Harburg. Projekt EcoCitykommt nicht voran, Gebäude ist belastet, doch die Denkmalschützer blockieren den Abriss. Bezirksamt will sich einschalten
EcoCity? Richtig, da war doch was. Auf dem früheren Gelände der New-York Hamburger Gummi- Waaren Compagnie (NYH), an der Ecke Hannoversche Straße/Neuländer Straße/Nartenstraße, versucht der Schweizer Investor Paul Bauer seit sechs Jahren seine Pläne von einem ökologisch ausgerichteten Wohn- und Gewerbepark zu verwirklichen. Bis heute ist daraus nichts geworden, weil das denkmalgeschützte Gemäuer der alten Fabrik mit krebserregenden Nitrosaminen aus der früheren Gummiproduktion belastet ist, die selbst in größerem Umkreis noch in der Luft nachgewiesen werden können.
Investor, Bezirksamt, Denkmalschutzamt und Gesundheitsbehörde sind in all der Zeit bei ihren Verhandlungen auf keinen gemeinsamen Nenner gekommen, wie das Gelände bei Fortbestand der alten Industriebauten zu nutzen sein könnte. Alle Beteiligten hüllen sich inzwischen auch weitgehend in Schweigen. Fest steht, dass sich die Verhandlungspartner nach der Sommerpause von Harburgs Verwaltung und Bezirkspolitik mit dem Thema EcoCity vorrangig befassen wollen, um zu einem für alle tragbaren Ergebnis zu kommen.
In früheren Verhandlungen waren die alten Ziegelgebäude, die bis in tiefere Schichten des Mauerwerks belastet sein sollen und somit auf lange Zeit eine Gesundheitsgefährdung für Menschen darstellen können, bereits als „Sondermüll“ bezeichnet worden. Die Gebäude gehören abgerissen, hieß es von der einen Seite. Das Denkmalschutzamt legt sich allerdings dagegen quer und soll auch Angebote des Investors ausgeschlossen haben, einen originalgetreuen Neubau errichten zu lassen.
Auf die Frage des Abendblatts an das Denkmalschutzamt/Kulturbehörde, für wen der „Sondermüll“ denn erhalten bleiben soll, wenn Nutzungsmöglichkeiten dafür weitgehend ausgeschlossen sind und selbst in die Planung einbezogene Neubauten in der Nachbarschaft wegen möglicher Nitrosaminbelastungen in der Raumluft gegebenenfalls keine Nutzungsgenehmigung erhalten würden, blieb Behördensprecher Enno Isermann eine direkte Antwort schuldig.
Er schreibt lediglich: „Neben der Belastung des Gebäudes – Sie nennen es daher Sondermüll – ist die Harburger ,Gummi-Kamm-Compagnie’ von Dr. Heinrich Traun & Söhne ein sehr bedeutendes Denkmal. Es ist Aufgabe des Denkmalschutzamtes, sich für den Erhalt unseres baukulturellen Erbes einzusetzen und hierfür zusammen mit den Eigentümern Lösungen zu finden.
Die ,Harburger Gummi-Kamm-Compagnie’ oder auch New-York Hamburger-Gummi-Waaren Compagnie wurde 1856 erbaut und 1866 nach einem Brand neu aufgebaut. Es handelte sich um eine der größten und eindrucksvollsten Industrieanlagen in Hamburg, architektonisch geprägt durch die Einflüsse der hannoverschen Bauschule. Durch ihre Lage kommt ihr eine herausragende städtebauliche Bedeutung zu. Sie steht exemplarisch für das Zeitalter der Industrialisierung, das diesem Bereich von Harburg in besonderer Weise formte und mit den anderen verbliebenden Gebäuden und Anlagen das Bild des Harburger Binnenhafens bis heute prägt.“
Roland Ahrendt, Pressestelle der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz, erklärt kurz: „Eine Entscheidung über Abriss oder Erhalt des Gebäudes liegt nicht in der Zuständigkeit der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV).“ Die Behörde entscheidet aber, wie die alten Gebäude oder daneben gestellte Neubauten genutzt werden dürfen – oder ob sie nach festgestellter Belastung der Raumluft überhaupt genutzt werden dürfen. Der Entscheidungsspielraum scheint äußerst begrenzt zu sein. Bei einem künftigen Erhalt müssten die belasteten Gebäude vermutlich innen wie außen gegen das Ausgasen der Nitrosamine versiegelt werden. Wirksame Mittel zum dauerhaften Versiegeln sollen auf dem Markt aber kaum zu finden sein. Selbst das auf der anderen Seite der Neuländer Straße geplante Bauprojekt „Neuländer Quarree“ soll bereits in die Belastungs-Untersuchungen einbezogen worden sein.
Das Projekt EcoCity hatte bislang in Entwürfen mit einem rund 60 Meter hohen Hotelgebäude mit Windturbine im Dach auf sich aufmerksam gemacht. Der Investor soll in der Zwischenzeit auch den belasteten Erdboden des früheren Gummifabrik-Geländes abtragen und durch unbelasteten Boden austauschen lassen haben. Das Erdreich stand nicht unter Denkmalschutz.