Harburg. Präsident der Akademie der Wissenschaften sieht in der Zahl der Studierenden nicht das entscheidende Kriterium
Hamburgs Technische Universität (TUHH) soll kräftig wachsen, das haben sich Senat und Bürgerschaft auf die Fahnen geschrieben. Die Zahl der Studierenden soll von aktuell gut 7800 auf 10.000 steigen – „wir machen Harburg zur Studentenstadt“, kündigte Hamburgs Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks an. Die Zahl der Studierenden könne nicht der alleinige Maßstab für eine wachsende Technische Universität sein, sagt dagegen Professor Edwin Kreuzer, Präsident der Akademie der Wissenschaften in Hamburg. Er war von April 2005 bis März 2011 Präsident der TUHH und lehrte dort am Institut für Mechanik und Meerestechnik.
„Unsere Technische Universität gehört im bundesweiten Vergleich zu den kleineren technischen Hochschulen. Schon als TUHH-Präsident habe ich stets betont, dass wir ein qualitatives Wachstum brauchen, um im Wissenschaftssystem national und auch international mehr wahrgenommen zu werden. Dies wird besonders mit hoher Forschungsqualität erreicht.“ Die lasse sich an einer Technischen Universität nur erzielen, wenn diese über eine gute Infrastruktur verfüge, sagt Kreuzer, der an verschiedenen Technischen Hochschulen im In- und Ausland gelehrt hat.
Die TU München (41.000 Studierende, rund 550 Professoren) sei zum Beispiel sehr forschungsstark, so Kreuzer. Der Freistaat Bayern investiere deutlich stärker in seine TU als Hamburg: „Die TU München verfügt pro Student über zwei-bis dreimal so viel Mittel wie die TUHH.“ Ohne eine gut ausgestattete Infrastruktur sei es im Wettbewerb schwer möglich, hervorragende Hochschullehrer zu gewinnen. Diese werben dann hochkarätige Forschungsprojekte ein, ziehen gute Studierende und Doktoranden an und stärken damit das Renommee der Universität.
Für eine Professur ist ein zehn- bis zwölfköpfiger Stab aus Wissenschaftlichen Mitarbeitern, Laboranten, Technikern, Sekretariat nötig. Meist bilden die Teams eigene Institute. Kreuzer: „Solche Institute benötigen damit im Schnitt Jahresbudgets von mindestens einer halben Million Euro.“ Das erklärt, warum die TUHH im vergangenen Jahrzehnt immer nur gut 90 Professoren hatte (derzeit 91), obwohl der Stellenplan 140 vorsah. Kreuzer: „Diese Zahl stand in einem frühen Wachstumskonzept, hatte aber nie eine reale Bedeutung. Solange die Stellen nicht finanziert sind, bleiben sie leere Hüllen.“
Das Wachstumskonzept des Senats sieht 15 zusätzliche Professoren bis zum Jahr 2022 vor. Gleichzeitig soll das Budget der TUHH bis 2022 um 19 Millionen Euro zulegen. Grundsätzlich plädiert Kreuzer dafür, fachliche Stärken weiter auszubauen und gleichzeitig für eine sehr gute Grundlagenausbildung der Studenten zu sorgen. Für das Wachstum der TUHH sollte gelten: „Nicht viele kleine Wimpel setzen, sondern weit sichtbare Fahnen hissen!“