Jork. Das Elbwasser wird immer salziger. Dadurch können einige Betriebe ihre Plantagen nicht mehr beregnen und erleiden Ertragsausfälle.
Im Alten Land stehen die Obstbäume gut im Saft. Es hat in jüngster Zeit genug geregnet – nach dem Dürresommer 2018, der bereits im April begonnen hatte. Dennoch gab es auch schon in diesem Jahr Probleme mit knappem Wasser in guter Qualität: Die Obstbauern hatten häufiger als üblich mit Spätfrösten zu kämpfen, so dass zum Schutz der Obstblüte die Plantagen beregnet werden mussten. Speziell die Richtung Elbmündung gelegenen Betriebe im Landkreis Stade konnten jedoch nicht beliebig viel Wasser einsetzen, weil es zuviel Salz enthält.
„Wir hatten in diesem Jahr mindestens zwölf Spätfrostnächte entlang der Niederelbe“, sagt Dr. Karsten Klopp, Leiter des Obstbauzentrums Esteburg in Jork. „Üblicherweise haben wir vier oder fünf Frostnächte in der Zeit der Obstblüte. In diesem Jahr mussten die Betriebe bis zu zehn Mal beregnen, um die Blüten vor dem Frost zu schützen.“ Gefriert der Wassernebel in den Baumreihen, so setzt dies Wärme frei. Ziel ist es, dass die Blüten nicht kälter als minus 0,5 Grad werden.
Wasser ist teilweise zehnfach salziger als für die Obstbäume verträglich
Das Bewässerungssystem im Alten Land ist an die Elbe gekoppelt. Der Fluss ergänzt die Niederschläge, um die Oberflächengewässer im Anbaugebiet auf einem auskömmlichen Niveau zu halten. Doch die Elbe liefert zunehmend versalzenes Süßwasser. Klopp: „Die Elbvertiefung von 1999 hat dazu geführt, dass die Flut immer schneller aufläuft und mehr Salz flussaufwärts transportiert. Für die Beregnung empfehlen wir den Betrieben, Wasser zu verwenden, das höchstens 0,5 Gramm Salz im Liter enthält. Im Raum Freiburg kommen wir auf das Zehnfache, auf Werte um fünf Gramm. Dort konnten manche Obstbauern nicht die erforderliche Wassermenge einsetzen. Durch den Blütenfrost werden sie erhebliche Ernteausfälle haben.“
Einer, der in der betroffenen Region Obstbau betreibt, ist Ulrich Buchterkirch. Der dreifache Vater ist zugleich Sprecher der gut 1100 Obsthöfe in Niedersachsen und hat sich als Verbandsvertreter im Vorfeld der kommenden Elbvertiefung für die Belange des Obstbaus stark gemacht. „Wir liegen recht nah an der Nordsee, unser Wasser ist versalzen“, sagt Buchterkirch. „Dabei spielt die Elbvertiefung eine große Rolle. Entscheidend ist aber auch, wieviel Süßwasser aus Hamburg kommt. Sind die Wassermengen im Oberlauf der Elbe gering, so verschiebt sich der Einfluss des Salzwassers stromaufwärts.“ Maßgebend für die Wassermenge sei der Pegel Neu Darchau zwischen Hitzacker und Bleckede.
Gerade in Spätfrostperioden falle in der Region, aber auch im Einzugsbereich des Oberlaufs, meist wenig Niederschlag, erläutert der Obstbauer: „Frost gibt es bei Hochdrucklagen, und die liefern keinen Regen“. Damit ähnelt die witterungsbedingte Situation im April/Mai diesen Jahres der Frischwassernot im Sommer 2018. Damals wurden die Plantagen beregnet, um die Äpfel vor der Hitze zu schützen. Wenn die Temperatur über 30 Grad steigt, dann können die Früchte einen Sonnenbrand bekommen – die Plantagen werden beregnet, damit die Verdunstungskälte die Äpfel kühlt. Auch hier waren ernste Probleme mit versalzenem Wasser aufgetreten. Die Betriebe im Kehdinger Land mussten abwägen: Sonnenbrand riskieren, der zu braunen Flecken auf der Apfelschale führt, oder mit leicht salzigem Wasser beregnen und möglicherweise sogenannte Blattnekrosen hervorrufen. Diese Schäden (braune Blattränder) entstehen durch die Salzreste, die nach der Verdunstung auf dem Laub zurückbleiben.
Neue Beregnungsteiche sollen Abhängigkeit von der Elbe reduzieren
Im Sommer 2018 hatte sich der steigende Salzgehalt im Beregnungswasser bis nach Francop bemerkbar gemacht. Karsten Klopp sagte damals: „Wir brauchen mindestens 100, 200, gern 300 Millimeter Niederschlag, um die Wasserreservoirs wieder aufzufüllen.“ Ob die Winterniederschläge ausgereicht haben, um das Defizit im Grundwasser zu begleichen, könne er nicht abschätzen, sagt der Leiter des Obstbauzentrums heute. Das sei auch nicht entscheidend für die Betriebe. Vielmehr müsse die Abhängigkeit vom Elbwasser reduziert werden. Mit dem Bau von zusätzlichen Beregnungsteichen.
„Niederschlag, der in der Region fällt, wird zum Teil in Drainagen zu unseren Regenrückhaltebecken geführt“, sagt Verbandssprecher Buchterkirch. Diese werden jetzt vermehrt gebaut, so sehe es der Vertrag zur Elbvertiefung zwischen Hamburg und dem Bund vor. Buchterkirch: „Als Sofortmaßnahme werden in den kommenden zwei bis drei Jahren für 20 Millionen Euro neue Becken gebaut. Sollte der Salzgehalt durch die Fahrrinnenvertiefung stärker steigen als prognostiziert, werden weitere zehn Millionen Euro bereit gestellt.“ Die erhöhten Frischwasservorräte sollen die Obstbauern zukünftig besser gegen Witterungsextreme wappnen.
23 Apfelsorten
18 Millionen Obstbäume wachsen im Alten Land: Kirschen, Zwetschen, Birnen, vor allem aber Äpfel. Apfelbäume machen 90 Prozent der rund 10.000 Hektar umfassenden Anbaufläche aus. Fast jeder dritte deutsche Apfel stammt aus der Region.
Mit rund 300.000 Tonnen fiel die Apfelernte 2018 recht gut aus, trotz der Hitze und Trockenheit. Die Sonne hatte für eine gute Qualität der Früchte gesorgt.
Elbe-Obst, die Erzeuger- und Vertriebsgesellschaft von rund 350 Obstbauern mit einer Anbaufläche von 5500 Hektar, vermarktet 23 Apfel- und drei Birnensorten. Weiterhin im Angebot: Erd-, Heidel- und Brombeeren, Johannis-, Stachel- und Himbeeren, Süß- und Sauerkirschen, Pflaumen und Zwetschen.