Harburg/Finkenwerder. Harburger Bezirkspolitiker fordern Einstellung der Überlegungen. Angst um Biotope, Landschaft und Existenzen.

Die Fraktionen der Harburger Bezirksversammlung lehnen die geplante Öffnung der Alten Süderelbe zwar einhellig ab, aber einen Beschluss, in dem diese Ablehnung zum Ausdruck gebracht wird, wollte der Hauptausschuss, der Corona-bedingt anstelle der vollen Bezirksversammlung tagte, nicht fassen.

Mit den Stimmen von SPD und Grünen wurde ein entsprechender Antrag der CDU abgewiesen, dessen Kernsatz war: „Die Bezirksamtsleiterin wird aufgefordert, bei den zuständigen Dienststellen nachdrücklich dafür einzutreten, dass die Maßnahmen unter gar keinen Umständen umgesetzt werden“

Forum Tideelbe hat 100 mögliche Maßnahmen betrachtet

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank Richter begründete die Ablehnung des Antrages damit, dass noch gar keine Maßnahme geplant sei. Stand der Dinge ist, dass das „Forum Tideelbe“ Maßnahmen betrachtet hat, mit denen man den Tidehub der Niederelbe senken könnte. So soll der Schlickeintrag in den Hamburger Hafen verringert werden. Von 100 möglichen Maßnahmen blieben am Ende des gemeinsamen Denkprozesses drei übrig.

Darunter die Wiederöffnung der Alten Süderelbe, die in den 1960er Jahren völlig vom Hauptstrom abgetrennt wurde, nachdem man sie im 19. Jahrhundert bereits zum Teil abgegraben hatte um neue Hafenflächen am Köhlbrand verlässlich an den Fluss anzubinden. Wichtig für Richters Argumentation: Im Abschlussbericht des Forums wird für keine der drei übrig gebliebenen Maßnahmen – außer der Alten Süderelbe noch die Haseldorfer Marsch und die Dove-Elbe – eine direkte Umsetzungsempfehlung ausgesprochen.

Lesen Sie auch:

„Einer Prüfung sollte man sich nicht widersetzen“

Die Empfehlung lautet, die drei Projekte noch einmal näher zu prüfen. „Einer Prüfung sollte man sich nicht widersetzen“, sagt Frank Richter. „Vor allem deshalb nicht, weil Hamburg in der Schlickfrage auf die Kooperation mit den Nachbarbundesländern angewiesen ist. Da ist es unklug, jetzt zu sagen man solle nur noch die Haseldorfer Marsch weiter prüfen .“

Richter ist sich sicher, dass die nähere Prüfung ergeben wird, dass die Alte Süderelbe nicht geöffnet werden sollte. „Es gibt zu viele Argumente, die dagegen sprechen, angefangen bei den Kosten von 700 Millionen Euro, über die Zerstörung gewachsener einzigartiger Biotope – gegen die man wahrscheinlich erfolgreich vor dem Bundesverwaltungsgericht klagen könnte – bis hin zu negativen Folgen für den Obstbau“, sagt er. „Dagegen steht nur ein geringer Nutzen. Also kann man die nähere Prüfung getrost abwarten. Zumal auch die Umweltverbände immer noch für diese Prüfung sind.“

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Ralf-Dieter Fischer will nicht so gelassen sein. „Wenn am Ende der Prüfungen nur noch die Alte Süderelbe übrig bleibt, wird diese Maßnahme doch umgesetzt“, sagt er. „Damit einher gehen schwere Eingriffe in die Landschaft, nicht nur ökologisch sondern auch optisch. Hier müssten riesige Sperrwerke und hohe Flutschutzwände entstehen, die die Landschaft weithin verschandeln. Der Kulturraum entlang der Süderelbe würde durch die erforderlichen Bauwerke nahezu vollständig vernichtet werden. Es steht sogar zu befürchten, dass viele Existenzen gefährdet sein würden!“

„Je früher man aufhört, dieses zu planen, desto besser“

Schützenhilfe erhält Fischer ausgerechnet von einer grauen Eminenz der Harburger Sozialdemokratie, dem Sprecher der Bürgervertretung Francop-Neuenfelde-Cranz, Manfred Hofmann: „Die Bürgervertretung lehnt die Öffnung der Alten Süderelbe ab“, sagt er, „und je früher man aufhört, dieses zu planen, desto besser, sonst wächst ja doch der Druck, die Maßnahme umzusetzen. Deshalb sollte auch keine weitergehende Prüfung erfolgen!“

Aus der Sicht der Bürgervertretung verstieße der Senat mit der Wiederöffnung auch gegen seine ständig wiederholten Versprechen, den „Kulturlandschaftsraum Süderelbe für den Obstbau , die Erholungsnutzung und den Erhalt natürlicher Ressourcen“ zu sichern und entwickeln. „Die Wiederöffnung kann nun ganz bestimmt nicht in diesem Sinne gedeutet werden. Sie ist als Ausbau eines Gewässers zu begreifen!“

Richter teilt diese Argumente. Dem CDU-Antrag wollte er dennoch nicht zustimmen: „Vor allem auch nicht, weil im letzten Satz die Bezirksamtsleiterin aufgefordert wird, alle vorbereitenden Arbeiten zu unterbinden“, sagt er. „Erstens gibt es keine vorbereitenden Arbeiten und selbst wenn, kann man zweitens von einer Beamtin nicht per Beschluss verlangen, gegen ihre Dienstpflicht zu verstoßen!“