Finkenwerder. Das „Forum Tideelbe“ plant die Wiederöffnung der Alten Süderelbe. Anwohner fürchten Flutgefahr und Landverlust.
Wird Finkenwerder wieder zu einer richtigen Insel? Das „Forum Tideelbe“ – eine Denkfabrik aus Elbanrainer-Kommunen und regionalen Interessenverbänden unter Hamburger Federführung – plant die Wiederöffnung der Alten Süderelbe. Anrainer im Süden Finkenwerders schlagen Alarm: Bei den jetzigen Planungen sehen sie Grundstücke und Naturschutzgebiete bedroht. Sie haben einen Alternativvorschlag.
Nach der Sturmflut 1962 wurde der Fluss bei Moorburg abgegraben
Einst bog die Süderelbe bei Moorburg kurz vor der Stelle, an der jetzt das Kraftwerk steht, ab. Sie schlängelte sich an Moorburg, Francop und Hohenwisch (heute Neuenfelde) linkerseits und den Inseln Altenwerder und Finkenwerder rechterseits in Richtung Mühlenberger Loch. Nach der Sturmflut 1962 wurde der Fluss bei Moorburg abgegraben. In Neuenfelde, Francop und Finkenwerder waren in der Katastrophennacht die Deiche gebrochen. Man wollte die Süderelbe hier nicht mehr. Nur ein kleiner Stichkanal mit einem rostigen Schiffswrack erinnert noch an den Fluss.
Der Anschluss soll zwischen Francop und Finkenwerder erfolgen
Wenn die Alte Süderelbe wieder geöffnet wird, dann nicht hier. Der Anschluss des alten Flussarms soll zwischen Francop und Finkenwerder erfolgen, wo einst die Aue in die Süderelbe mündete. Heute führt das Köhlfleet bis direkt dorthin und die Süderelbe ist über das „Storchennest-Siel“ – benannt nach dem Gasthof daneben – bereits ans Köhlfleet angeschlossen. Das Siel würde dann entfallen und der Fluss unterhalb der Airbus-Landebahn ins Mühlenberger Loch münden.
„Grundstücke würden täglich zweimal überflutet!“
Was die Anrainer, die größtenteils in der „Interessengemeinschaft Alte Süderelbe“ (IaS) zusammengeschlossen sind, auf die Palme bringt: „Das Forum Tideelbe plant eine Öffnung bei vollem Tidenhub“, sagt Holger Maciolek, Sprecher der IaS. „Das würde bedeuten, dass zahlreiche Grundstücke, die jetzt bis ans Ufer der Alten Süderelbe reichen, täglich zweimal überflutet werden. Auch die Naturschutzgebiete Westerweiden und Finkenwerder Süderelbe würden sich dramatisch verändern!“
Grundsätzlich hat die IaS nichts gegen eine Wiederöffnung des Flusses, der derzeit mehr ein See, als ein Fließgewässer ist. „Aber nicht bei vollem Tidenhub von dreieinhalb Metern“, sagt Maciolek. „Wir hatten einen Vorschlag eingereicht, bei dem die Süderelbe nur von der ablaufenden Flutwelle durchlaufen wird. Das würde hier einen Tidenhub von etwa 80 Zentimetern bedeuten.“
„Jetzt wird auf einmal eine Art Spülkanal favorisiert!“
Eine ähnliche Variante hätte auch das Forum Tideelbe, in dem Maciolek selbst mitarbeitet, stets propagiert „Es wurde uns hier eine Art Süßwasserwatt in Aussicht gestellt“, sagt er. „Jetzt wird auf einmal eine Art Spülkanal favorisiert!“
Maciolek glaubt zu wissen, wessen Kräfte im Forum den Ausschlag gegeben haben: „Die Hamburg Port Authority will mit der Vollöffnung dem Tidal Pumping entgegenwirken.“
Der Tidal-Pumping-Effekt bewirkt, dass die kräftiger auflaufende Flut mehr Sedimente aus Mündung und Mittelelbe in den Hafen bringt, als die schwächere Ebbe wieder herausspülen kann. Dieser Effekt hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Umweltverbände behaupten, das läge an der Fahrrinnenanpassung .
Sämtliche Anrainer haben eine Protesterklärung der IaS unterschrieben. Alle Gewässerverbände, die es betrifft, haben sich angeschlossen. Sie befürchten eine Versalzung der Systeme, die das Wasser für den Obstbau bereitstellen. „Auch der Hochwasserschutz müsste hier komplett erneuert werden“, sagt Maciolek. Für das Forum Tideelbe spricht die Pressestelle der Umweltbehörde. „Noch ist ja gar keine Entscheidung gefallen“, sagt Pressesprecher Björn Marzahn. „Warum wird dann aber eine Machbarkeitsstudie für eine bestimmte Variante angestoßen?“, fragt Maciolek. „Das ist doch eine Vorentscheidung!“ Rückenwind bekommen die Anrainer von der Finkenwerder SPD: „Die jetzigen Pläne kommen einer Enteignung gleich“, sagt die Bezirksabgeordnete Carina Oestreich.