Hamburg. Chefarzt Prof. Dr. Rink spricht über häufige urologische Probleme – und was man gegen Entleerungstörungen und Inkontinenz macht.
Wegen einer simplen Blasenentzündung geht selten jemand sofort ins Krankenhaus, aber das Feld der Urologie ist weit. Prof. Dr. Michael Rink, seit März Chefarzt der Urologischen Klinik am Marienkrankenhaus in Hamburg-Hohenfelde, kümmert sich um viele urologische Volkskrankheiten, mit denen Patienten zu ihm kommen.
In der Regel würden die Patienten von ihrem Hausarzt, Urologen oder nach einer Vorsorgeuntersuchung weiter in die Klinik überwiesen. Überdimensional häufig seien Harnwegsinfekte, aber auch Tumorerkrankungen der Grund, sagt Rink im Podcast „Hamburger Klinikhelden“.
Krankenhaus Hamburg: Prostatakarzinom ist der häufigste Krebs bei Männern
„Dazu zählt unter anderem das Prostata-Karzinom, die häufigste Tumorerkrankung des Mannes, oder bei beiden Geschlechtern das Blasenkarzinom, das nicht nur die Blase, sondern den gesamten Harntrakt im Bereich der Blase, der Harnleiter und Nieren betreffen kann, sowie Nierentumore“, sagt der gebürtige Dortmunder.
Aber auch gutartige Prostatavergrößerungen, eine klassische Volkskrankheit, und Steinleiden, insbesondere Nierensteine, seien in der Bevölkerung weit verbreitet. Dazu kämen entzündliche Erkrankungen verschiedener Organe, etwa die sogenannte Prostatitis, eine meist bakterielle Entzündung.
Chefarzt vom Marienkrankenhaus sagt: Prostata ist ein kompliziertes Organ
„So ein Keim befindet sich in einem Umfeld, wo er einen idealen Nährboden findet, mit einer Wohlfühltemperatur, in der er sich wunderbar vermehren kann.“ Die klassischen Beschwerden bei einem Infekt seien zu Beginn Brennen oder Schmerzen, manchmal sei auch Blut im Urin, und auch Fieber und Schüttelfrost könnten auftreten.
„Die Prostata ist leider ein etwas kompliziertes Organ, denn es handelt sich um eine Drüse, die ein bisschen fuchsbauartig ist“, sagt Prof. Dr. Rink. „Wenn diese Keime sich in diesen Drüsengängen absetzen und nicht vollumfänglich austherapiert werden, dann kann es zu wiederholten Schüben von Entzündung und einer gewissen Form von Chronifizierung kommen, und das möchte man vermeiden.“ Das könne man mit einer zielgerichteten antibiotischen Therapie behandeln, üblicherweise ambulant.
Prostatavergrößerungen sind eine Volkskrankheit
Denkbar sei auch eine Verkleinerungsoperation der Prostata. „Im Marienkrankenhaus bieten wir neben Laserverfahren, die mittlerweile State-of-the-Art sind, zusätzlich eine sogenannte bipolare Resektion an. Das ist der Nachfolger der klassischen Schlingenresektion“, sagt der Chefarzt, der in Münster studiert hat und seit 2006 in Hamburg lebt.
Die Prostatavergrößerung ist laut Rink ebenfalls eine klassische Volkskrankheit, die mit zunehmendem Lebensalter fast die Mehrheit aller Männer betreffe. „Man weiß, dass ab dem 40. bis 50. Lebensjahr die Prostata zu wachsen beginnt und damit einhergehend häufiger Beschwerden beim Mann auftreten können.“
Die Diagnostik übernehmen Urologen in der Praxis
Die Ursache dafür sei nicht vollumfänglich geklärt. Es handle sich um eine hormonell bedingte Veränderung im Bereich der Prostata, die dann mit einem entsprechenden Wachstum dieser Drüse einhergehe. Daraus folgten sogenannte Entleerungsstörungen. Das sollte man abklären lassen, rät der Urologe. Denn es gilt zu vermeiden, dass der Harn nicht mehr richtig abfließt und sich eventuell sogar bis in die Nieren zurückstaut.
