Hamburg. Dr. Stephan Bünz über regelmäßige Vorsorge, unnötige Ängste vor einer Vasektomie und die Wichtigkeit des männlichen Sexualhormons.
Der Gang zum Urologen ist oft schambesetzt und fällt gerade älteren Männern immer noch schwer, weiß Dr. Stephan Bünz. Er betreut seine Patienten in seiner Praxis auf der Uhlenhorst und operiert sie seit vielen Jahren auch selbst in der Facharztklinik Hamburg in Eppendorf.
Macht das Arztsein einen zu einem besseren Patienten? „Ein bisschen“, beantwortet Stephan Bünz diese Frage im Abendblatt-Podcast „Hamburger Klinikhelden“. „Weil ich ein großer Propagandist der Vorsorge bin und sie dann natürlich auch bei mir selbst machen lasse“. Einmal im Jahr geht der Urologe zur Früherkennung und erinnert auch seine Patienten schriftlich daran, wenn es wieder Zeit für einen Termin in der Praxis ist.
Urologe in Hamburg: Warum schon junge Männer sich untersuchen lassen sollten
In diesem Monat steht die Männergesundheit besonders im Fokus, seit vor 20 Jahren eine Gruppe junger Australier den sogenannten „Movember“ ins Leben gerufen hat, ein Wortspiel aus „Mo“ von „Moustache“, also Schnurrbart, und „vember“ aus „November“. Dabei lassen sich weltweit inzwischen Millionen Männer im November einen Schnurrbart wachsen, um mit ihrem veränderten Aussehen darüber ins Gespräch zu kommen, wie bedeutsam es ist, Krankheiten wie Prostata- und Hodenkrebs vorzubeugen.
Jüngere Männer unter 45 Jahren seien den Vorsorgeuntersuchungen gegenüber deutlich aufgeschlossener, erlebt Dr. Bünz: „Die jungen Männer gehen heute zum Arzt mit Gesundheitsfragen, die sie haben“, sagt er. Die Vorsorgemuffelei sei eher ein Problem der älteren Herren, befinde sich aber auch dort zum Glück auf dem Rückzug.
Hodenkrebs: Männer können einen Tumor selbst ertasten
Einen günstigen Systemwandel hin zur Vorsorge beobachtet der Facharzt, der schon seit mehr als 30 Jahren als niedergelassener Urologe praktiziert. Diese Entwicklung sollte schon in der Pubertät beginnen. Während Mädchen meist mit Einsetzen der Periode erstmalig zum Gynäkologen gehen und dann regelmäßig, zieht es Jungen in diesem Alter eher nicht zum Urologen: „Das ist wirklich ein Defizit, das wir ausgleichen sollten, sagt Stephan Bünz.
„Junge Männer zwischen 15 und 20 sollten einmal zum Urologen gehen, sich beraten, untersuchen und erklären lassen, wie man einen Hodentumor entdeckt.“ Dieser sei sehr einfach selbst zu ertasten. Wenn ein junger Mann wisse, wie das funktioniert, müsse er nur dann zum Urologen, wenn er eine Veränderung an seinen Hoden feststellt, dann aber in kurzer Frist.
Prostata: Jeder siebte Mann hat hier mit einem Krebsleiden zu tun
Der Grund: Bei Hodenkrebs „liegt ein genetischer Defekt vor, das heißt, schon im Mutterleib hat der kleine Junge die Anlage zu einem Hodenkrebs in sich, und irgendwann im Leben bricht dieser Hodenkrebs auch aus“, erklärt der Urologe. Dies passiere dann meist schon im jungen Alter zwischen 18 und 50 Jahren. Da der Patient auf diese angeborene Erkrankung durch eine gesunde Lebensweise keinen Einfluss nehmen kann, sei die Früherkennung so immens wichtig.
Das gilt auch für den Prostatakrebs: „Die Wahrscheinlichkeit, dass wir ein Prostatakarzinom kriegen, ist leider hoch. Jeder siebte Mann hat in seinem Leben mit diesem Krebsleiden zu tun, und es gibt keine Einflussgrößen durch Lebensweise oder Ernährung, wie wir es verhindern oder die Wahrscheinlichkeit reduzieren können“, sagt Dr. Bünz. Die positive Nachricht: Dieser Krebs ist gut behandel- und meistens sogar heilbar, wenn er frühzeitig erkannt wird.
Krankenhaus Hamburg: Rauchen ist einer der Hauptfaktoren für Blasenkrebs
Der Facharzt empfiehlt Männern ab 40 mit der Vorsorge zu beginnen: „Diese Altersgrenze ist sinnvoll, weil die Erkrankung Prostatakrebs frühestens in der Lebensmitte beginnt.“ Die jährliche Untersuchung beim Urologen ist ratsam, „denn nur dann können wir praktisch garantieren, dass wir ein Prostatakarzinom so rechtzeitig entdecken, dass wir den Patienten davon heilen können“.
