Hamburg/Hermannsburg. UKE-Pflegerin Antje Prütz tauscht ihre Stadtwohnung regelmäßig gegen ihr Tipi. In Kursen bringt sie anderen das Leben draußen bei.
- UKE-Mitarbeiterin Antje Prütz pendelt zwischen ihrer Stadtwohnung in Hoheluft-Ost und ihrem Zelt in der Lüneburger Heide
- In Outdoor-Kursen bringt die Hamburgerin Menschen bei, wie man etwa gut in Hängematten schläft
- Sie ist ein Stadtkind und ein Naturmensch und pendelt zwischen beiden Welten
Einen Teil ihres Lebens verbringt sie in einem Zelt in der südlichen Lüneburger Heide, den anderen Teil arbeitet sie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und wohnt in Hoheluft-Ost. Die Hamburgerin Antje Prütz ist Natur- und Stadtmensch gleichermaßen – und sie bringt anderen Menschen bei, wie es sich am besten in Hängematten schlafen lässt, wie man Outdoor-Nahrung herstellt und kleine Mikroabenteuer meistert.
An ihre erste Nacht in einer Hängematte – mit Blick auf die Ostsee – erinnert sich die 49-Jährige noch genau. „Es war schönstes Mai-Wetter, und ich bin in der Nacht vor Aufregung alle 20 Minuten aufgewacht“, sagt sie und lacht. „Diese Nacht war superschön.“ Sie hörte Käuzchen rufen, Rehe bellen (ja, sie bellen tatsächlich) und wurde morgens früh vom Vogelgezwitscher wach. In ihrem Biwak mitten in der Natur, nicht auf einem Campingplatz. „Diese Naturgeräusche vergisst du ja völlig als Stadtmensch.“
UKE-Mitarbeiterin aus Hamburg: Mit einer Hängematte fing ihr Outdoorleben an
Damals war Corona-Lockdown. Und genau wie viele andere Menschen suchte Antje Prütz Ablenkung und Erholung bei Spaziergängen in der Natur. Weil ihr die Tageswanderungen entlang des Heidschnuckenwegs durch die Lüneburger Heide nicht mehr reichten, ging es im Mai 2021 auf eine fünftägige Tour von Travemünde nach Wismar – mit Hängematten-Übernachtung.
Das war der Anfang ihres „Draußen-Lebens“. „Draußen ist meins“, sagt die gebürtige Brandenburgerin. In ihrem Leben als Stadtmensch arbeitet die gelernte Pflegerin, die außerdem Gesundheitsvorsorge studiert hat, am UKE und rekrutiert – wie an vielen Kliniken in Hamburg üblich – Pflegekräfte aus dem Ausland. Mit ihrer 24-jährigen Tochter teilt sie sich eine Wohnung. Ihr Motto: Bloß nichts aufschieben, morgen kann alles vorbei sein. Wie schnell das Leben vorbei sein kann, hat sie in der Klinik häufig genug erlebt.
Und Antje Prütz geht ihre Träume an: In ihrem „Draußen-Leben“ überquert sie die Alpen, wandert durch Grönland und bietet Outdoor-Workshops. Sie geht etwa mit abenteuerlustigen Mitmenschen hinaus in die Natur und gibt Tipps, wie es sich am besten in einer Hängematte übernachten lässt.
Hängematten-Übernachtung – Hamburgerin gibt Tipps:
- Zwei Bäume suchen, die mindestens viereinhalb Schritte Entfernung haben.
- Damit der Po in der Nacht nicht auskühlt (Rücken und Gesäß neigen beim Schlafen in der Hängematte dazu), die Hängematte mit einem Underquilt, einer zweiten Schicht, isolieren.
- Ein kleines Kopfkissen für den Nacken dabeihaben.
- Und das Wichtigste, damit man beim Schlafen nicht durchhängt wie eine Banane: diagonal in die möglichst breite Hängematte legen. Die Hängematte von Antje Prütz, die es gern bequem mag, ist 2,30 Meter breit.
