Hamburg. Alexandra Lübeck vom Café Herzstück bangt auch um ihren zweiten Betrieb in Barmbek. Sie fühlt sich vom Bezirk Nord im Stich gelassen.

Das Gewitter, das am Mittwochabend über Hamburg hinweggezogen ist, passt gut zur Stimmung von Alexandra Lübeck. Sie ist in Aufruhr. Im Stavenhagenhaus im Hamburger Stadtteil Groß Borstel wurde an dem Abend Sommerfest gefeiert, aber der Betreiberin des Kulturcafés Groß Borsteler Herzstück ist derzeit gar nicht zum Feiern zumute. Und auch die Bestürzung und der Zorn bei den etwa 100 Besuchern war enorm groß.

Alexandra Lübeck hatte ihr Café Anfang des Jahres eröffnet, musste aber nach wenigen Wochen wieder schließen. Ein unmittelbarer Nachbar hatte geklagt. Seit März gibt es in dem denkmalgeschützten Haus deshalb keine Gastronomie mehr. Der Kommunalverein musste die Verpflegung der Gäste bei besagtem Sommerfest somit selbst übernehmen.

Groß Borstel: Café im Stavenhagenhaus bleibt geschlossen

Hinter Café-Betreiberin Alexandra Lübeck liegen Monate der Unsicherheit, in der es aber auch viel Unterstützung aus der Bevölkerung gab. Jetzt zieht sie einen Schlussstrich, da sie keine Perspektive sieht. Der Bezirk Hamburg-Nord wolle den Pachtvertrag zum 15. Juli aufheben, im Gegenzug würde Lübeck eine Entschädigung für den Verdienstausfall der vergangenen Monate bekommen, so die Gastronomin gegenüber dem Abendblatt.

„Ich habe gesagt, dieses Schriftstück unterschreibe ich nicht, außer es liegt ein neuer Pachtvertrag daneben. Mein Pachtvertrag läuft auf fünf Jahre mit der Option auf weitere fünf Jahre“, sagt Lübeck. Auf Anraten ihres Rechtsanwalts habe sie dann bei der Rechtsabteilung des Bezirks nachgehakt.

Stavenhagenhaus: Café-Betreiberin steht „kurz vor der Pleite“

„Daraufhin kam nach zwei Tagen der Anruf, es werde keinen neuen Pachtvertrag geben. Es werde erst mal keine Gastronomie geben, weil die Rechtslage für die Rechtsabteilung des Bezirksamts zu schwammig ist“, sagt die Wirtin. Das sei ihr gegenüber vorher alles nicht kommuniziert worden.

Das denkmalgeschützte Stavenhagenhaus liegt im Hamburger Stadtteil Groß Borstel an der Frustbergstraße.
Das denkmalgeschützte Stavenhagenhaus liegt im Hamburger Stadtteil Groß Borstel an der Frustbergstraße. © Juergen Joost | Juergen Joost

Sie habe ordentlich Geld in das Café im Stavenhagenhaus gesteckt und erhebliche Umsatzverluste zu beklagen. „Jetzt ist Feierabend, das mache ich nicht mehr mit“, sagt die Gastronomin. Sie habe noch ihr Café in Barmbek, stehe aber „kurz vor der Pleite. Ich habe zwei Monate lang fünf zusätzliche Mitarbeiter gehabt, die ich hier eingestellt hatte. Es war ja immer ungewiss, ob es hier doch kurzfristig weitergeht. Und das trägt Barmbek einfach nicht.“

Sie könne das auch in konkreten Zahlen ausdrücken: „Ich habe 20.000 Euro Umsatz und 18.500 Euro Personalkosten gehabt. Das kann sich jeder selbst ausrechnen.“

Groß Borstel: Kommunalverein hatte selbst Gutachten beauftragt

Dem Bezirksamt sei es immer nur darum gegangen, Zeit zu schinden, bis nach den Bezirkswahlen, ist sich Lübeck sicher. Sollte Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz (Grüne), der die Gastronomie stets unterstützt hatte, nicht im Amt bleiben, erwarte sie keine Unterstützung von den anderen Parteien – selbst wenn sie wieder öffnen könne, so Lübeck. „Er steht zu hundert Prozent dahinter. Aber wenn ein anderer Bezirksamtsleiter nicht dahintersteht, ist es zu ungewiss. Das mache ich nicht.“

Ulrike Zeising, Vorsitzende des Kommunalvereins, sagt: „Bis zur Eröffnung des Kulturcafés im Februar 2024 wurde vom Rechtsamt des Bezirks die Haltung vertreten, dass die Erweiterung der seit Jahrzehnten bestehenden Gastronomie im Stavenhagenhaus keine Nutzungsänderung darstellt. Somit sah man keine Probleme, einen Café-Betrieb an vier Tagen in der Woche nun auch für die Öffentlichkeit zu genehmigen. Nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts auf Ruhen der Konzession der Pächterin Alexandra Lübeck wurden vom Rechtsamt nun plötzlich weitere Rechtsmittel als nicht erfolgversprechend eingeschätzt.“

Hamburg-Nord: Vereinsvorsitzende kritisiert zögerliches Verhalten des Rechtsamts

Nach einem vom Kommunalverein beauftragten Gutachten der Verwaltungsrechts-Kanzlei Baumann Rechtsanwälte aus Würzburg, habe das Rechtsamt umgesteuert und zunächst den juristisch angeratenen Weg verfolgt, um eine rechtssichere Erlaubnis auch für die Nutzung der Terrasse zu erreichen. „Die Erlaubnis stand in der vergangenen Woche bevor, als plötzlich das vorläufige Aus für jede gastronomische Nutzung vom Rechtsamt ausgesprochen wurde“, so Zeising.

Hintergrund seien die seit Monaten laufenden parteipolitischen Bestrebungen von SPD, CDU und FDP, durch eine Koalition Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz abzuwählen und durch einen SPD-Amtsleiter zu ersetzen, sagt die Vereinsvorsitzende. Zeising fügt hinzu: „Das zögerliche Verhalten des Rechtsamts erklärt sich, so vermuten wir, aus dem sich abzeichnenden Wechsel der Bezirksamtsleitung und der neuen Machtverhältnisse in der Bezirksversammlung. Die Leidtragenden sind die Bürger von Groß Borstel!“

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Stavenhagenhaus: Wunsch aus Nachbarschaft wurde durch Klage gestoppt

Zum aktuellen Pachtvertrag und den Verhandlungen mit Alexandra Lübeck nahm der Bezirk auf Abendblatt-Anfrage keine Stellung. Werner-Boelz sagte lediglich: „In einem jahrelangen, breiten Beteiligungsprozess wurde die Öffnung des Stavenhagenhauses als Schlüsselprojekt im Rahmen des RISE-Prozesses von der Bevölkerung Groß Borstels identifiziert. Die vom Bezirksamt angestrebte Umsetzung dieses zentralen Wunsches aus dem Stadtteil wurde durch eine Nachbarschaftsklage vorerst gestoppt. Die Vergleichsbemühungen wurden von den Klägerinnen und Klägern für gescheitert erklärt.“

Nun gelte es verschiedene Wege zu prüfen, wie die nach wie vor angestrebte Zielsetzung der Öffnung des Hauses umgesetzt werden könne. „Dabei geht es auch darum, die derzeit missliche Situation, dass Diele und Gartensaal nicht genutzt werden können sowie eine Selbstversorgung inklusive mitgebrachten Gläsern u. Ä., zeitnah beendet werden kann“, so der Bezirksamtsleiter.