Harburg. Zahl der Professoren wächst schneller und stärker als geplant. Harburger Hochschule setzt auf den Hamburg Innovation Port im Binnenhafen

Die Technische Universität Hamburg (TUHH) wächst noch stärker als zunächst zu erwarten war. Das zeigt sich beispielsweise an der Zahl der geplanten zusätzlichen Professuren: Das Wachstumskonzept für die TUHH von Senat und Bürgerschaft sah noch einen Anstieg von „mindestens 15 Lehrenden“ vor. Die Universität hatte sich 2018 ihr eigenes Ziel gesetzt, die heutige Zahl der 92 Lehrstühle um 17 bis 18 zu erhöhen. Inzwischen sind schon 22 zusätzliche Stellen bewilligt worden. Plus elf Juniorprofessuren. Plus einige privatwirtschaftlich finanzierte Stiftungsprofessuren. Jeder Professor braucht Arbeitsräume. „In den kommenden drei bis vier Jahren werden wir zusätzliche 11.000 Quadratmeter Flächen benötigen“, sagt Prof. Ed Brinksma, seit Februar 2018 Präsident der TUHH.

Jeder neue Professor bringt sein spezielles Fachgebiet mit und stellt ein eigenes Team zusammen. Experimentell orientierte Themenfelder brauchen zudem Werkstätten oder Labore, teils sogar große Versuchshallen. Zudem schaffen erst zusätzliche Lehrstühle und Räumlichkeiten die Möglichkeit, die Zahl der Studierenden wie geplant in den kommenden vier Jahren von heute knapp 7900 auf 10.000 zu erhöhen.

Das Hauptgebäude der TUHH steht auf dem Schwarzenberg; der Campus erstreckt sich bis zur Eißendorfer Straße.
Das Hauptgebäude der TUHH steht auf dem Schwarzenberg; der Campus erstreckt sich bis zur Eißendorfer Straße. © TUHH

„Wir werden uns im Binnenhafen erweitern, dort einen zweiten Campus aufbauen“, sagt Brinksma. „Der Binnenhafen ist zu einer wunderbaren Kombination aus Technischer Universität, Wirtschaft, Wohnen und Gewerbe geworden. Wir leben hier bereits das, was nördlich der Elbe mit der Science City Bahrenfeld erst noch entstehen soll.“ Harburg habe den Vorteil, eine traditionelle Industriestadt zu sein, sagt Brinksma, der in der HafenCity wohnt. „Hier gibt es Unternehmertum, finden sich große Technologieunternehmen wie Airbus und Daimler. Harburg hat Industrie in den Genen, und davon profitiert es jetzt.“ Das sei sehr ähnlich wie im niederländischen Enschede, das ebenfalls industriell geprägt sei und um die 160.000 Einwohner habe. Bei der dortigen Universität Twente war Brinksma Rektor, bevor er nach Harburg kam.

Der Binnenhafen ist historisch gesehen nicht nur die Keimzelle Harburgs, sondern (einige Jahrhunderte später) auch die der TUHH. Im ehemaligen Verwaltungsgebäude des Ölpflanzenverarbeiters Thörl an der Harburger Schloßstraße 20 nahm die Techno-Uni 1978 ihren Betrieb auf und ist auch heute noch dort ansässig. Einen Straßenzug westlicher, an der Blohmstraße, soll nun der Hafencampus der TUHH wachsen: Im Hamburg Innovation Port (HIP), den der Investor und Bauunternehmer Arne Weber (HC Hagemann) in vier Bauabschnitten errichtet.

