Eine Investorengruppe plant sechs Windräder. Doch es regt sich Widerstand. Bürger in Toppenstedt möchten den Bau von großen Windkraftanlagen im Schutzgebiet verhindern.
Toppenstedt. Die Mitglieder des Umwelt- und Klimaschutzausschusses im Landkreis Harburg stehen vor einer schwierigen Aufgabe. Sie müssen am morgigen Mittwoch, 5. Februar, von 15 Uhr an, mit ihrer Beschlussempfehlung eine Marschroute vorgeben, die schon jetzt ein ganzes Dorf bewegt. In Toppenstedt formiert sich Widerstand gegen den geplanten Bau von mindestens fünf Windkraftanlagen nahe des Ohwegs.
Die Bürgerinitiative befürchtet, dass mit der Entlassung der dafür angedachten Flächen aus dem Landschaftsschutzgebiet „Garlstorfer Wald“ die Umsetzung des sogenannten „Bürgerwindparks“ nur noch reine Formsache wäre.
Oliver Grett zog 2002 mit seiner Frau von Hamburg nach Toppenstedt. Die abwechslungsreiche Landschaft, der unverbaute Blick in die Natur, die er seither nur wenige Meter hinter der eigenen Grundstücksgrenze genießt, haben ihn diesen Schritt bislang nie bereuen lassen.
Doch nun beabsichtigt die Investorengruppe „Ohewind“ um Cornelius Reemtsma und den Kreistagsabgeordneten Willy Isermann auf 53,3 Hektar Fläche den Bau von fünf bis sechs bis zu 200 Metern hohen Windkraftanlagen – direkt hinter Gretts Haus.
„Die Herausnahme der Flächen aus dem Landschaftschutzgebiet wäre eine fatale Fehlentscheidung“, betont der 46-jährige Schifffahrtskaufmann. Und mit dieser Meinung steht er nicht alleine. Rund 480 Toppenstedter unterstützen die von Grett bereits im August 2013 gegründete „Bürgerinitiative Gegenwind“ beim Kampf gegen den Bau der Anlagen. Das entspricht etwa 40 Prozent aller Wahlberechtigten vor Ort.
Nach Ansicht der „Bürgerwindpark“-Gegner gibt es nämlich sinnvolle und machbare Alternativen zur Energiewende. So würden auch in anderen Gemeinden verträglichere Lösungen geprüft und – wie in Winsen – beispielsweise Photovoltaikanlagen statt Windräder errichtet.
Die Sprecher der Bürgerinitiative betonen, dass für sie der Erhalt einer schützenswerten Natur Vorrang habe „vor kommerziellen Interessen unter dem Deckmantel der Energiewende.“
Die Toppenstedter Landschaft präge das Landschaftsbild der gesamten Region, sagt Grett. „Landschaftschutzgebiete sind doch nicht nur so zum Spaß Landschaftsschutzgebiete. Der Garlstorfer Wald hat für viele Menschen in der Gemeinde und darüber hinaus einen großen Erholungswert. Am Wochenende ist hier richtig reger Betrieb“, so Grett.
Und auch in der Verordnung des Landschaftsschutzgebietes heißt es, dass die „enge Verzahnung von Wald und Offenland und die Öffnung nach Westen in Richtung der Toppenstedter Aue“ den Schutzzweck in besonderer Weise repräsentierten. Der Landschaftsteil übernehme „eine hohe Funktion für die ruhige landschaftsgebundene Erholung.“
Darauf hat die Bürgerinitiative nun auch in einem Brief an die Kommunalpolitiker hingewiesen. Das Niedersächsische Naturschutzgesetz untersage zudem in derartigen Gebieten jegliche Handlungen, die den Charakter der Flächen verändern oder dem Schutzzweck widersprechen.
„An dem Landschaftsbild hat sich nichts geändert. Eine nun anderslautende Bewertung und Entscheidung wäre nicht nachvollziehbar und auch nicht akzeptabel“, heißt es in dem offiziellen Schreiben.
Zudem verlange das Landesraumordnungsprogramm in seiner neuesten Fassung, dass die weitere Inanspruchnahme von Naturräumen für den Ausbau jedweder Infrastruktureinrichtungen zu minimieren sei. „Möglichst große unzerschnittene und von Lärm unbeeinträchtigte Räume“ müssten erhalten bleiben. Die BI ist sicher: „Diese Landesvorgabe trifft in Gänze auf die Planungsflächen im Landschaftsschutzgebiet Garlstorfer Wald zu.“
Oliver Grett hofft nun, dass sich die Politiker schon morgen im Ausschuss klar gegen eine Herausnahme der Potenzialflächen aus dem Landschaftsschutzgebiet aussprechen. „Die Gründe sprechen für sich“, betont Grett.
Daran dürfe eigentlich auch die Tatsache nichts ändern, dass die Investorengruppe um Cornelius Reemtsma und dem Kreistagstabgeordneten Willy Isermann eine große Lobby genießt.