Auch Karzinome, also bösartige Tumore, an der Blase gehören in den Fachbereich der Urologie. Eine jährliche Ultraschalluntersuchung führt dazu, „dass wir auch Blasentumore sehr rechtzeitig entdecken können“, sagt Dr. Bünz. Auch hier seien dann die Heilungschancen sehr hoch.
Dem Blasenkrebs könne man im Übrigen sehr wohl vorbeugen, denn der Hauptfaktor, ihn zu bekommen, sei das Rauchen, vergleichbar mir der Entstehung von Lungenkrebs.
Urologe Bünz hat Praxis auf der Uhlenhorst und operiert in der Facharztklinik
Stephan Bünz bietet seinen oft langjährigen Patienten die Möglichkeit, auch in vertrauten Händen zu bleiben, sollten sie einmal eine OP brauchen. Er ist einer von mehr als 80 niedergelassenen Fachärzten verschiedenster Disziplinen, die ihre Patienten in der Facharztklinik in Eppendorf selbst operieren und auch nach dem Eingriff weiter betreuen.
„Ich mache die OP und die Visiten in der Klinik, die Nachsorge findet dann wieder in meiner Praxis statt. Das ist also wirklich eine Versorgung vom Anfang bis zum Ende dieser Operation“, so Dr. Bünz.
Nur wenige urologische Operationen bräuchten wirklich ein großes Krankenhaus mit Intensivstation, wie etwa ein Nierenkrebs oder die Entfernung der Prostata als gesamtes Organ bei Prostatakrebs.
Prostata: Auch nach der Entfernung können Männer Geschlechtsverkehr haben
Bezüglich einer Prostataentfernung nimmt Dr. Bünz eine häufige Furcht: „Männer können nicht nur ohne Prostata leben, sie können auch nach einer solchen OP weiterhin Geschlechtsverkehr haben.“ Die Prostata habe einzig die Aufgabe, Flüssigkeit zu produzieren, damit die Spermien schwimmen können. Insofern sei sie für die Zeugung notwendig, „aber für die eigentliche Sexualität ist sie nicht erforderlich“.
Viele ältere Patienten kommen mit Problemen beim Wasserlassen und nächtlichem Harndrang in die Praxis des Urologen. Die Diagnose ist dann oft eine gutartige Prostatavergrößerung. Mit dem Prostatakrebs habe diese nichts zu tun, auch hingen beide Krankheiten nicht voneinander ab: „Man muss also, weil das Wasserlassen nicht mehr so funktioniert, keine Angst haben, dass man etwa einen Prostatakrebs hätte“, beruhigt der Facharzt.
Hamburger Urologe: Ab dem 50. Lebensjahr ist Prostata häufig vergrößert
Rund zwölf Millionen Männer leben in Deutschland mit einer gutartigen Prostatavergrößerung. Zwischen dem 50. und 59. Lebensjahr ist die Prostata bei 20 bis 45 Prozent der Männer vergrößert, ab dem 70. Lebensjahr sogar bei 70 Prozent. „Wir stellen dann zum Beispiel fest, dass die Blase gar nicht mehr richtig leer wird, weil die Prostata wie eine Manschette um die Harnröhre sitzt und den Abfluss des Urins ver- oder behindert“, sagt Dr. Bünz.
Reicht eine Behandlung mit Medikamenten nicht mehr aus, sollte operiert werden.
Krankenhaus Hamburg: Männer müssen keine Angst vor Vasektomie haben
Einer der operativen Schwerpunkte von Stephan Bünz in der Facharztklinik ist die Vasektomie, die Sterilisation des Mannes. Für Männer beziehungsweise Paare, die keinen oder keinen Kinderwunsch mehr haben, ist sie die sicherste Art, eine Schwangerschaft zu vermeiden, und entbindet die Frau davon, sich um die Verhütung zu kümmern. Ein Schritt, der von immer mehr Männern unternommen werde, es könnten aber noch mehr sein, wünscht sich der Urologe.
Viele Männer befürchteten irrtümlich, ihre Sexualität könne darunter leiden: „Es ist in den Angstzentren des Mannes irgendwie drin, und solange die Männer dort nicht aufgeklärter sind, werden auch die Zahlen derer, die sich vasektomieren lassen, nicht viel größer werden“, vermutet Dr. Bünz.