Bei der Diagnostik – üblicherweise bei niedergelassenen Urologen – werden die Größe der Prostata untersucht, bestimmte Symptome abgefragt und der PSA-Wert festgestellt. „Das ist ein Prostata-spezifischer Blutwert, der gerne als Krebsmarker verwendet wird, aber eigentlich ein Prostata-spezifischer Marker ist“, sagt Rink, „Also etwas, das nur etwas über Veränderungen und Erkrankungen dieses Organs aussagt. Das alles schaut man zusammen an und kann anhand dessen entscheiden, welche Formen von Therapien für Patienten erforderlich sind.“
Der PSA-Wert muss von Urologen interpretiert werden
Ein Urologe könne den PSA-Wert relativ gut lesen und Aussagen treffen, ob es einen Verdacht auf Prostatakrebs oder andere Gründe gebe, warum der Wert verändert sei. „Es gibt wirklich eine sehr große Variationsmöglichkeit, warum dieser Wert verändert sein kann, und das gilt es dann eben zu klären und herauszufinden“, sagt der gebürtige Dortmunder.
Leider zeige Prostatakrebs keine klassischen Symptome. In fortgeschritteneren Tumorstadien könne es Schwellungen im Bereich der Lymphknoten geben oder Schmerzen im Bereich der Flanken. Rink sagt: „Die endgültige Diagnose ist immer der feingewebliche Beleg und Beweis. Das bedeutet, es muss eine Probenentnahme, eine sogenannte Prostatabiopsie, erfolgen.“
Prostata – manchmal werden Tumore auch nicht operiert
Von der Art des Tumors hängen seinen Angaben zufolge auch die Behandlungsmodalitäten ab: „Nicht für jeden Patienten ist aufgrund seiner Vor- oder Begleiterkrankungen oder aufgrund seines Alters zwingend jede Therapie ideal.“
Es gebe beispielsweise auch die Möglichkeiten für die sogenannte aktive Überwachung. „Das bedeutet ein aktives Beobachten der Erkrankung – und das ist eine absolut valide Therapieoption heutzutage“, versichert der Chefarzt.
Prostatakrebs: Für manche Betroffene ist der Druck zu hoch
„Wir vergeben uns nichts, wenn wir es erst mal beobachten und die Patienten nicht sofort unters Messer legen.“ Aber das sei nicht für jeden Mann denkbar: „Nicht jeder ist dafür gemacht, mit diesem Wissen leben zu wollen.“ Manche kämen mit dem psychologischen Druck nicht gut zurecht und bevorzugten dann doch eine aktive Therapie. „Sie möchten wissen, dass der Krebs behandelt und weg ist.“
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Sich die Prostata prophylaktisch entfernen zu lassen, um gar nicht erst Krebs zu bekommen, sei nicht üblich, sagt der Urologe. Denn sowohl für die Kontinenz als auch die Potenz sei sie eben relevant.
Krankenhaus Hamburg: „Mit Inkontinenz muss man nicht leben!“, sagt der Chefarzt
Auch das ist Prof. Rink wichtig: Mit Inkontinenz sollte sich niemand abfinden. „Inkontinenz betrifft Männer und Frauen ganz unterschiedlich.“ Bei Männern trete sie häufiger nach Operationen oder durch Erkrankungen auf, die zu einer sogenannten Überlaufinkontinenz führen. „Dann schafft es der Mann einfach nicht mehr, noch rechtzeitig aufs Klo zu kommen, oder die Blase lässt sich nicht mehr richtig entleeren, es schwappt sozusagen immer etwas über.“
Bei Frauen seien die Ursachen andere. Er empfehle auf jeden Fall, die Beschwerden abklären zu lassen, weil es eine große Bandbreite an therapeutischen Optionen gebe. „Niemand muss sich sein Leben lang damit quälen.“