Hamburg. Alkohol, Müll, Scherben – rund um die größte Einrichtung der Stadt ist die Situation angespannt. Wie die Sozialbehörde reagiert.
Seit der Inbetriebnahme der größten Flüchtlingsunterkunft der Stadt in der City Nord im April dieses Jahres ist es bislang sehr ruhig geblieben. Im ehemaligen Postbankgebäude am Überseering in Hamburg gibt es 1100 Plätze, die alle von Flüchtlingen aus der Ukraine belegt sind.
Doch nun haben sich Anwohner bei Bezirkspolitikern eindringlich beschwert und beklagt, dass der nahe gelegene Djakartaweg zunehmend vermüllt und sich dort vermehrt Betrunkene aufhalten.
Der Djakartaweg ist ein Fuß- und Radweg, der südlich der Bahngleise zwischen Hindenburgstraße und Sengelmannstraße verläuft. Es gibt an der Strecke mehrere Sitzbänke und Müllbehälter. Ein Abschnitt war im Zuge der U5-Baustelle gesperrt und soll demnächst wieder durchgängig nutzbar sein.
Flüchtlinge in der City Nord: Anwohner beschweren sich über Betrunkene
Das Müllproblem werde dadurch verschlimmert, dass die Müllbehälter vor einiger Zeit stark reduziert wurden, heißt es in der Eingabe beim Regionalausschuss Eppendorf-Winterhude. Darin ist auch die Rede von Flüchtlingen, die schon vormittags um 10 Uhr alkoholisiert seien und ihren Müll hinterließen.
Es gebe zerbrochene Wodkaflaschen, an denen sich Hunde schon verletzt hätten, und auch für Kinder bestehe ein Verletzungsrisiko. Belegt werden diese Müllsünden mit etlichen Fotos. An den Anblick von alkoholisierten Männern habe man sich „durch die Unterkünfte Alsterdorfer Markt, Tessenowweg etc. schon gewöhnt“, steht in der Eingabe weiter.
Bürger schreibt von Frauen mit Kinderwagen und Alkoholflasche in der Hand
„Dass jetzt aber auch Frauen mit Kinderwagen mit Wodka- oder Bierflasche in der Hand mittags im Djakartaweg anzutreffen sind, ist sehr verstörend“, schreibt ein Bürger, dem sich weitere angeschlossen haben. Abschließend heißt es an die Adresse der Bezirkspolitik: „Wenn Sie nicht wollen, dass die zunehmende Unzufriedenheit der hier wohnenden Nachbarschaft laut wird, sollten Sie hier rechtzeitig eingreifen.“
„Die Beschwerdelage ist uns bekannt. Fördern und Wohnen (F&W) steht dazu bereits in Kontakt mit Anwohnerinnen und Anwohnern, die Beschwerden und Sorgen geäußert haben. Um hierauf zu reagieren, wurden zusammen mit dem Deutschen Roten Kreuz (DRK), das die Unterkunft im Auftrag von F&W betreibt, bereits Maßnahmen ergriffen“, sagt Wolfgang Arnhold, Sprecher der Hamburger Sozialbehörde.
City Nord: Betreiber der Flüchtlingsunterkunft reinigt auch Umgebung
Beispielsweise habe das DRK den Radius, in dem es die Anlage der Unterkunft von Abfällen reinigt, auf die Umgebung ausgeweitet. „Weiterhin steht F&W in engem Austausch mit der Polizei im Hinblick auf den Umgang mit alkoholisierten Personen“, so Arnhold. Auf den Flächen für die allgemeine Nutzung gebe es in der Unterkunft ein Alkoholkonsumverbot.
Die Stadtreinigung bestätigt auf Abendblatt-Anfrage, dass am Djakartaweg im Zuge der Erweiterung der U5 im Dezember auf Bitten der Hochbahn zwei Papierkörbe abgebaut wurden. Allerdings habe es seit 2018 keine Hotline-Meldung mehr gegeben. Dort stünden insgesamt fünf Papierkörbe, die zweimal wöchentlich, nämlich montags und donnerstags geleert würden.