Hamburger Urologe: Sexualität ist nach Vasektomie nicht gestört
Auch wenn die Sexualität nach dem Eingriff nicht gestört ist, sollte dieser reiflich überlegt sein: Bei einer Vasektomie werden die Samenleiter, also die Transportwege der Spermien, durchtrennt, weswegen der Mann dann zeugungsunfähig ist. Dem Facharzt ist es deshalb wichtig, im Vorfeld genau zu besprechen, wann die OP sinnvoll ist und wann nicht.
Bei sehr jungen Männern, die vielleicht noch nicht überblicken können, ob sie nicht später doch noch ein Kind haben möchten, rät Dr. Bünz ab, auch direkt nach der Geburt eines Babys empfiehlt er, lieber abzuwarten: „Vielleicht kommt ja noch in ein bis zwei Jahren ein Kinderwunsch.“
Testosteron: Eine halbe Million Männer in Deutschland hat zu wenig
Die Sterilisation des Mannes fällt in den Bereich der Andrologie, die die Fortpflanzungsfunktionen und deren Störung in verschiedenen Lebensphasen behandelt, das Pendant zur Gynäkologie. Bei Frauen sind hormonelle Probleme, unter anderem während der Wechseljahre, hinreichend bekannt und werden häufig medikamentös behandelt. So etwas gibt es beim Mann nicht, wohl aber eine Störung des wichtigsten männlichen Sexualhormons, dem Testosteron.
„Es gibt in Deutschland wahrscheinlich eine halbe Million Männer, die zu wenig Testosteron haben, und zwar ihr Leben lang“, sagt Stephan Bünz. Möglicherweise schon als 20- und 30-Jährige leiden sie, ohne es zu wissen, an Testosteronmangel. Die Folge kann sein, dass ihr Leben ganz anderes verläuft, als wenn der Hormonwert normal wäre.
Zu wenig Testosteron – mangelnde Libido, Mangel an Muskelmasse
Bemerkbar mache sich zu wenig Testosteron „in einer gewissen Weichheit, in mangelnder Libido, mangelndem Körpergefühl, Mangel an Muskelmasse“, klärt Dr. Bünz auf. Auch eine Zuckererkrankung könne sich leichter bilden. „Für uns ist es einfach ein entscheidendes Hormon im Körper, und es wird leider noch nicht darauf geachtet, ob wir Männer davon genug haben, dabei lässt sich das über eine Blutuntersuchung sehr einfach feststellen“, sagt der Facharzt.
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In seiner Praxis sei dieser Test Standard: „Nach meinem Ermessen gehört das zu jeder vernünftigen urologischen Vorsorge dazu.“ Stellt der Arzt einen tatsächlichen Mangel fest, werde dieser mit Hormonspritzen im Abstand von drei Monaten reguliert. „Die Männer fühlen sich mit ausgeglichenem Hormonspiegel wesentlich besser.“
Hamburger Urologe: 40 Prozent der Menschen im Wartezimmer sind Frauen
Im Wartezimmer von Stephan Bünz sitzen auch etwa 40 Prozent Frauen. Der Urologe ist nämlich kein reiner Männerarzt, sondern ebenfalls Ansprechpartner bei Nieren- und Blasenerkrankungen, die häufig auch Frauen betreffen. Harninkontinenz, das Problem des schlechten Wasserhaltens, sei beispielsweise ein klassisches Frauenproblem. Der Urologe arbeitet hier mit dem Gynäkologen zusammen. In der Facharztklinik Hamburg operiert der Mediziner bei Frauen etwa Blasentumore und seltene Krankheiten der Harnröhre.
In seine Praxis hat Dr. Bünz schon vor 20 Jahren eine weibliche Kollegin geholt. Frauen, die sich um Männergesundheit kümmern, sind – im Gegensatz zu vielen männlichen Frauenärzten – trotzdem eher selten zu finden. Dies werde sich bald ändern, beobachtet der Urologe. „Auf den Kongressen sind heute unzählige junge Urologinnen, was mich sehr erfreut. Der Nachwuchs wird weiblich.“
Urologe in Hamburg: Jährliche Vorsorge beim Mann zahlt Krankenkasse nicht
Als Patientin eine urologische Praxis aufsuchen müssen Frauen im Normalfall nicht regelmäßig, sie werden eher bei Auffälligkeiten vom Gynäkologen überwiesen. Für den Mann sollte die jährliche Früherkennung allerdings fest im Kalender stehen, auch wenn sie ihn Geld kostet, denn die Kasse zahlt sie leider nicht: „Das ist in Deutschland ein ganz großes Problem, dass die gesetzlichen Krankenkassen keine adäquate Vorsorge anbieten“, beklagt Dr. Bünz.
Je nach individuellen Faktoren des Patienten bietet der Facharzt Vorsorgeuntersuchungen an: „Die Kosten orientieren sich an der Gebührenordnung für Ärzte.“