Die TU hofft auf weitere 11.000 Quadratmeter im Hamburg Innovation Port

Der erste Abschnitt (HIP one) wurde Ende November eingeweiht. Gut zwei Drittel der insgesamt 6000 Quadratmeter Nutzfläche hat die TUHH übernommen. Die baut nun darauf, dass die benötigten weiteren 11.000 Quadratmeter im zweiten und größten Bauabschnitt zur Verfügung stehen werden. „Der zweite Bauabschnitt wird eine Nutzfläche von insgesamt 17.000 Quadratmeter haben“, sagt Ralf Grote, Leiter der Präsidialabteilung der TUHH. „Im ersten Quartal 2020 werden wir unsere Raumbedarfe für Büros, Werkstätten und Labore genauer beschreiben, so dass der Bauherr bis Jahresmitte beim Bezirk den Bauantrag für Teil zwei stellen kann. Wir hoffen, dass Arne Weber Anfang 2021 mit dem Bau beginnen kann.“

Eine Darstellung des Gesamtprojekts Hamburg Innovation Port: Links ist der erste, daneben der zweite Bauabschnitt zu sehen.
Eine Darstellung des Gesamtprojekts Hamburg Innovation Port: Links ist der erste, daneben der zweite Bauabschnitt zu sehen. © MVRDV

Die Bauzeit werde mindestens eineinhalb Jahre betragen, schätzt Grote. Bestenfalls seien die ersten Räumlichkeiten also im zweiten Halbjahr 2022 bezugsfertig. „Wenn es später wird, dann wird es für uns schwierig“, ergänzt Ed Brinksma. Ein bisschen Luft gebe es zwar noch auf dem bestehenden Campus zwischen dem Schwarzenberg und der Eißendorfer Straße – „wir sind dabei, die Raumvergabe weiter zu optimieren“. Aber falls der HIP nicht im selben schnellen Tempo weiterwächst wie sein erster Teil, dann könne es für die TUHH im wahrsten Wortsinn eng werden.

Ed Brinksma führt bereits Berufungsverhandlungen. Auch zu acht bestehenden Lehrstühlen, die neu zu besetzen sind. Die vielen neuen Professoren werden nicht nur quantitativ für Fortschritt sorgen, sondern auch qualitativ, ist sich Brinksma sicher: „Das gibt uns die wunderbare Möglichkeit, Dinge neu zu gestalten. Wir können rund ein Drittel der Professuren neu bestimmen, das ist wirklich ungewöhnlich. Wir leben in hochdynamischen Zeiten, die Forschungs- und Lehrbereiche sind in ständigem Wandel, und wir können darauf jetzt sehr gut reagieren“, sagt der Informatiker Brinksma. Bei den Berufungsverhandlungen habe er festgestellt, dass Hamburg – und auch Harburg – inzwischen bundesweit viel stärker als Wissenschaftsstandort wahrgenommen werden: „Wir haben tolle junge Bewerber. Die Tatsache, dass die TUHH im Umbruch ist, macht sie für hochkarätige junge Wissenschaftler attraktiv. Denn hier ergeben sich viele neue Spielräume.“

Sanierung des Thörl-Gebäudes erhöht zusätzlich den Raumbedarf

Ein weiteres Bauprojekt wird wohl im zweiten Halbjahr 2020 zunächst die Raumnot verschärfen: Das denkmalgeschützte Thörl-Gebäude muss saniert werden. Damit gehen 3900 Quadratmeter zeitweilig verloren. Die Betroffenen werden interimsweise in ein TU-Gebäude in der Nachbarschaft ziehen. Es ist gerade frei geworden, weil die Kollegen in den HIP umgezogen sind. Eigentlich sollte es einem Neubau weichen, nun wird es noch vier Jahre genutzt. Da es nicht alle Mitarbeiter aus dem Thörl-Gebäude aufnehmen kann, werden auf dem rückwärtigen Parkplatz zusätzlich ehemalige Flüchtlingsunterkünfte in schwedischer Architektur aufgebaut.

Wenn das alles bewältigt ist, zeichnet sich am Horizont der nächste Raumbedarf ab. Brinksma: „Das Wachstumskonzept besteht aus zwei Phasen. Phase eins wird 2023 abgeschlossen. Wenn die dann anstehende Bewertung positiv ausfällt, soll sich eine zweite Wachstumsphase anschließen. Kürzlich tagte bei uns der Wissenschaftsausschuss der Bürgerschaft. Die Vertreter aller Parteien haben uns schon jetzt weitere Unterstützung signalisiert.“