Wilhelmsburg. Die Stadt zahlt 63 Millionen Euro für den Lärmschutz von den Elbbrücken bis Stillhorn. Die A1 wird in einer Galerie geführt.
Der vor Jahren angekündigte 300 Meter lange Lärmschutzdeckel über die geplante neue Hafenautobahn A 26 Ost bei Kirchdorf Süd ist in seiner bisherigen Planung vom Tisch. Vielmehr soll die A 26 im gesamten bewohnten Bereich Wilhelmsburgs unterirdisch geführt werden. Der Tunnel wird eineinhalb Kilometer lang. Das verkündete Verkehrs-Staatsrat Andreas Rieckhof gestern in der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI).
Hafenautobahn A 26 wird in einem Trog verlaufen
Die Autobahn wird in einem Trog geführt, den ein Deckel abschließt. Die Autobahn bezahlt der Bund, den Deckel die Stadt, die dabei mit 63 Millionen Euro günstig wegkommt, wenn man bedenkt, dass der Bund für die gesamte „Hafenpassage“ genannte A 26 Ost von der A 7 in Hausbruch bis zur A 1 in Stillhorn etwa 1,3 Milliarden (Stand 2018) Euro in den Bundesverkehrswegeplan eingestellt hat. Allein der östlichste Abschnitt von der Hohen Schaar bis zur A 1, der ab der Wilhelmsburger Reichsstraße unter die Erde geht, schlägt mit 460 Millionen Euro zu Buche. „Der Finanzsenator ist ziemlich zufrieden mit mir“, freut sich Rieckhof.
Er selbst ist ebenfalls mit sich zufrieden: „Ich habe bei der Bürgerbeteiligung vor etwa zwei Jahren einen Lärmschutzdeckel für Kirchdorf Süd zugesagt und habe damit Skepsis ausgelöst“, sagt er. „Jetzt kann ich mein Versprechen einhalten. Das hat allerdings auch einige Arbeit gekostet.
Die Hafenautobahn in einen Trog zu legen, war das erste Zugeständnis, das die Fernstraßen-Planer an die Anwohner gemacht haben. Die Lieblingslösung der Ingenieure war es sicherlich nicht. „Das stellt uns vor einige Herausforderungen“, sagt Peter Pfeffermann, Ingenieur und Abteilungsleiter bei der „Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -baugesellschaft“ (DEGES), die als Firma des Bundes sämtliche Autobahnen in der Bundesrepublik baut und ausbaut. „Wir haben hier ja sehr hohe Grundwasserstände und müssen einiges unternehmen, damit der Trog nicht aufschwimmt.“
Auch Alternativen wurden geprüft
Es gab daher für den Lärmschutz auch Alternativ-Vorschläge, bis hin zu einem Tunnel, dessen Fahrbahn ebenerdig verläuft und der die Straße sechs bis acht Meter hoch eingehaust hätte. Die Büros der Planer und Politiker verließ dieser Vorschlag allerdings nie. „Diesen Entwurf haben wir den Anwohnern lieber gar nicht erst vorgestellt“, sagt Rieckhof. „Der Deckel ist eine gute Lösung und an anderen Stellen der Stadt verwirklichen wir solche Lösungen ja auch. Gerade Kirchdorf-Süd ist arg lärmgeplagt und wird mit der Gesamtlösung stark entlastet.“
Der Hamburger Senat hat die Finanzierung des Wilhelmsburger Deckels am 22. Oktober beschlossen. Dem Beschluss muss die Bürgerschaft noch zustimmen. Michael Weinreich (SPD) Bürgerschaftsabgeordneter für Wilhelmsburg, Finkenwerder und Billstedt, ist da zuversichtlich. „Das ist die Maximallösung und wir müssen nur wenig dazu bezahlen“, sagt er, „das zeigt, dass hartnäckiger Einsatz sich lohnt.“
Galerie-Lösung für die A 1
Neben dem Deckel Wilhelmsburg sind entlang der geplanten A 26 und an der A 1 weitere Lärmschutzmaßnahmen, wie beispielsweise Lärmschutzwände, vorgesehen. Vor allem die A 1 wird auf Hamburger Gebiet leiser: In Fahrtrichtung Süden wird sie in eine so genannte Galerie verlegt, also ebenfalls überdeckelt, wenn auch nach einer Seite offen. Damit erhält insbesondere die Siedlung Kirchdorf-Süd zusätzlichen Schutz. In Fahrtrichtung Süden veranlassen die markanten Hochhäuser die Fahrer zum Beschleunigen, weil sie wie eine Stadtgrenze wahrgenommen werden und außerdem hinter dem Autobahnkreuz Hamburg Süd den Beginn der langen Gerade bis zum Maschener Kreuz markieren. Die Gegenrichtung ist weniger lärmproblematisch, weil aus dem umgekehrten psychologischen Effekt die Autos hier schon langsamer sind.
Nicht nur in Kirchdorf-Süd werde die A26 Ost zu Entlastungen führen, sagt Rieckhof. „Die positiven Effekte, die das Bundesverkehrsministerium ausrechnet, gehen bis zur Stresemannstraße“, sagt der Staatsrat, „am meisten profitiert allerdings der Bezirk Harburg.“
Schwerlastverkehr soll zurück gehen
Um 40 Prozent würde der Verkehr auf der Cuxhavener Straße bis 2030 durch die A26 verringert, prognostiziert der Bund. Der Schwerlastverkehr sinkt sogar um 60 Prozent. Der Bündelungseffekt der A26 und der Lärmschutz würden im Umfeld der Strecke fast überall zu spürbaren Entlastungen führen. Es gibt nur eine Ausnahme: die südliche Georg-Wilhelm-Straße in Wilhelmsburg.
Ausgerechnet in Wilhelmsburg. Hier und in Moorburg ist die Ablehnung der A26 Ost am größten. Die Skeptiker schenken Ministeriumsprognosen nur ungern Glauben. Straßen, so argumentieren sie, verringern keinen Verkehr, sondern erzeugen neuen. Anwohner und Umweltverbände haben bereits Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss angekündigt. Diese würden – das ist neu – ohne Vorinstanzen direkt zum Bundesverwaltungsgericht gehen.