Harburg. Im Februar blockierte die Klimaaktivistin den Verkehr an den Elbbrücken. Anwältin forderte einen Freispruch.
Eine Klimaaktivistin der Letzten Generation musste sich am Freitagmorgen vor dem Amtsgericht Harburg verantworten. Wegen versuchter Nötigung wurde sie zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt. Sie wehrte sich damit teilweise erfolgreich gegen einen Strafbefehl. Am Morgen des 4. Februar hatte die Angeklagte Karen W. gemeinsam mit acht weiteren Aktivisten der Gruppe „Aufstand der Letzten Generation“ die Kreuzung Billhorner Brückenstraße/Billhorner Röhrendamm blockiert.
Einige Aktivisten klebten sich an der Fahrbahn fest, andere warfen Lebensmittel auf die Straße. Unter ihnen auch die 62-jährige Angeklagte, wie die Frau zu Beginn des Prozesses einräumt. Sie habe sich gegen den Klimanotstand wehren wollen und die Überproduktion von Lebensmitteln angeprangert. „Wir sind die letzte Generation, die den Klimawandel noch stoppen kann“, sagte die agile Frau im ruhigen Ton vor Gericht. Sie müsse sich wehren, damit es nicht zur Katastrophe komme, ergänzt sie.
Letzte Generation: Frau blockierte Verkehr an den Elbbrücken
Dafür müsse man auch ab und an den Verkehr unterbrechen, um Aufmerksamkeit zu erzeugen. Das sah Zeuge Florian B. ganz anders. Er war einer von hunderten Autofahren, die an diesem regnerischen Morgen durch die Blockade am Fuß der Elbbrücken ausgebremst wurden. Mit seinem Pkw stand er in der zweiten Reihe und musste warten, bis die Polizei die Blockade aufgelöst hatte. Rund 15 Minuten habe dies gedauert, dann seien drei der fünf Fahrstreifen an der Billhorner Brückenstraße wieder frei gewesen. Er habe sich der Situation machtlos ausgesetzt gefühlt und sei genötigt worden seine Fahrt zu unterbrechen.
Die Angeklagte selbst habe sich damals nicht auf die Straße geklebt, kann sie dem Gericht glaubhaft machen. Sie habe die Straße bereits nach der ersten Aufforderung durch die Polizei verlassen. Dies belegen auch Aufzeichnungen der Beamten vom Blockadetag. Nach der Zeugenvernehmung wies der zuständige Richter Amtsrichter darauf hin, dass es sich im Falle von Karen W. zumindest um den Versuch einer Nötigung handeln könnte und dieser strafbewährt sei.
Einer Rechtsauffassung, der die Staatsanwältin nicht folgen kann. Sie blieb bei ihrer Forderung nach 40 Tagessätzen und einer Verurteilung wegen Nötigung. Immerhin habe die Gruppe die Autos aufgestoppt und so ab der zweiten Autoreihe für eine physische Sperrung der Straße gesorgt.
Anwältin der Angeklagten forderte Freispruch
Die Anwältin der Angeklagten forderte den Freispruch ihrer Mandantin, wegen der kurzen Blockadedauer sei niemand genötigt worden. Bei der Blockade habe es lediglich eine geringfügige Beeinträchtigung des Verkehrs gegeben.
Der inhaltlichen Argumentation schloss in ihrem Schlussstatement auch die Angeklagte an und verwies auf die jetzt schon schwierige Ernährungssituation in vielen wärmeren Länder der Erde. Wegen versuchter Nötigung verurteilte der Richter die Angeklagte zu 30 Tagessätzen á 10 Euro. In seiner Begründung sagte er, die Angeklagte sei Teilnehmerin einer unangemeldeten Versammlung gewesen. Ihre Aufgabe sei die Kommunikation mit den Autofahrern gewesen.
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Dass die Aktion schnell beendet wurde, sei dem Eingreifen der Polizei zu verdanken. Die Klebeaktion sei eigentlich auf eine längere Blockade ausgelegt gewesen. Er halte den Protest für nicht gerechtfertigt, weil er nicht der demokratischen Auseinandersetzungsform entspräche und durch einen demokratischen Prozess legitimiert sei. Auch er sei der Meinung, dass der Klimawandel menschengemacht sei und eine reale Gefahr für das Leben darstellt, aber die Protestform beeinträchtige hunderte unbeteiligte Autofahrer.
Letzte Generation: Angeklagte sucht derzeit Arbeit. Geldstrafe für 62-Jährige
Da sich die derzeit arbeitssuchende Angeklagte selbstständig und bereits nach der ersten Aufforderung durch die Polizei von der Straße entfernt habe, die Blockade letztlich nur 15 Minuten dauerte und sie zum Prozessstart ein Geständnis ablegte, bliebe es bei ihr lediglich beim Versuch einer Nötigung. Die geringe Geldstrafe von zusammengerechnet 300 Euro orientiert sich an den Einkommensverhältnissen der Angeklagten.