Kreistag stimmt für Prüfverfahren zur Entlassung von Flächen aus dem Landschaftsschutz. Gruppe FDP/Freie Wähler übt scharfe Kritik am Klimaschutzkonzept des Kreises.
Nenndorf. Ein bisschen verkehrte Welt war das, was sich im Kreistag am Montag in Nenndorf abspielte, als es um Windkraftstandorte im Landschaftsschutzgebiet (LSG) Garlstorfer Wald ging: Während die FDP/Freie-Wähler-Gruppe und die SPD das Landschaftsschutzgebiet unbedingt erhalten wollten, sprachen sich die Gruppe CDU/Wählergemeinschaft und Teile der Grünen-Fraktion dafür aus, die Herauslösung des Standortes aus dem Landschaftsschutz zu prüfen.
Der Abstimmung, die mit 29 zu 27 knapp zugunsten des Prüfverfahrens einer Herauslösung ausfiel, ging ein heftiger Schlagabtausch voraus. Die FDP verwies darauf, dass ihr Antrag, den möglichen Windkraftstandort aus dem Regionalen Raumordnungsprogramm zu streichen, noch nicht behandelt worden sei. Die Grünen suchten indes nach einem Kompromiss und schlugen eine Zoneneinteilung vor, die Windräder in vorbelasteten Bereichen innerhalb von Landschaftsschutzgebieten erlaubt.
Unverständnis bei der SPD über den „Sinneswandel“ der Grünen: „Früher haben sie doch jeden Quadratmeter verteidigt. Wenn wir jetzt Bauwerke zulassen, ist die Landschaftsschutzverordnung obsolet“, sagte Christa Beyer. Fraktionskollegin Christine Wüst-Buri ergänzte: „Der Landkreis ist zu dicht besiedelt und zu klein für Ausnahmen.“
Hans-Heinrich Aldag (CDU) und Harald Stemmler (WG) warnten dagegen vor den Folgen, sprich Proteste gegen Vorhaben im LSG auch anderswo: „Es wird weitere Initiativen geben, glauben Sie mir das!“, so Stemmler. Der mit allen Fraktionen vereinbarte Klimaschutz sei wichtig.
Überhaupt sollten ja nicht jetzt die Flächen aus dem Landschaftsschutz entlassen, sondern nur das Prüfverfahren, ob eine Herausnahme möglich ist, angeschoben werden. „Wir wollen so wenige Gebiete wie möglich ausklammern, sonst haben wir den Einstieg in den Ausstieg vom Ausstieg“, sagte Stemmler und erntete dafür Gelächter und wütende Zwischenrufe aus der Zuhörerschaft.
Anhand von Fotos versuchte er, seine Position zu unterstreichen: „Dort sind ja schon Schweineställe und Weidezäune.“ Es gehe nur um ästhetische Fragen. Wüst-Buri konterte: „Mit Windrädern würden die Fotos auch anders aussehen.“
Auch Hasso Ernst Neven (FDP) war empört: „Was heißt hier nur Ästhetik, Landschaftsschutz ist ein hohes Gut!“ Und Willy Klingenberg (Freie Wähler) sah die Fehler ohnehin ganz woanders: „Wir müssen uns über Speichermöglichkeiten Gedanken machen, bevor wir wahllos Windräder im Landschaftsschutz aufstellen.“
„Wir sind sehr enttäuscht“, sagte Oliver Grett von der Bürgerinitiative „Gegenwind“ aus Toppenstedt nach der Abstimmung. Einige CDU-Abgeordnete hätten durchaus gezögert. „Wir machen auf jeden Fall weiter“, kündigte er an.
Die FDP/WG-Gruppe legte gestern nach und kritisierte das Energie- und Klimakonzept, das der Kreistag 2013 verabschiedet hatte. Die Gruppe hatte sich enthalten.
Willy Klingenberg betonte, es könne nicht sein, dass die Energiewende von der Bundesregierung so schlecht geplant sei, dass jetzt Strom bei Überkapazitäten ins Ausland verschenkt würde, zugleich aber nicht über Speichermöglichkeiten, und andere Energieträger jenseits von Wind und Sonne gesprochen werde. Arno Reglitzky (FDP) ergänzte, das Energiesparen werde im Kreis-Klimaschutzkonzept völlig vernachlässigt.