Hamburg. Rechtsstreit ist beendet. Doch Uwe Zimmermann kann Triumph nicht mehr genießen. Kurz vor dem Urteil ist der Kleingärtner gestorben.
Uwe Zimmermann war leidenschaftlicher Schrebergärtner – mit Händen, die zupacken konnten, und gemütlicher Statur. Seine Laube lag im Kleingartenverein 520 Westende in Tonndorf, dessen Vorsitzender er lange war. In dieser Funktion begann er im März 2020, quasi stellvertretend für alle Kleingartenvereine in Hamburg, einen Rechtsstreit gegen den Landesbund der Gartenfreunde (LGH).
In einem ersten Verfahren ging es um 624.000 Euro, die der Dachverband zwischen 2002 und 2011 für nicht erhobene öffentlich-rechtliche Leistungen wie Gehwegreinigung kassiert und für den Fall möglicher Nachforderungen der Stadt einbehalten hatte. Wie sich vor Gericht herausstelle, fehlte dafür die Rechtsgrundlage – Rückforderungsansprüche der Stadt waren zu diesem Zeitpunkt bereits verjährt.
Kleingarten Hamburg: Sieg für Schrebergärtner – Gericht weist Landesbund ab
Bei einer Abstimmung, was mit dem Geld passieren solle, stimmten die meisten Mitgliedsvereine einem Vorschlag des LGH-Vorstands zu, mit 324.000 Euro einen „Kleingarteninfrastrukturfonds“ einzurichten, der Vereinen zinslose Darlehen ermöglicht, und 300.000 Euro für eine nach 30 Jahren notwendige Sanierung der LGH-Geschäftsstelle an der Fuhlsbüttler Straße zu verwenden.
Doch es gibt noch einen zweiten Rechtsstreit. Dieser befasst sich mit den ab 2017 unberechtigterweise vom LGH erhobenen Beträgen, die Ende 2020 noch nicht verjährt waren. Diese hatte der Landesbund sechs klagenden Vereinen zunächst anstandslos zurückgezahlt – um sie dann rückwirkend in Form einer nachträglich erhobenen Umlage wieder einzufordern. Diese sei nicht rechtmäßig gewesen, urteilte das Gericht.
Kläger Uwe Zimmermann starb wenige Tage vor Gerichtsbeschluss
Um zu verhindern, dass die Urteile rechtskräftig werden und möglicherweise alle Kleingartenvereine ihr Geld zurückfordern können, legte LGH-Geschäftsführer Dirk Sielmann erst eine Berufung vor dem Amtsgericht Wandsbek ein – und als er damit scheiterte, eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe.
Vor Kurzem nun wies Deutschlands oberstes Gericht Sielmanns Beschwerde mit kurzer Begründung zurück: Es liege keiner der Gründe vor, die die Zulassung einer Revision rechtfertigten. Ein endgültiger Sieg der streitbaren Kleingärtner über den Dachverband – über den sich Schrebergärtner Uwe Zimmermann aber nicht mehr freuen konnte. Der 75-Jährige starb nach längerer Krankheit nur wenige Tage zuvor.
Hamburger Verein „SchreberRebellen“ unterstütze Klage der Kleingärtner
„Dass Uwe seinen endgültigen Sieg nicht mehr erleben durfte, ist sehr traurig. Bis zuletzt hat er sich immer wieder nach dem Stand erkundigt“, sagt Horst Gutknecht (81). Er hatte mit Zimmermann und anderen kritischen Kleingärtnern 2016 den Verein „SchreberRebellen“ gegründet, der gegen „Grünfraß“ und Nachverdichtung von Kleingartengebieten kämpfte und auch Zimmermanns Klage unterstützte.
Bis zuletzt habe er einen engen Kontakt zu Zimmermann gehabt, berichtet Gutknecht. „Als ich seiner Lebensgefährtin von dem Beschluss des Bundesgerichtshofs erzählt habe, sahen wir ihn beide vor uns, wie er sich da oben auf die Schenkel klopft vor Freude.“
Kleingarten Hamburg: Drohen Landesbund hohe Rückzahlungsforderungen?
„Jetzt können die klagenden sechs Vereine das Geld endgültig behalten, da die beschlossene nachträgliche Umlage unwirksam ist“, sagt der Eimsbüttler Rechtsanwalt Mike Mesecke, der Zimmermann vertreten hatte. Ob sich jetzt auch andere Kleingartenvereine, die zunächst keine Rückzahlung verlangt haben, meldeten und Ansprüche an den LGH stellen würden, bleibe abzuwarten.
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Bislang hatte der LGH „nur“ rund 8800 Euro an die sechs klagende Vereine um Uwe Zimmermann gezahlt. Im Fall des Kleingartenvereins Westende waren es sogar nur 643,70 Euro. Vor drei Jahren, bei der ersten Klageerhebung, hatte die Höhe der möglichen Rückforderungen noch mehr als 400.000 Euro betragen. Wegen Verjährung sei diese Summe nun auf knapp unter 100.000 Euro gesunken, so Sielmann.
„Ich gehe nicht davon aus, dass weitere Vereine Geld zurückfordern“, vermutet der LGH-Geschäftsführer. „Denn schließlich haben 2021 fast 96 Prozent der Mitgliedsvereine dafür gestimmt, dass die Summe von 624.000 Euro beim Landesbund bleibt.“