Nun schläft Antje Prütz zwar gern in Hängematten, aber nicht ständig. Für ihr Draußen-Leben hat sie sich ein Tipi angeschafft und pendelt seit April zwischen der Südheide und Hoheluft-Ost. Denn dort in der Heide hat sie auf dem Naturcampingplatz Wildwood Camping (Landkreis Celle) von April bis Ende Oktober ihr zweites Zuhause.
„Ich hab mich nach einem Ort gesehnt, an dem ich nicht nur Gast bin“
Auf Instagram lässt sie alle Interessierten unter ihrem Namen grossartig_antje an ihrem außergewöhnlichen Lebensentwurf teilhaben. Das ist schöner Wohnen in der Natur. Ganz instagrammable hat sie es sich dort eingerichtet. Ihr Zelt hat sie mit einer Lichterkette geschmückt, vor dem Tipi liegen Outdoor-Teppiche, drinnen hat sie sich eine Küche und ein Holzpaletten-Bett gebaut. Sie hat dort alles, war sie für ihr Leben braucht. Reduziert, einfach.
„Das ist ein Ort, der nur mir gehört“, sagt sie beim gemeinsamen Kaffee in einem Café an der Hegestraße. In ihrem Tipi ist sie nur Antje, ein unbeschriebenes Blatt, keine Mutter, keine Nachbarin, keine Kollegin. „Ich hab mich nach einem Ort gesehnt, an den ich zurückkehren kann. An dem ich nicht nur zu Gast bin. Wie in der freien Natur mit der Hängematte.“
Ihr kleines Himmelreich nennt sie diesen Ort. Ein Paradies am Waldrand. „Ich habe mich sofort verliebt“, sagt sie. Aber auch im Paradies scheint nicht immer die Sonne. Das Gewitter vor einigen Tagen, das war heftig. „Ich hatte Angst, habe mich auf den Fußboden gesetzt und die Beine an mich gezogen.“ Das WLAN funktionierte zum Glück auch bei dem Unwetter – und so konnte sie schnell im Internet recherchieren, wie sie sich bei Gewitter im Zelt am besten verhält.
Hamburgerin liebt ihre zwei Leben – in der Stadt und in der Natur
„Wasser drang unter den Zeltboden, das fühlte sich an wie in einem Wasserbett“, erzählt sie. Also alle Sachen aufs Bett, Strom aus der Steckdose ziehen und ausharren. Der Weg zu den Waschräumen erschien ihr zu gefährlich. Und Antje Prütz hat wieder etwas gelernt: „Es war interessant, wie ich in dieser Situation reagiert habe: Ich bin ruhig geblieben.“ In jedem von uns, sagt sie, wohnen diverse Ängste. „Man muss sich mit ihnen auseinandersetzen. Seitdem ich das tue, gehe ich aufrechter und entspannter durchs Leben.“
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Die letzten Nächte in ihrem Zelt waren kalt, sie brauchte zwei Decken. Hört sich ungemütlich an? Nicht für eine Outdoor-Enthusiastin wie Antje Prütz. „Wenn der Regen aufs Zelt prasselt, ist das gemütlich.“ Sie liebt ihr Draußen-Zuhause bei Sonnenschein und Regen.
Weil sie Urlaub hat, fährt sie heute wieder in die Natur. In ihr zweites Leben. Natur und Stadt – beides ist ihr gleichermaßen wichtig. Sich für eines entscheiden? Unmöglich. „Ich liebe meinen Flat White im Café“, sagt sie und trinkt noch einen Schluck. In der Lüneburger Heide gibt es dann wieder Camping-Kaffee.
Antje Prütz bietet Übernachtungen in Hängematten rund um Hamburg und entlang der Ostseeküste an, Tageswanderungen im Billetal und auch ein Wander-Retreat auf La Gomera. Info: www.grossartig-antje.de