Harburg. Zwischenbilanz nach drei Jahren zeigt Zuwachs an Professoren und dringenden Bedarf an neuen Räumen. Zahl der Studierenden stagniert.

Die erste politisch gewollte Wachstumsphase der Technischen Universität Hamburg (TUHH) wird Ende 2022 abgeschlossen sein, aber schon in diesem Herbst beginnt die Auswertung des eingeschlagenen Pfads.

„Wir haben viele neue Professuren und uns thematisch auf die für Hamburg wichtigen Zukunftsthemen fokussiert. Dadurch sind wir leistungsfähiger geworden“, sagt TUHH-Präsident Andreas Timm-Giel. „Aber wir können als Technische Universität noch nicht die Rolle spielen, die eine Metropole wie Hamburg braucht.“

Ziel ist es, 15 neue Professoren zu verpflichten

Neun neue Professoren haben die Arbeit aufgenommen und bringen neue Themengebiete an die TUHH, etwa im Bereich der Digitalisierung. Mit sechs weiteren Anwärtern werde verhandelt, so dass das Ziel, 15 neue Professoren zu verpflichten, erreicht werde, so Timm-Giel. Wegen der Sparzwänge im Grundhaushalt seien allerdings fünf scheidende Professoren nicht oder nicht sofort ersetzt worden. „Dennoch sind wir deutlich im Plus. Zudem haben wir zwei Stiftungsprofessuren sowie sieben Professuren in Kooperation mit außeruniversitären Einrichtungen wie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, DESY in Bahrenfeld, Helmholtz-Zentrum Hereon in Geesthacht oder Fraunhofer. Hinzu kommen elf Juniorprofessuren.“

Beim Zuwachs der Professoren ist das Ziel bereits weitgehend erreicht, nicht jedoch beim Zuwachs an Studierenden. In 2020 haben 1124 Bachelor-Studenten ihr erstes Semester an der TUHH begonnen – anvisiert waren 1550. „Der Aufwuchs steigt mit der Kapazität, wir mussten zunächst die Professoren verpflichten, die den Studieninteressierten neue und attraktive Angebote machen können“, sagt der Präsident. Außerdem sei Niedersachsen 2020 vom Abitur nach zwölf Jahren zum Abi nach 13 Jahren zurückgekehrt – etwa 20 Prozent der Studierenden an der TUHH kommen aus Niedersachsen. Auch in diesem Jahr werde die Zahl der Studienanfänger noch nicht sprunghaft steigen, prognostiziert Timm-Giel.

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Die Immatrikulationsphase hat gerade erst begonnen. „Bundesweit ist es schwer, Studieninteressierte für das Ingenieurwesen zu begeistern“, sagt der studierte Ingenieur im Bereich Elektrotechnik/Informationstechnik. „Alle Angebote müssen für Hamburg und für die TUHH stehen, um überregional attraktiv zu sein“, betont er und denkt dabei an große Technikfelder mit wirtschaftlicher Bedeutung wie Luftfahrt und Maritime Systeme (Schiffe und Häfen), Logistik, Energie und Digitalisierung. Rund um diese Themen habe die TUHH für sich fünf Forschungsfelder definiert, die im Herbst präsentiert werden. Dabei gelte weiterhin der Leitgedanke: Technik für den Menschen.

TU gehört zu kleinsten Technischen Universitäten Deutschlands

„Die Profilierung der Forschung ist weitgehend abgeschlossen“, sagt Timm-Giel, die Übertragung auf die Lehre habe begonnen und müsse nun weitergeführt werden. Der Präsident setzt auf die zweite Phase vom Wachstumskurs, um seiner TU das Profil zu geben, das einer Technischen Universität in einer Millionenstadt gerecht wird. Dazu gehört neben der inhaltlichen Entwicklung das Größenwachstum. Timm-Giel: „Wir gehören zu den kleinsten Technischen Universitäten Deutschlands. Die MIN-Fakultät (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, die Red.) der Universität Hamburg hat doppelt so viele Professoren wie die TUHH.“ Doch zum Wachsen braucht es Geld, das der Stadt durch die Corona-Krise fehlt. Immerhin bilde das Wachstum und der Anfang Februar abgeschlossene Zukunftsvertrag mit der Stadt für sieben Jahre eine Basis - „wenn auch nicht in dem Umfang, den wir uns vorgestellt hatten“.

Im ersten Bauabschnitt des HamburgInnovation Port hat die TUHH  4000 Quadratmeter angemietet.
Im ersten Bauabschnitt des HamburgInnovation Port hat die TUHH 4000 Quadratmeter angemietet. © HC Hagemann | HC Hagemann

Wer wachsen will, braucht Räume. Timm-Giel hält es für einen Webfehler des 2018 von Senat und Bürgerschaft beschlossenen Wachstumskonzepts, dass die Infrastruktur von der TU-Entwicklung abgekoppelt wurde. Nun herrscht ein auch von der Wissenschaftsbehörde anerkannter zusätzlicher Raumbedarf von rund 11.000 Quadratmetern. Doch fehlt das Geld, um zumindest einen Teil dieser Fläche kurzfristig anzumieten. „Von den ursprünglich 15.000 Quadratmetern zusätzlichen Bedarf haben wir 4000 Quadratmeter bekommen, im ersten Bauabschnitt vom Hamburg Innovation Port (HIP) an der Blohmstraße im Binnenhafen. Allein in den nächsten zwölf Monaten werden rund 7000 weitere Quadratmeter benötigt.“ Rund 1000 Quadratmeter Büro- und dieselbe Größenordnung Laborflächen brauche er „so schnell wie möglich“.

Vor Ausbruch der Corona-Pandemie war eigentlich gesetzt, dass die fehlenden Flächen im zweiten, größten Bauabschnitt des HIP angemietet werden. Doch Investor Arne Weber wollte einen Vorvertrag haben, den Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) nicht liefern konnte. Jetzt wird Weber statt der geplanten 20.000 Quadratmeter erst einmal 4000 Quadratmeter auf eigenes Risiko bauen. Die werden frühestens Ende 2022 zur Verfügung stehen.

Solange wird die TUHH nicht warten können. „Es sind in Harburg Flächen auf dem Markt. Auch im Binnenhafen, ganz in der Nähe unserer Keimzelle an der Harburger Schloßstraße. Wir arbeiten mit Steuergeldern und müssen den wirtschaftlichen Vorgaben und Prozessen des Landes folgen“, sagt der Hochschulchef. Mittelfristig setzt er weiterhin auf den HIP: „Wenn Herr Weber in Vorleistung geht, dann hilft uns das.“