaserne, die er zur Seniorenresidenz "Fischbeker Höfe" umbaut © AT | Axel Tiedemann

Die ersten 30 Wohnungen, so hofft er, können nun zum Ende des Monats endlich übergeben werden. Auch beim zweiten Bauabschnitt an der früheren Torwache ist nun offensichtlich Bewegung in das Projekt gekommen, nachdem er dort reichlich lange auf eine Baugenehmigung warten musste, um überhaupt ansatzweise loslegen zu können. Hier ist noch einmal eine Seniorenwohnanlage geplant, allerdings für Bewohner mit unterschiedlichem Pflegebedarf, der von externen Anbietern dazu gebucht werden kann. Auch öffentliche Bereiche für das angrenzende Neubaugebiet Fischbeker Heidbrook plant Korff hier: einen Stadtteil-Saal etwa oder auch ein kleines Museum zur Geschichte der Kaserne. Allerdings bremsen die derzeit hohen Baupreise noch, zunächst wird das Gebäude derzeit erstmal nur entkernt.

Bauherr: Um 250 Prozent seien allein die Holzpreise gestiegen

Um gut 250 Prozent seien allein die Holzpreise gestiegen, berichtet Korff und nennt das den „Klopapier-Effekt“: „Die Großen kaufen alles auf und horten, für uns wird es da schwierig.“ Doch auch in diesem Punkt hat er wieder das, was man gern als Glück im Unglück bezeichnet. Denn praktisch am Hof dieses zweiten Kasernen-Bauabschnitts plant Korff (wie berichtet) einen Neubau mit zwölf Stadthäusern und einem ziemlich radikalen Öko-Konzept, wobei jeweils ein oberes auf einem unteren Reihenhaus gebaut wird.

„Smoodje“, so lautet der Projektname, der mit den Worten „smart“ „Wood“ und der norddeutschen Bezeichnung für einen Schiffskoch (Smutje) spielt: Holzwände, Photovoltaik an der Fassade, Gewächshäuser auf dem Dach, ein Stromspeicher im Keller und Wiederverwertung von alten Baumaterialien (aus dem Kasernen-Umbau) dürften hier neue Maßstäbe im nachhaltigen Bauen setzen. Das Holz für die Wände soll beispielsweise vom alten Dachstuhl der Kasernengebäude kommen, der für eine Aufstockung abgetragen wird. Die Wiederverwendung und Aufarbeitung erschien zunächst zu teuer im Vergleich zum Neukauf von Holz. Nun erweist sich dieser Weg sogar als der günstigere. Die Bodenplatte für „Smoodje“ ist daher bereits fertig. „Es geht voran, weil wir unser eigenes Holz dafür ernten können“, sagt Korff.

Auch in Lüneburg und Buxtehude gibt’s Probleme mit Bauprojekten:

  • Die Auswirkungen der Corona-Pandemie und die damit verbundenen Preissteigerungen am Bau wirken sich derzeit auch auf andere Großprojekte in der südlichen Hamburger Metropolregion aus. So verschiebt sich, wie berichtet, die für Juli geplante Eröffnung des Sport- und Veranstaltungszentrums Lüneburger Arena um einige Wochen.
  • Der Buxtehuder SV muss indes sein geplantes Sportvereinszentrum direkt neben der ebenfalls geplanten neuen Halle-Nord in Buxtehude sogar komplett auf Eis legen. In der Halle-Nord sollen künftig neben Schul-und Breitensport auch die Heimspiele der erfolgreichen Frauen-Handball-Bundesliga-Mannschaft des BSV stattfinden. Im eigenen Vereinszentrum sollte die Geschäftsstelle des BSV eingerichtet werden, zudem sollte es dort Kurs-Räume für Fitness- und Gesundheitssport geben.
  • Doch dieses vier Millionen Euro teure Vorhaben wird jetzt zunächst gestoppt, wie der BSV-Vorstandsvorsitzende Stefan Hebecker ankündigte. Grund: Inzwischen sank die Mitgliederzahl wegen der Coronakrise von gut 4200 auf nur noch 3600, womit auch die Einnahmen sanken. Gleichzeitig explodierten die Baupreise auf jetzt 5,5 Millionen Euro. Hebecker: „Das ist für unseren Verein wirtschaftlich nicht tragfähig.“ Möglich sei die Realisierung eines solchen Zentrums jetzt eventuell mit einer Beteiligung anderer Vereine und der Stadt.