Kay Goetze, Sprecher der Stadtreinigung, kündigte an, man werde in dem Bereich zusätzlich drei Papierkörbe aufstellen, auch wenn man bei einer Kontrolle am Mittwoch keine Auffälligkeiten festgestellt habe.
Flüchtlingsunterkunft: Anwohner berichten von Lärm in der Nacht
Beim Abendblatt-Ortstermin klemmen in den bestehenden Müllbehältern frische Tüten, es liegt kein Abfall in den Eimern, aber auch nicht davor. Nur die eine oder andere leere Zigarettenpackung modert entlang der Strecke im Gras vor sich hin. Die feuchten Bänke liegen verlassen da – seit Tagen herrscht allerdings auch kein Wetter, der die Menschen ins Freie treibt.
Eine Bewohnerin der großen Mehrfamilienhäuser am Mohringbogen sagt, sie bekomme immer mal wieder mit, dass Menschen nachts am Djakartaweg lautstark feiern. „Es liegen auch oft Glasscherben herum. Das ist sehr ärgerlich für mich, wenn ich mit dem Fahrrad komme.“ Zur Situation tagsüber könne sie wenig sagen, da sie dann bei der Arbeit sei.
City Nord: Personal ist laut Behörde an sieben Tagen die Woche präsent
Die Sozialbehörde versichert, dass man sich um die Bewohner der Unterkunft kümmert. Seit dem Bezug des Standorts sei Personal an sieben Tagen pro Woche präsent. „Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter leisten Orientierungsberatung im Personalschlüssel 1:80 und organisieren ein friedliches Zusammenleben“, sagt der Behördensprecher. Die Mitarbeiter helfen beim Umgang mit Ämtern, Schulen, Kitas und vermitteln Kontakte zu Beratungs- und Hilfsstellen.
Bezirkliche Träger, Vereine und einzelne Ehrenamtliche sowie der Ukrainische Hilfsstab machten Angebote vor Ort. „Wenn Bewohner:innen sich oder andere gefährden oder auf dem Unterkunftsgelände die Ruhe stören, schreitet das Team selbstverständlich ein. Zusätzlich ist rund um die Uhr ein Sicherheitsdienst für die Sicherheit auf dem Gelände eingesetzt.“
City Nord: Polizei und Betreiber können Alkoholkonsum nicht verbieten
Das Team weise in einem ersten Schritt auf Hilfsangebote beispielsweise für Menschen mit Suchterkrankung hin. Bei weiterem Bedarf würden dann auch gezielt Beratungsangebote in die Einrichtung geholt. Feedback aus der Nachbarschaft werde umgehend aufgegriffen.
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Die Unterkunft sei aber keine Einrichtung, in der es „Betreuung“ im therapeutischen Sinn gebe. „Weder die Polizei noch der Betreiber der Unterkunft kann Menschen untersagen, Alkohol zu konsumieren“, sagt Arnhold.
Flüchtlinge Hamburg: In der City Nord ist Platz für 1560 Menschen
In den kommenden Monaten werde die Platzzahl am Überseering voraussichtlich erhöht, da es weiterhin dringenden Unterbringungsbedarf gebe. 1560 Plätze können auf dem Areal eingerichtet werden. Derzeit sind laut Arnhold am Überseering ausschließlich Schutzsuchende aus der Ukraine untergebracht.
„Der Großteil der Bewohnerinnen und Bewohner ist als Familie untergebracht, rund 300 Personen sind alleinreisend. Insgesamt sind rund 600 Bewohnerinnen und Bewohner weiblich und 500 männlich. Etwas mehr als 200 Personen sind minderjährig.“ Insgesamt leben in Hamburg 45.000 Menschen in öffentlich-rechtlicher Unterbringung