Haselau. Salzgehalt der Elbe im Bereich Wedel und Hetlingen ist höher als in der Vergangenheit. Versalzt deshalb auch das Grundwasser?
Das Schlimmste haben die Obstbauern der Elbmarschen gerade noch verhindern können, doch plötzlich sehen sie sich mit neuen Problemen konfrontiert. Anders als bei ihren Kollegen in Süddeutschland werden die Ernteverluste durch die starke Sonneneinstrahlung wohl gering bleiben. Aber: Die Brunnen und Wasserläufe, aus denen die Plantagen bewässert werden, versalzen. „Das ist eine Folge der Elbvertiefung“, meint der Haselauer Obstbauer Wilfried Plüschau. Wetter, Wasser und Ernte sind in der Haseldorfer Marsch eng miteinander geknüpft.
Wenn die Obstbauern derzeit über „Apfelbrand“ reden, ist nicht die Vergärung des Kernobstes zu Hochprozentigem gemeint. Damit beschreiben sie die Folgen des brütend heißen Sommers. Durch die starke Sonneneinstrahlung bilden sich erst gelbe und grüne Flecken auf den Äpfeln, die sich später schwarz verfärben. „Die Früchte sind dann nicht mehr zu verkaufen, können nur noch vermostet werden“, erklärt Plüschau. Folge: Der Erlös sinkt.
Für seinen Hof, der zu den größten in der Haseldorfer Marsch gehört, rechnet er allerdings nur mit einem Verlust von fünf Prozent. Ähnlich dürfte es bei seinen Nachbarn aussehen. In einigen Gebieten Süddeutschlands gehen die Obstbauern dagegen von bis zu 70 Prozent Verlust wegen der heftigen Sonneneinstrahlung aus.
Apfelbrand ist weit weniger schlimm als im Süden
Dass die Landwirte im Kreis mit einem blauen Auge davongekommen sind, hat mehrere Gründe. Hauptgrund ist die Beregnung. „Wir haben wochenlang immer während der Mittagszeit bewässert“, sagt der Haselauer. 55 Hektar bewirtschaftet Plüschau, 40 Hektar hat er besprengt. Drei Stunden täglich hat er das Wasser gespritzt, 3000 bis 4000 Kubikmeter dafür an einem Tag verbraucht. „Dadurch wurde es fünf bis sechs Grad kühler“, sagt Plüschau.
Doch woher kommen diese gewaltigen Wassermengen? Die Marsch verfügt über ein ausgeklügeltes System von Kanälen und Gräben, Wettern genannt. Die Bauern benutzen dieses Wasser für ihre Felder und Plantagen. „Da haben wir fast Trinkwasserqualität“, weiß der Landwirt aus regelmäßigen Untersuchungen.
Würde das Gebiet nicht entwässert, stünde ein großer Teil der Fläche immer unter Wasser. Ein Beregnungsverband, in dem die Landwirte Mitglied sind, sorgt in Absprache mit den Deich- und Sielverbänden für einen optimalen Ausgleich von Entwässerung sowie Bewässerung der landwirtschaftlichen Flächen. Das Wasser ist übrigens auch im Frühjahr wichtig, wenn plötzlich Frost einfällt. Die Obstblüten werden beregnet, das gefrierende Eis bietet Schutz gegen extreme Minusgrade.
Ernte beginnt dieses Jahr früher
Doch angesichts der lange anhaltenden hohen Temperaturen war das Wasser in den Kanälen und Gräben in diesem Sommer sehr schnell aufgebraucht. Normalerweise kann dann Wasser aus einem Zwischengraben im Naturschutzgebiet in Hetlingen in das Bewässerungssystem eingespeist werden. Doch das Wasser ist mittlerweile zu salzig. „Früher war die Salzwassergrenze bei Pagensand und Kollmar, nach der letzten Elbvertiefung ist sie im Bereich Wedel und Hetlingen“, sagt Plüschau.
Die Bauern bedienten sich also statt des Elbwassers ihrer Brunnen. Allein auf Plüschaus Obsthof gibt es sieben. Mit 120 PS starken Pumpen wird das Wasser aus bis zu 30 Meter Tiefe in die Wettern befördert. Proben müssen gezogen werden, dazu sind die Obstbauern gesetzlich verpflichtet, denn die Qualität des Wassers muss einwandfrei sein. Kommt am nächsten Tag das Okay aus dem Obstbauzentrum Jork, das die Untersuchung für die Bauern übernimmt, kann das Wasser verspritzt werden. So wissen die Landwirte auch, dass dieses Wasser nicht salzig ist.
Bauern im Alten Land nutzen kein Elbwasser mehr
Denn die Bauern in der Marsch befürchten, dass der höhere Salzgehalt in der Elbe langfristig auch für eine Zunahme des Salzgehalts in dem Grundwasser links und rechts des Flusses sorgt. Während des Planfeststellungsverfahrens zur geplanten Elbvertiefung wurde dieses Thema bereits kontrovers diskutiert. Die von Hamburg bestellten Gutachter sahen keinen Grund zur Beunruhigung. „In Kollmar soll es bereits Brunnen geben, die versalzen sind“, weiß Plüschau von Kollegen.
Auf der anderen Seite der Elbe, im Alten Land, sah man ebenfalls die Gefahr der Grundwasserversalzung und verweigerte damals die Zustimmung zur Elbvertiefung. Hamburg kaufte den dortigen Gemeinden die Zustimmung ab, indem ein neues, vom Grundwasser unabhängiges Bewässerungssystem geschaffen wurde, berichtet Plüschau, der als Geschäftsführer der Marktgemeinschaft Altes Land (MAL) auch bestens über die Verhältnisse in Niedersachsen informiert ist. Die Bewässerungsbecken werden aus dem Wasser der Oste gespeist.
Derzeit ist die Beregnung in der Haseldorfer Marsch allerdings nicht mehr nötig. „Die Bäume haben sich an die hohen Temperaturen gewöhnt“, sagt Plüschau. Allerdings hat der Experte auf den sonst obligatorischen „Sommerschnitt“ verzichtet. Im Juli werden sonst kleine Zweige sowie Blätter abgeschnitten, damit die Sonne direkt auf die Früchte scheinen kann und das Wachstum einen zusätzlichen Schub bekommt. Jetzt müssen die Früchte schön unter dem Schutz der Zweige und Blätter bleiben, damit sie nicht weiteren Schaden nehmen. Das beeinträchtigt allerdings das Früchtewachstum.
Sollten die Höchsttemperaturen allerdings noch länger anhalten, dann könnte es wieder notwendig werden, die Apfelbäume erneut zu beregnen. Plüschau: „Dann müssen wir sehen, wo wir nicht versalzenes Wasser herbekommen.“