Hamburg. Das geplante Veloroutennetz umfasst 14 sternförmig in die Innenstadt verlaufene Strecken mit insgesamt rund 280 Kilometern Länge.
Nach einigen Anlaufschwierigkeiten haben am Donnerstag Vertreter des Senats, verschiedener Behörden und der sieben Bezirke ein „Bündnis für den Radverkehr“ unterzeichnet. Ziel sei es, dem Trend zum Fahrrad weiter den Weg zu ebnen, sagte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) bei der Unterzeichnung im Veranstaltungszentrum „Zinnschmelze“ in Barmbek-Nord. Allerdings müsse man auch die Perspektive aller Verkehrsteilnehmer im Blick behalten, forderte Scholz, der wie viele der anderen Unterzeichner auch in luftig, sommerlicher Kleidung und demonstrativ mit dem Rad gekommen war.
Kernpunkt des Bündnisses ist ein gemeinsamer Maßnahmenkatalog, um das teils seit Jahren geplante aber nur zu Bruchteilen realisierte Veloroutennetz in Hamburg bis 2020 fertig zu bauen. Das Netz umfasst 14 sternförmig in die Innenstadt verlaufene Strecken mit insgesamt rund 280 Kilometer Länge. Geplant ist es bereits seit den 90er Jahren. Jetzt stehen dafür allein bis 2018 rund 33 Millionen Euro zur Verfügung. Mit dem Geld sollen auch eigene Radwegnetze der Bezirke finanziert werden.
Widerstand aus den Bezirken
Bisher gab es in den Bezirken Widerstände gegen den Ausbau und die Unterzeichnung des Bündnisvertrages ließ auf sich warten. Es gebe dafür zu wenig Personal und Geld, hieß es. Jetzt einigten sich Bezirke und Senat auf eine bessere finanzielle Ausstattung der Bezirksämter, um den vom rot-grünen Senat forcierten Ausbau des Radverkehrs voran zu bringen.
So bekommen die Bezirke von der Bausumme einer Radweg-Maßnahme jetzt 20 Prozent, um damit externe Planerbüros zu beauftragen. Sechs Prozent gibt es noch einmal für eigene Planstellen innerhalb der Ämter. Dazu liefert die Verkehrsbehörde im Begleittext ein Beispiel: Der Bau einer Fahrradstraße mit rund 1,5 Kilometer Länge wird in der Regel mit Kosten von rund einer Million Euro kalkuliert. Um externe Büros mit der Planung beauftragen zu können, erhält ein Bezirk nun 200.000 Euro. Und noch einmal 60.000 Euro, um eigene Planerstellen zu bezahlen.
Hamburg soll zur Fahrradstadt werden
Ein ursprünglich von den Grünen gefordertes Anreizsystem für die Bezirke wurde indes nicht in den Bündnis-Vertrag aufgenommen. Danach hätte die Bezirksämter pro fertiggestelltem Radweg eine bestimmte Summe Geld bekommen. Doch ein solches System ließ sich nicht realisieren, weil die Berechnung der oft sehr unterschiedlichen Radwege zu kompliziert gewesen wäre.
Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, Martin Bill, lobte dennoch das Papier als zukunftsweisend. „Die Vertragsunterzeichnung zeigt deutlich, dass sich Politik und Verwaltung auf das Ziel verständigt haben, Hamburg zur Fahrradstadt zu entwickeln.“ Die bezirklichen Anregungen zum Vertragsentwurf seien aufgenommen und in den jetzt unterzeichneten Vertrag integriert.
„Es ist gut, dass nun auch für die Bezirksrouten Mittel abgerufen werden“, so Bill. Auch die Personalausstattung sei künftig klar im Sinne der Bezirke geregelt. Anders als vorher gebe es nun innerhalb der vielen beteiligten Behörden keine Reibungsverluste mehr wie früher beim Ausbau des Radwegnetzes , weil man sich nun auf ein gemeinsam formuliertes Vorgehen geeinigt habe.
„Bündnis mit der eigenen Verwaltung“
Kritik kommt unterdessen von der CDU und der Handelskammer. Dennis Thering, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaft, bezeichnete das Bündnis als „überflüssige Selbstfindungsgruppe der Verwaltungsmitarbeiter. Dass sich hier sozialdemokratische und grüne Senatoren und Bezirksamtsleiter gegenseitig zusichern, den Radverkehr zu fördern, sei an „politischer Inhaltsleere“ nicht zu überbieten. Ähnlich argumentiert Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz: Während beim vergleichbaren Bündnis für das Wohnen verschiedene Interessenverbände wie Mieterbund und Immobilienbranche beteiligt sind, sei das „Bündnis für den Radverkehr“ im Prinzip eine verwaltungsinterne Angelegenheit.
„Wir finden es ziemlich ungewöhnlich, dass der Senat zur Umsetzung dieser Politik ein Bündnis mit der eigenen Verwaltung schließt“, sagt Schmidt-Trenz. Besser sei ein Bündnis mit Institutionen und Verbänden. Aber es gebe in Sachen Radverkehr eben keine umfassende Einigkeit. Die Mehrheit der Wirtschaft sei zum Beispiel nicht der Auffassung, dass Fahrradwege an Hauptstraßen auf eigenen Hochbordwegen geführt werden müssen und nicht als Radstreifen auf den Fahrbahnen.
Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) sieht das Bündnis indes zwiespältig und völlig anders als die Handelskammer. „Wir begrüßen das schon“, sagt Hamburgs ADFC-Sprecher Dirk Lau. Aber die Unterzeichnung des Bündnisses löse nicht die Verkehrsprobleme, weil es vor allem das Veloroutennetz betreffe, das weitgehend auf Nebenwegen verlaufe. „Damit kommt man aber als Alltags-Radfahrer nicht zügig ans Ziel, sagt Lau. Was man brauche, seien echte Verbesserungen für Radfahrer auf den Hauptverkehrsstraßen.