Hamburg. In Hamburg ist ein Projekt gestartet, bei dem junge Frauen teure Menstruationsprodukte kostenlos bekommen. Diese Schulen machen mit.
- SPD-Abgeordnete: „Es ist ein schambehaftetes Thema“
- Einige Schulen wurden bei dem Projekt nicht berücksichtigt
- Behördensprecher: Kondomautomaten „nicht notwendig“
Das Pilotprojekt für kostenlose Menstruationsprodukte ist bereits im Mai 2023 in der Hamburgischen Bürgerschaft beschlossen worden, in diesem Frühjahr wird es nun umgesetzt. An 21 Hamburger Schulen wurden beziehungsweise werden demnächst Automaten mit kostenlosen Binden und Tampons installiert.
Die Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete und Lehrerin Clarissa Herbst hatte zusammen mit einer Reihe von SPD-Fraktionskolleginnen und -kollegen sowie Grünen-Abgeordneten den Antrag für kostenlose Menstruationsprodukte an Schulen initiiert. In einem Pilotprojekt soll demnach getestet werden, in welcher Form Tampons und Binden an weiterführenden und berufsbildenden Schulen kostenlos zugänglich gemacht werden können – und das am besten in allen Hamburger Stadtteilen.
Hamburg: Kostenlose Menstruationsprodukte gibt es an 21 Schulen
„Es ist für mich ein Herzensthema“, sagt Clarissa Herbst, die den Antrag federführend ausgearbeitet hat. Sie ist Lehrerin am Coppernicus-Gymnasium in Norderstedt, wo es an Schulen bereits kostenlose Periodenprodukte gibt, und wünscht sich, dass Menstruation in der Öffentlichkeit enttabuisiert wird. „Es ist ein schambehaftetes Thema“, sagt sie. Auf ein Schreiben der Schulbehörde im Januar 2024 an die staatlichen Hamburger Stadtteilschulen, Gymnasien sowie berufsbildenden Schulen bekundeten insgesamt 59 Einrichtungen ihr Interesse und reichten Bewerbungsunterlagen ein, teilte Sprecher Peter Albrecht mit.
Einige dieser Schulen hätten einen Sozialindex von 5 oder 6 gehabt. Das heißt: Sie befinden sich in Stadtteilen mit weniger sozioökonomischen Problemen. „Diese Bewerbungen wurden nicht berücksichtigt, da am Pilotprojekt ausschließlich Schulen mit Sozialindex 1 bis 4 teilnehmen“, so der Behördensprecher.
Auswahlverfahren der Hamburger Behörde berücksichtigt mehrere Kriterien
Nach einem Auswahlverfahren, in dem Kriterien wie beispielsweise Schulform, Beteiligung der Schülerinnen und Schüler wie auch der Sozialindex Beachtung fanden, seien in jedem der sieben Bezirke drei Schulen ausgewählt worden. Wenn auf Basis der Bewerbungen möglich, sei eine Schule pro Schulform zum Zug gekommen, so Albrecht.
Die Hygieneartikel für die Automaten werden laut Albrecht künftig einmal pro Monat an die teilnehmenden Schulen geliefert. „An fast allen Schulen sind die Spender mittlerweile in Betrieb. In Einzelfällen kam es allerdings zu Verzögerungen“, sagt Albrecht.
Diese Hamburger Schulen nehmen teil:
- Friedrich-Ebert-Gymnasium
- Lessing-Stadtteilschule
- Elisabeth-Lange-Schule
- Geschwister-Scholl-Stadtteilschule
- Goethe-Gymnasium
- Stadtteilschule Lurup
- Margaretha-Rothe-Gymnasium
- Ilse-Löwenstein-Schule
- Staatliche Fachschule für Sozialpädagogik
- Stadtteilschule Eidelstedt
- Gymnasium Dörpsweg
- Berufliche Schule für Sozialpädagogik – Anna-Warburg-Schule
- Berufliche Schule für Medizinische Fachberufe
- Gymnasium Klosterschule
- Stadtteilschule Wilhelmsburg
- Berufliche Schule für Medien und Kommunikation
- Schule am See
- Gymnasium Marienthal
- Berufliche Schule Wirtschaft, Verkehrstechnik und Berufsvorbereitung
- Gymnasium Allermöhe
- Gretel-Bergmann-Schule
Bürgerschaftsabgeordnete spricht von finanzieller Belastung
Die Bürgerschaftsabgeordnete Clarissa Herbst zitiert aus einer Umfrage der Kinderrechtsorganisation Plan International Deutschland e. V.: „Dort heißt es, für ein Viertel der Mädchen und Frauen in Deutschland sei es finanziell schwierig, Binden und Tampons zu bezahlen und sie zögen den Wechsel hinaus, um Kosten zu sparen.“ Doch das sei gesundheitsschädlich.
Die Organisation hat eine Kampagne gestartet, in der sie kostenfreie Periodenprodukte in öffentlichen Einrichtungen fordert. Dafür lassen sich Politikerinnen mit einer überdimensional großen Binde fotografieren. So wie Clarissa Herbst und die Schülerin Felicia, die Mitglied im Jugendbeirat von Plan ist.
Die 17-Jährige, die im Hamburger Umland eine 11. Klasse besucht, bestätigt: „Für viele stellt die Menstruation eine finanzielle Belastung dar.“ Ein weiterer Punkt: „Es ist auch sehr wichtig, dass man sich keine Gedanken mehr machen muss, ob man es unbemerkt mit den Menstruationsartikeln aufs Schulklo schafft“, sagt Felicia.
Kostenfreie Menstruationsprodukte an Schulen, aber keine für Verhütung
Ihr sei wichtig, dass Menstruation kein Tabuthema mehr sei. An ihrer Schule habe sich das seit der Einführung der kostenlosen Produkte schon verbessert, „aber da ist auch noch Luft nach oben“. Im Plan-Jugendbeirat sei Gesundheit ein wichtiges Thema, den Schwerpunkt auf das Thema Menstruation setze man, weil es viele Jüngere betreffe. „Es ist gesundheitlich schädigend, wenn man sich nicht ausreichend versorgen kann.“
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Auf die Frage, ob es auch kostenfreie Verhütungsprodukte in Schulen gibt, sagt Peter Albrecht: „Kondomautomaten halten wir nicht für notwendig. Zum Thema wird laut Bildungsplänen an den weiterführenden Schulen gearbeitet. Kondome sind in jedem Drogeriemarkt zu erwerben, das ist heutzutage kein Tabu mehr. Es haben aber Schulen wie das Corvey-Gymnasium im Rahmen der Kooperation mit ,Jugend gegen AIDS‘ Automaten aufgestellt.“