Hamburg. Im Kampf um Fachkräfte müssen die Häuser neue Wege gehen. Michael Teich, Personalleiter bei Agaplesion, erklärt die Strategie.

Früher gab es das klassische Bewerbungsgespräch. Der Anwärter musste sich präsentieren, seine Motivation erklären, seine Stärken preisen und Schwächen als solche verkaufen – und im Anschluss bang auf eine Zusage hoffen. Heute spricht man auch noch von Bewerbungsgespräch, doch es hat sich grundlegend verändert.

„Eigentlich ist es heute ein Verkaufsgespräch, und zwar quasi ein Verkaufsgespräch von uns“, sagt Michael Teich. Er ist Personalleiter am Agaplesion Diakonieklinikum Hamburg in Eimsbüttel und an der Schwesterklinik, dem Agaplesion Bethesda Krankenhaus in Bergedorf. Auch – oder gerade – Krankenhäuser müssen auf der Suche nach Personal neue Wege gehen. Vor allem im Bereich der Pflege ist die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage bekanntlich groß. Was also können Kliniken tun, um sich potenziellen Mitarbeitern zu verkaufen?

Krankenhaus Hamburg: Am Agaplesion ist die Schwelle für einen ersten Kontakt sehr niedrig

„Bei uns ist schon die Schwelle für den Erstkontakt sehr niedrig“, sagt Michael Teich. Wer über die Internetseite komme, werde dort zunächst nur aufgefordert, Namen und Kontaktdaten zu hinterlegen, E-Mail-Adresse oder Telefonnummer reichen. Für ein erstes Gespräch müsse nicht einmal zwingend ein Lebenslauf vorliegen. Natürlich brauche man, je nach Berufsbild, die vorgeschriebenen Unterlagen und Zertifikate über Studium beziehungsweise Berufsabschlüsse, wie es gesetzlich auch vorgeschrieben ist. Doch das sei erst der zweite oder dritte Schritt.

Ganz am Anfang geht es ohnehin erst einmal darum, Menschen auf die eigenen Häuser aufmerksam zu machen. Und sich von anderen abzuheben. Dafür greifen Teich und seine Kollegen auf eine breite Palette von Maßnahmen zurück: „Das fängt an bei der einfachen Stellenanzeige, die heute immer noch dazugehört“, sagt Teich, auch wenn sich dieser Bereich vor allem ins Netz verlagert habe. Man sei auch weiterhin persönlich auf Veranstaltungen wie Messen präsent.

Krankenhäuser in Eimsbüttel und Bergedorf bieten viele Praktikumsplätze an

Doch viel laufe heute über die sozialen Medien, und zwar nicht in Form von schlichten Anzeigen, sondern mit Geschichten, die „dem Haus nach außen ein Gesicht geben, damit sich derjenige, der sich interessiert, schon ein Bild machen kann“, sagt Teich. „Was erwartet mich da vermutlich? Wie wird dort gearbeitet?“

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Und, ganz wichtig: Was sagen die aktuellen Mitarbeiter über das Krankenhaus? Sind sie zufrieden, gehen sie gerne zur Arbeit, fühlen sie sich gut behandelt? „Die Mitarbeiter-Bewertung – Employer Branding, wie es so schön neudeutsch heißt – ist sehr wichtig für uns, um in Zeiten des Wettbewerbs, in dem sich die Menschen ihren Arbeitsplatz quasi aussuchen können, ein gutes Bild abzugeben.“ Dazu gehöre auch, in beiden Kliniken in Eimsbüttel und Bergedorf sehr viele Praktikumsplätze und Hospitationen anzubieten, auch schon für Schüler.

Pflegekräfte aus dem Ausland werden für Krankenhäuser immer wichtiger

Einer der wichtigsten Bereiche, auf die man laut Personalleiter Teich in Zukunft wohl auch nicht mehr verzichten kann, ist das Rekrutieren von Personal aus dem Ausland. „Wir haben Kolleginnen und Kollege aus Südamerika, aus Asien, teilweise auch aus dem arabischen Raum eingestellt, die entweder in dem Land schon gelernt oder zumindest eine Grundausbildung hatten“, sagt Teich. In Deutschland durchliefen sie dann ein Anerkennungsverfahren, was direkt an der Klinik möglich sei, von der sie dann übernommen würden. Hier arbeite man eng mit Agenturen und der Stadt zusammen.

Auch hier könne man mit dem „Bild“ der Krankenhäuser werben. „Das Agaplesion in Eimsbüttel hat natürlich den Vorzug, dass es mitten in einer Gegend liegt, in der ganz viele Menschen in Hamburg wohnen wollen und dass es hervorragend angebunden und für viele sogar fußläufig zu erreichen ist“, sagt der gebürtige Hamburger Teich, der in Rissen lebt, über die Klinik mit rund 1200 Mitarbeitern. „Es ist ein sehr neues Krankenhaus, das Gebäude ist erst rund zwölf Jahre alt und damit sehr modern.“

Agaplesion-Kliniken: Im kirchlichen Tarifvertrag wird es eine Erhöhung um zehn Prozent geben

Das Bethesda in Bergedorf mit rund 1000 Mitarbeitern sei natürlich ebenso modern, aber eher ein traditionelles Haus, und durch die Lage am Stadtrand geprägt. Und natürlich spiele bei beiden Häusern auch der kirchlich-diakonische Hintergrund eine Rolle. Dieser Aspekt war auch für Michael Teich selbst nicht unerheblich.

„Ich habe den größeren Teil meines Berufslebens im Bereich Industrie und Dienstleistung verbracht, dann aber durch einen beruflichen Wechsel sehr viel mit Krankenhäusern, insbesondere mit der Personalabteilung, zu tun gehabt und festgestellt, dass das für mich ein persönlicher Mehrwert ist, im Gesundheitswesen zu arbeiten“, sagt der 59-Jährige. „Es gibt mir deutlich mehr Sinn an meiner Arbeit, und es gibt mir ein gutes Gefühl, für ein kirchliches Haus zu arbeiten.“

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Neben dem guten Gefühl sind aber natürlich auch die Fakten wichtig – unter anderem die Bezahlung. In den Agaplesion-Kliniken in Eimsbüttel und Bergedorf gilt der kirchliche Tarifvertrag – in dessen Rahmen es laut Teich im kommenden Jahr eine Tariferhöhung von zehn Prozent geben wird. „Solche Tariferhöhungen hat es wahrscheinlich noch nie gegeben“, sagt Teich.

Krankenhaus Hamburg: Mitarbeiter bekommen Vergünstigungen und können in Teilzeit arbeiten

Hinzu kämen freiwillige Leistungen, mit denen Bewerber angelockt werden sollen: Mitarbeiter können ein Job-Rad leasen, bekommen das 49-Euro-Ticket gefördert für 29 Euro, können Fitnessangebote und vergünstigte Einkaufsmöglichkeiten wahrnehmen. Und im Zuge einer guten Work-Life-Balance ist in den Krankenhäusern natürlich auch Teilzeit möglich. „Wir haben praktisch täglich Wünsche von Mitarbeitern auf dem Tisch, die ihre Arbeitszeit reduzieren möchten“, sagt Teich. In den meisten Fällen könne man dem zustimmen.

„Wir haben natürlich ein Interesse daran, dass die Mitarbeiter sich wohlfühlen und lange bleiben“, so der Personalleiter. „Wir können nicht immer auf alle Wünsche eingehen, aber es geht wirklich schon eine Menge. Das macht einen als Arbeitgeber attraktiv – gerade als Krankenhaus.“