Harburg. Katharina Pscheid zog es schon immer ans Wasser. Vor ein paar Jahren kam sie dem Ziehen nach und kam nach Harburg.

Die „White Angel“ hat schon einiges erlebt. Immerhin ist sie eine alte Dame. Vor 104 Jahren wurde sie in Groningen gebaut und auf den Namen „Margarethe“ getauft. Als Katharina Pscheid den Frachtewer kaufte, hieß das Schiff „Mule“ und war in einem beklagenswerten Zustand. Mittlerweile merkt man davon nichts mehr.

Der Frachtraum ist zu einer gemütlichen Wohnküche ausgebaut, in der es nach Tee duftet, ein Schott weiter liegt die Schlafkammer. Aus dem Deckshaus hat man den ganzen Lotsekanal im Überblick. Das ist auch gut so: Katharina Pscheid ist die Hafenmeisterin des neuen Harburger Museumshafens.

Den Job teilt sie sich mit Timo Blume von der Kulturwerkstatt, aber sie ist diejenige, die ständig im Hafen ist. Gerade spielt ihr Telefon Boogie-Woogie, Sie nimmt ab. Die Crew der Anna Lisa ruft an. Der Zweimaster aus Wischhafen war als Gastlieger in Harburg und muss sich sputen: Während die Konstruktionsmängel an der Drehbrücke beseitigt werden, wird die Brücke kaum einmal geöffnet und die Schiffe sind dahinter gefangen. Die Anna Lisa hat nur eine halbe Stunde Zeit, sonst ist die letzte Chance zum Auslaufen vor Weihnachten vorbei. Schnell erklärt Katharina Pscheid die Abmeldeformalitäten.

„Mich hat es schon immer zum Wasser gezogen“, sagt sie. „In meiner Kindheit in der DDR bin ich nach Rügen zur Kur geschickt worden. Seitdem will ich ans oder aufs Meer.“

Fast vier Jahrzehnte blieb sie dennoch im Binnenland, lernte nacheinander Landmaschinentechnikerin, Erzieherin und Altenpflegerin, eröffnete einen Kindergarten und eine Gaststätte, zog vier Kinder groß, bis sie sich vor vier Jahren entschied, Träume wahr zu machen und nach Hamburg zu ziehen. Zwei ihrer Kinder nahm sie mit, die anderen sind schon erwachsen.

In Hamburg lernte sie Lars Beyer kennen, Eigner der „Dark Princess“ im Harburger Binnenhafen, und war bald mit ihm liiert. Als dann die „Mule“ am Liegeplatz nebenan voll Wasser lief – ein Missgeschick mit dem Seeventil – und der alte Eigner sie nicht wieder herrichten konnte, griffen Beyer und Pscheid zu.Ein Jahr dauerte es, bis die „Mule“ restauriert und zur „White Angel“ geworden war. „Wir kennen jeden Zentimeter der Bilge“, sagt Katharina Pscheid, „aber es hat sich gelohnt“.

Seitdem sind Katharina Pscheid und ihr Lebenspartner im Segelstress: Beide Schiffe müssen bewegt werden, sonst setzen sich Dinge fest, die beweglich bleiben müssen.

„So waren wir in vielen Museumshäfen zu Gast“, sagt Katharina Pscheid.“ Deshalb haben wir uns so etwas auch für Harburg gewünscht. Als der Verein hier gegründet wurde, war uns schnell klar, dass wir mitmachen.“

So wurde Katharina Pscheid nicht nur Schriftführerin des Vereins sondern auch Hafenmeisterin. Das wollte sie jedoch nie alleine sein – schließlich will sie im Sommer auch mal lange Törns mit ihrem Lars segeln können. Deshalb bildet sie mit Timo Blume zusammen ein Team, das auch noch weitere Mitstreiter sucht.

Timo Blume ist 30 und hat kein eigenes Schiff. Aber er ist seit Jahren beim Binnenhafenfest für die Wasserflächen zuständig und trat deshalb auch in den Museumshafenverein ein. „Eines Tages werde auch ich hier ein Schiff haben“, sagt er.

Als nächstes liegt für die Leute vom Museumshafen der schwimmende Nikolausmarkt an. Auf vielen der maritimen Oldtimer bieten am Sonntag ab 12 Uhr Kunsthandwerker und Künstler ihre Produkte an. Sogar die „Undine“ macht mit. Standesgemäß wird der Nikolaus mit dem Boot anreisen und einen Rekordsack mit dem Kran auf die Kaimauer hieven lassen. Das hat auch die „White Angel“ noch nicht erlebt.